Lindauer Zeitung

Tettnanger Fliegerwir­t hofft auf gutes Wetter

Wie sich Corona und das Wetter auf die Branche auswirken

- Von Mark Hildebrand­t

- Das Flieger Open Air mit der Tettnanger Band Thin Mother ist für viele Besucher ein Befreiungs­schlag gewesen. Das sieht zum einen Hardy Huber so, der Wirt des Musikcafés Flieger. Und auch Veranstalt­ungstechni­ker Stefan Grimm hat einige Dankes-SMS auf sein Handy bekommen. „Es war das erste Mal wieder das Gefühl eines normalen Livekonzer­ts“, sagt er – eben trotz aller Auflagen. Jetzt am Wochenende folgt das nächste: Die Musiker reisen teils aus dem Ausland an, unter ihnen sind so klangvolle Namen wie Phil Gates oder Peter Zoufal.

Der große Feind ist derzeit das Wetter. Einige Auftritte platzten bereits wegen Regen. Sollte es jetzt am Samstag schütten, sagt Huber, dann wird das Konzert auf Sonntag verlegt, allein schon wegen des großen Einzugsber­eichs der Musiker. Favorit bleibt aber der Samstag, die Entscheidu­ng soll spätestens am Freitag fallen. Das wäre alles gar nicht so schlimm, wenn nicht die ganze Misere mit Corona noch mit rein spielen würde. Denn für die Gastronomi­e, für Künstler und die Veranstalt­ungstechni­ker bedeutet das eins: Sie müssen das Geld für ein ganzes Jahr eigentlich in wenigen Monaten verdienen. Ist das Wetter schlecht, geht aber genau diese Rechnung nicht auf.

Bezogen auf die Branche der Veranstalt­ungstechni­k nennt Grimm eine Zahl, die er neulich über einen Verband aufgeschna­ppt hat: Rund 70

Prozent der Betriebe stünden demnach vor dem Aus. Dass es so viele sein werden, bezweifelt er. „Aber auch 60 oder 50 Prozent wäre schrecklic­h“, sagt Grimm. Er selbst kommt einigermaß­en klar. Auch in flauen Monaten hat er Kunden Vorschläge gemacht und Ideen präsentier­t. Dass er am Ball geblieben ist, hat sich gelohnt. Im Juli konnte er mit seinen Festangest­ellten aus der Kurzarbeit raus. Er hofft, dass das im August und September so bleibt. Neue Geschäftsf­elder, die er für sein Unternehme entwickelt hat, sind unter anderem Tonlösunge­n für verschiede­ne politische Gremien.

Pessimisti­sch wird er mit Blick auf den Oktober. Denn da will kein Veranstalt­er mehr groß planen, bei so vielen offenen Fragen: Kommt noch mal eine neue Variante? Welche Verordnung­en gibt es? Wie hoch ist die Inzidenz? Das sehen auch viele Kunden so. Ob es Weihnachts­feiern geben wird, kann noch niemand sagen. Und wenn der Betrieb dann wieder richtig losgehen soll, sagt Grimm, sei die Frage, wer das noch machen solle. Er selbst hat alle Stellen besetzt. Einen Schwund aber bemerkt auch er schon bei freien Mitarbeite­rn, da fehle durchaus der eine oder andere, der jetzt fest in die Industrie oder ins Handwerk gegangen sei. Insgesamt gibt es in der Branche Personalno­t.

Hinzu komme, dass die Geschäftsf­elder mancher Unternehme­n, die beispielsw­eise auf Tagungen oder den Verleih von Material spezialisi­ert seien, derzeit nicht mehr funktionie­ren. Er kenne Schicksale, bei denen Unternehme­r ihr Wohnhaus vermieten und in den Keller zu ihren Eltern ziehen würden, um einigermaß­en durch die Krise zu kommen. Was überbleibe­n werde, sei das Material. Der Markt werde hiermit möglicherw­eise überflutet werden. Die Frage sei dann nur, wer das alles angesichts des fehlenden Personals noch bewegen und einrichten könne. Dass die Open Airs am Flieger möglich sind, sagt Huber, liegt auch an den zahlreiche­n Sponsoren, die Stadt ist in diesem Jahr als zusätzlich­er Förderer mit eingestieg­en. Das kompensier­t einiges. Denn auf Null geht es erst ab etwa 200 Besuchern hinaus. Hinter all dem steckt einiges an Organisati­on. Das ist nicht nur die Technik von Grimm und die Bühne, dahinter steckt auch die ganze Aufbauarbe­it mit Tischen und Stühlen und die Betreuung der Gäste am Abend. Eben weil das so ist, soll das Konzert am Wochenende am regenfreie­n Abend starten. Die Info gibt es auf seiner Homepage, aber auch in der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Für viele Musikfans ist es wichtig, wieder Bands live spielen zu sehen und feiern zu können. Und für die Bands sei es auch wichtig, wieder vor einem Publikum zu stehen. „Die Leute haben das richtig aufgesaugt“, hat Grimm bei Thin Mother vom Mischpult aus wahrgenomm­en. Jetzt hoffen sie beide, dass das am Wochenende auch wieder so sein wird. Das musikalisc­he Angebot ist mit mehr als einem Dutzend Künstler auf jeden Fall groß.

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