Mehr Frauen für die Feuerwehr lautet das Ziel
In Memmingen gibt es jetzt zum ersten Mal eine Zugführerin
- Mit Katrin Thiel gibt es bei der Memminger Feuerwehr nun erstmals eine Frau, die künftig die Position als Zugführerin übernimmt. Die Ausbildung hat die 33Jährige mit Auszeichnung absolviert. Ehe sie offiziell ernannt wird, hat die Memmingerin noch Zeit, ihr Wissen zu vertiefen und in der Praxis weitere Erfahrung zu sammeln. Danach koordiniert sie als Führerin eines Zugs im Ernstfall den Einsatz von mindestens zwei Fahrzeugen und von zwischen 20 und bis zu 80 Feuerwehrleuten.
In einer Führungsposition Verantwortung zu haben, ist für Thiel nichts Neues: So hat sie sich in der Vergangenheit als Ausbilderin engagiert,
Qualifikation: Voraussetzung dafür, die Position zu übernehmen, ist eine 14-tägige Ausbildung an der Feuerwehrschule mit Prüfung. Vermittelt werden Theorie – etwa zu Rechtsvorschriften – und Praxis. Um möglichst viel Erfahrung zu sammeln, müssen Teilnehmende verschiedenartige Einsatzsituationen planen und abarbeiten.
Aufgaben: Während Gruppenführer und -führerinnen die Verantwortung für ein Fahrzeug und eine Truppe seit Januar 2017 hatte sie als Stadtjugendwartin die Belange des Nachwuchses sämtlicher Memminger Wehren im Blick. „Das macht mir einfach Spaß“, sagt die 33-Jährige, die Lust hatte, „den nächsten Schritt zu gehen“. Dass sie im Lehrgang an der Feuerwehrschule die einzige Frau unter coronabedingt nur zwölf Teilnehmenden war, machte den anderen so wenig aus wie ihr selbst: „Ich bin da voll und ganz aufgenommen worden. Und ich denke, ich hab’ mich ganz gut ins Team eingefügt“, sagt sie und lacht.
Für Thiel wie auch Bettina Schraut, Ausbilderin für die Jugendfeuerwehr und Frauenbeauftragte der Stadtfeuerwehr, ist es ganz selbstverständlich, als Frau dazu zu gehören. „Wir haben das FeuerwehrGen von etwa acht Aktiven haben, liegt die Zuständigkeit von Zugführer oder Zugführerin auf der nächsthöheren Stufe: Dabei müssen im Ernstfall zwei bis drei Fahrzeuge und mindestens 20, bei Großeinsätzen auch bis zu 80 Feuerwehrleute koordiniert und angeleitet werden. Zum Aufgabengebiet gehört es zu planen, wie viele Einsatzkräfte benötigt werden und welche Einsatzabschnitte gebildet werden: Hierbei wird festgelegt, wie Aufgaben
aber in die Wiege gelegt bekommen, weil unsere Väter auch dabei sind“, sagt Thiel. Im Mädchenalter machten sie und Schraut bei der Jugendfeuerwehr mit und auch später zeigte Thiel keine Scheu vor Bereichen, in denen Frauen in der Unterzahl sind: Sie absolvierte eine Ausbildung bei der Bundeswehr, später orientierte sie sich beruflich um und inzwischen führt sie als Kfz-Meisterin mit ihrem Mann einen Abschleppdienst.
Dass sie künftig nicht nur Zugführerin, sondern auch eine Vorreiterin bei der Memminger Feuerwehr ist, spielte für sie keine große Rolle. Ab und zu, erzählt sie, kam das Thema im Gespräch auf – verbunden mit positivem Feedback der Kameraden und Kameradinnen. Generell sind verteilung und Arbeitsschwerpunkte vor Ort aussehen. Jenseits der Einsätze umfasst die Position Personalverantwortung, die laut Stadtbrandrat Raphael Niggl etwa der eines Abteilungsleiters in einem Betrieb gleicht. So gelte es etwa, „Leute bei der Stange zu halten“, und für die Einsatzfähigkeit zu gewährleisten, dass Lkw-Führerscheine oder die Qualifikation als Atemschutzträger vorhanden sind. Die Gruppenführer arbeiten dem Zugführer zu. (ver)
Frauen in den Reihen der Feuerwehr jedoch nach wie vor alles andere als ein Massenphänomen. Zahlen kennt Stadtbrandrat Raphael Niggl: Von 327 000 Einsatzkräften in Bayern im Jahr 2020 waren 31 000 weiblich. Seit 2010 sei der Anteil von etwa sieben auf knapp zehn Prozent angewachsen. Ähnlich die Situation in Memmingen: Auf die ganze Stadt verteilt stellen Frauen etwa neun Prozent der Aktiven und unter den 50 Jugendlichen sind fünf Mädchen.
Zu den Ursachen für die Zurückhaltung der Frauen kann Niggl nur Vermutungen anstellen: zum Beispiel, dass die Feuerwehr – ähnlich wie technische Berufe – nach wie vor „sehr stark als Männerdomäne wahrgenommen wird“. In der Vergangenheit richteten sich seiner Beobachtung nach Werbung und Imagekampagnen „nur punktuell“ganz konkret an Frauen. In Memmingen soll das bald anders laufen: Damit künftig mehr Frauen dazustoßen, will die Feuerwehr sie ab Herbst mit „niederschwelliger Werbung“ansprechen.
Wie das aussieht? Davon zu sprechen, bedeutet für Niggl noch einen „Blick in die Glaskugel“. Vorstellen kann er sich aber Infostände und Veranstaltungen, bei denen sich die Feuerwehr in der Fußgängerzone zeigt. Denn Erfahrungen lehren: Die Nähe macht’s. „Wenn wir Übungen haben und zum Beispiel in der Innenstadt präsent sind, überwinden Interessierte eher die Hemmschwelle,
mal auf uns zuzugehen und uns anzusprechen“, erzählt Niggl.
Dies eröffnet die Möglichkeit, eine Barriere abzubauen, die Bettina Schraut anspricht: die typischen, aber einseitigen Bilder im Kopf. „Ich glaube, Frauen trauen sich nicht richtig ran, weil sie nicht wissen, was die Feuerwehr so macht: Wir löschen ja nicht nur Brände oder retten Katzen.“Als Türöffner könnte darum nach Meinung von Schraut und Niggl auch bessere Information über das Aufgabenspektrum wirken. Schraut nennt Bereiche wie Jugendbetreuung, psychosoziale Notfallseelsorge, Tätigkeiten in der Kleiderkammer oder als Schiedsrichterin. „Es gibt vieles um den Einsatzdienst herum, auch im Vereinsleben“, fügt Niggl an – Engagement also, bei dem man nicht alles stehen und liegen lassen muss, „wenn der Pieper loslegt“. Planbarkeit erwähnt auch Schraut als wichtigen Aspekt für Frauen, die angesichts alltäglicher Pflichten, Familie und Beruf daran zweifeln, das Ehrenamt bewältigen zu können.
Durch die Vielfalt der Aufgaben ist laut Niggl auch für jede Eignung etwas dabei: „Mehr physische Typen“für körperlich fordernde Tätigkeiten würden ebenso gebraucht wie Personen, die am Computer etwa die Eingabe von Dokumenten übernehmen. Fest steht laut Niggl und Schraut: Auf die Person und ihre individuellen Stärken kommt es an – nicht auf das Geschlecht.