Polizei warnt vor Schockanrufen in Lindau
Trotz Warnungen sind Täter immer wieder erfolgreich – Hintermänner sitzen oft im Ausland
- Es läuft immer nach einem ähnlich perfiden Schema ab: „Hier ist die Polizei, Ihr Enkel hat einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht und Sie müssen nun Kaution zahlen!“Nach diesem Prinzip funktionieren Schockanrufe. Mit einer schrecklichen Nachricht sollen besonders ältere Menschen erschreckt und dazu gebracht werden, hohe Geldsummen zu überweisen, oder an Abholer zu übergeben. Die Hintermänner kommen oft davon – und obwohl die Polizei oft davor warnt, haben sie immer wieder Erfolg.
Der Schockeffekt hat das Ziel, dass dem Angerufenen so viel Angst gemacht wird, dass er oder sie aus Angst um einen geliebten Menschen nicht mehr klar denken kann. „Denn natürlich gibt es in Deutschland überhaupt kein Kautionssystem, niemand wird einfach so ausgeliefert und auch Geldstrafen werden erst nach einer Anzeige eingefordert“, erklärt Bernd Vaupel von der Lindauer Polizei. Die Beamten warnen oft vor diesen Betrugsmaschen am Telefon, zu denen neben dem Schockanruf auch der sogenannte Enkeltrick und die falschen Polizisten zählen.
Beim Enkeltrick gibt sich der Anrufer als Enkel aus, um ans Geld zu kommen. Bei den falschen Polizisten wird oft behauptet, Einbrecher hätten das Haus der Angerufenen ausgespäht und man solle zur Sicherheit alle Wertsachen an vermeintliche Polizisten übergeben, damit die darauf aufpassen. „Es werden meistens gezielt ältere Menschen angerufen“, so Vaupel, „denn für diese ist die Aufregung nur schwer auszuhalten.“
Oft geraten diese aus Sorge um ihre Lieben in Panik und sind schneller bereit alles zu tun, was verlangt wird. Denn natürlich würde man alles für geliebte Menschen tun.
Erst am Dienstag wurde eine ältere Dame in Lindau von einem solchen Anrufer um viel Geld gebracht: Ihre vermeintliche Enkelin war am Telefon. Sie hätte einen Unfall mit einem ausländischen Staatsbürger gehabt und müsse nun Kaution zahlen, um nicht an dessen Land ausgeliefert zu werden.
Aus Angst um ihre Enkelin überwies die Frau den Betrügern die geforderte Summe. Erst als sie später mit ihrer echten Enkelin telefonierte, die natürlich nichts von einem Unfall wusste, kam der Betrug ans Licht. Doch da war das Geld, ein fünfstelliger Betrag, schon verschwunden. „Die Hintermänner sitzen meistens im Ausland“, sagt Vaupel, „oft in der Türkei.“An die heranzukommen, sei nahezu unmöglich.
Von dort stammt auch der Anruf, die Nummer werde unterdrückt, oder auf elektronischem Wege eine deutsche Nummer vorgegaukelt. „Es handelt sich dabei um organisierte Banden, die regelrechte Callcenter für solche Anrufe steuern“, berichtet Vaupel weiter. In Deutschland seien nur die „Läufer“unterwegs, also die Kleinkriminellen, die dann vor Ort klingeln und Wertsachen und Geld in Empfang nehmen wollen.
Doch auch diese zu schnappen, sei nicht immer einfach. Oft nur dann, wenn einer der Angerufenen schnell genug handelt und die Polizei rechtzeitig informiert. „In einem Fall ist ein sehr rüstiger Rentner zum Schein darauf eingegangen und hat dann die Polizei alarmiert“, erzählt Vaupel. „Da haben dann die Kollegen schon vor Ort gewartet, als die Betrüger zum Abkassieren an der Tür klingelten.“Die wurden dann natürlich festgenommen.
„Das Geld wiederzubekommen, ist oft sehr schwierig“, sagt Vaupel. Oft nur dann, wenn solche „Läufer“erwischt werden. Denn dann könne es sein, dass diese größere Mengen an Bargeld bei sich haben. Die Zuordnung der gefundenen Beträge zu solchen Taten sei natürlich schwierig, denn nicht alle Geschädigten melden sich bei der Polizei.
Manche trauen sich auch nicht zu offenbaren, dass ihnen so etwas passiert ist. Oder legen zwar auf, informieren die Polizei aber erst später. Da können die Beamten dann nur wenig tun. Allein im laufenden Jahr verzeichnet das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West bereits mehr als 170 Anrufe. Insgesamt entstand dabei ein Schaden in Höhe von mehr als 200 000 Euro.
Diese Telefonbetrugsmaschen kämen dabei oft in Wellen, sagt Bernd Vaupel. „Die probieren das immer wieder.“Aktuell seien es noch eher Einzelfälle. Zudem haben die häufigen Warnungen die Menschen für das Thema sensibilisiert. Aber dennoch: „Es kommt schon so alle ein bis zwei Wochen einmal vor, dass jemand auf diese Betrugsmaschen hereinfällt“, erzählt Vaupel. Das sei ein richtiges Dauerphänomen – denn auch wenn diese Betrüger häufig scheitern, machen sie oft große Beute, wenn jemand auf ihren Trick hereinfällt.
„Es kommt schon so alle ein bis zwei Wochen einmal vor, dass jemand auf diese Betrugsmaschen
hereinfällt.“
Bernd Vaupel