Tettnanger Fliegerwirt hofft auf gutes Wetter
Wie sich Corona und das Wetter auf die Branche auswirken
- Das Flieger Open Air mit der Tettnanger Band Thin Mother ist für viele Besucher ein Befreiungsschlag gewesen. Das sieht zum einen Hardy Huber so, der Wirt des Musikcafés Flieger. Und auch Veranstaltungstechniker Stefan Grimm hat einige Dankes-SMS auf sein Handy bekommen. „Es war das erste Mal wieder das Gefühl eines normalen Livekonzerts“, sagt er – eben trotz aller Auflagen. Jetzt am Wochenende folgt das nächste: Die Musiker reisen teils aus dem Ausland an, unter ihnen sind so klangvolle Namen wie Phil Gates oder Peter Zoufal.
Der große Feind ist derzeit das Wetter. Einige Auftritte platzten bereits wegen Regen. Sollte es jetzt am Samstag schütten, sagt Huber, dann wird das Konzert auf Sonntag verlegt, allein schon wegen des großen Einzugsbereichs der Musiker. Favorit bleibt aber der Samstag, die Entscheidung soll spätestens am Freitag fallen. Das wäre alles gar nicht so schlimm, wenn nicht die ganze Misere mit Corona noch mit rein spielen würde. Denn für die Gastronomie, für Künstler und die Veranstaltungstechniker bedeutet das eins: Sie müssen das Geld für ein ganzes Jahr eigentlich in wenigen Monaten verdienen. Ist das Wetter schlecht, geht aber genau diese Rechnung nicht auf.
Bezogen auf die Branche der Veranstaltungstechnik nennt Grimm eine Zahl, die er neulich über einen Verband aufgeschnappt hat: Rund 70
Prozent der Betriebe stünden demnach vor dem Aus. Dass es so viele sein werden, bezweifelt er. „Aber auch 60 oder 50 Prozent wäre schrecklich“, sagt Grimm. Er selbst kommt einigermaßen klar. Auch in flauen Monaten hat er Kunden Vorschläge gemacht und Ideen präsentiert. Dass er am Ball geblieben ist, hat sich gelohnt. Im Juli konnte er mit seinen Festangestellten aus der Kurzarbeit raus. Er hofft, dass das im August und September so bleibt. Neue Geschäftsfelder, die er für sein Unternehme entwickelt hat, sind unter anderem Tonlösungen für verschiedene politische Gremien.
Pessimistisch wird er mit Blick auf den Oktober. Denn da will kein Veranstalter mehr groß planen, bei so vielen offenen Fragen: Kommt noch mal eine neue Variante? Welche Verordnungen gibt es? Wie hoch ist die Inzidenz? Das sehen auch viele Kunden so. Ob es Weihnachtsfeiern geben wird, kann noch niemand sagen. Und wenn der Betrieb dann wieder richtig losgehen soll, sagt Grimm, sei die Frage, wer das noch machen solle. Er selbst hat alle Stellen besetzt. Einen Schwund aber bemerkt auch er schon bei freien Mitarbeitern, da fehle durchaus der eine oder andere, der jetzt fest in die Industrie oder ins Handwerk gegangen sei. Insgesamt gibt es in der Branche Personalnot.
Hinzu komme, dass die Geschäftsfelder mancher Unternehmen, die beispielsweise auf Tagungen oder den Verleih von Material spezialisiert seien, derzeit nicht mehr funktionieren. Er kenne Schicksale, bei denen Unternehmer ihr Wohnhaus vermieten und in den Keller zu ihren Eltern ziehen würden, um einigermaßen durch die Krise zu kommen. Was überbleiben werde, sei das Material. Der Markt werde hiermit möglicherweise überflutet werden. Die Frage sei dann nur, wer das alles angesichts des fehlenden Personals noch bewegen und einrichten könne. Dass die Open Airs am Flieger möglich sind, sagt Huber, liegt auch an den zahlreichen Sponsoren, die Stadt ist in diesem Jahr als zusätzlicher Förderer mit eingestiegen. Das kompensiert einiges. Denn auf Null geht es erst ab etwa 200 Besuchern hinaus. Hinter all dem steckt einiges an Organisation. Das ist nicht nur die Technik von Grimm und die Bühne, dahinter steckt auch die ganze Aufbauarbeit mit Tischen und Stühlen und die Betreuung der Gäste am Abend. Eben weil das so ist, soll das Konzert am Wochenende am regenfreien Abend starten. Die Info gibt es auf seiner Homepage, aber auch in der „Schwäbischen Zeitung“.
Für viele Musikfans ist es wichtig, wieder Bands live spielen zu sehen und feiern zu können. Und für die Bands sei es auch wichtig, wieder vor einem Publikum zu stehen. „Die Leute haben das richtig aufgesaugt“, hat Grimm bei Thin Mother vom Mischpult aus wahrgenommen. Jetzt hoffen sie beide, dass das am Wochenende auch wieder so sein wird. Das musikalische Angebot ist mit mehr als einem Dutzend Künstler auf jeden Fall groß.