Mit ergaunertem Wohnmobil nach Schweden
Ein Kellner flieht vor Corona in den Norden, wo die Regeln lockerer sind
(hör) - Wäre Corona nicht gewesen, wäre er wohl nicht auf diese Idee gekommen, sagte der Angeklagte vor dem Kemptener Amtsgericht. Doch die Pandemie hielt im vergangenen Jahr auch das Allgäu in Atem. So erschlich sich der heute 48-jährige Kellner und Skilehrer unter Vortäuschung falscher Tatsachen ein nagelneues Wohnmobil, stattete es auf fremde Rechnung mit Kochutensilien und Bettwäsche aus und verschwand damit nach Schweden. Dort galten lockerere Corona-Regeln. Doch er wurde erwischt – und muss nun für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.
Um an das Wohnmobil zu kommen, erschlich sich der Angeklagte einen Kredit. Als Sicherheit legte er Lohnabrechnungen seiner Ex-Freundin vor. Diese hatte er erlangt, weil er sich auf ihren Namen eine E-MailAdresse angelegt und damit ihren Arbeitgeber angeschrieben hatte. Kurz vor Übergabe des Wohnmobils widerrief er den Kreditvertrag allerdings. Die Rechnung für den Camper über 135 000 Euro zahlte er bar mit 15 000 Euro an – und verschwand mit dem Fahrzeug. Unterwegs fügte er auf der Zahlungsbestätigung eine weitere Null an – falls er kontrolliert würde. Dass der – um 15 000 Euro niedrigere – Kaufpreis direkt danebenstand, schien ihm nicht hinderlich.
„Ich wollte niemandem schaden“, sagte der seit 1994 vielfach wegen Betrugs vorbestrafte Mann. „Wer sollte das Wohnmobil und all die anderen Sachen denn zahlen?“, entgegnete Richter Sebastian Kühn. Er habe von Schweden aus den Verkäufer kontaktieren und ihm eine monatliche Mietzahlung vorschlagen wollen, sagte der 48-Jährige. Allerdings habe er keine Arbeit gefunden.
„Warum haben Sie das dem Händler nicht von Anfang an gesagt?“, hakte der Richter nach. Den Zeitpunkt habe er verpasst, sagte der Angeklagte. Doch das ließ Richter Kühn nicht gelten: „Nein, Sie haben von Anfang an die Unterlagen Ihrer Ex-Freundin vorgelegt.“ Auch in einem weiteren Punkt begnügte sich der Richter nicht mit der Erklärung des Angeklagten. Vorgeworfen wurde diesem ein weiterer Betrug: Der 48-Jährige soll neben der Wohnmobilausstattung auch Kleidung auf fremde Rechnung gekauft haben.
Beides sollte seine ehemalige Chefin in der Gastronomie bezahlen. Doch die habe nichts davon gewusst, hatten die Ermittlungen ergeben. Bei der Wohnmobilausstattung räumte der Angeklagte das ein. Doch die Kleidung – Allgäuer Tracht – habe er im Auftrag seiner Chefin für die Arbeit gekauft. „So wie ein richtiger bayerischer Allgäu-Mann.“Allerdings stellte er sich unter falschem Namen vor, hatte die Verkäuferin der Polizei gesagt. „Also brauchen wir die Frau als Zeugin? Allen Ernstes?“, fragte Richter Kühn den Mann, der seit etwa drei Monaten in Untersuchungshaft sitzt.
Die weitere Verhandlung müsste dann vertagt werden – auf Oktober, sagte der Richter. Das schien dem Angeklagten nicht Recht zu sein. Nach einer kurzen Unterbrechung und Beratung mit seiner Rechtsanwältin erklärte diese: Der Sachverhalt werde so wie angeklagt bestätigt. Später erklärte der Angeklagte das so: Er wolle lediglich vermeiden, dass das Verfahren in die Länge gezogen wird. „Machen Sie draus, was Sie wollen.“
Im Ergebnis bedeutet das für ihn: Zwei Jahre und sechs Monate Haft wegen Betrugs in einem besonders schweren Fall, Fälschung beweiserheblicher Daten in einem besonders schweren Fall, einfachen Betrugs und Urkundenfälschung.
Die zahlreichen Vorstrafen – wegen Betrugs und etwa Diebstahls und Unterschlagung – sowie erfolglose Bewährungsstrafen sprachen gegen eine Aussetzung zur Bewährung. Etwa 14 500 Euro muss er als Wertersatz bezahlen.
Zugute kam ihm unter anderem, dass er freiwillig aus Schweden zurückkam und sich stellte.