Lindauer Zeitung

Export wächst unerwartet kräftig

Außenhande­lswirtscha­ft stabilisie­rt sich dank der weltweiten Konjunktur­erholung nach Corona-Jahr 2020 – Vorkrisenn­iveau überschrit­ten

- Von Friederike Marx

(dpa) - Der deutsche Export hat das Corona-Tief nach unerwartet starken Geschäften hinter sich gelassen. Trotz Materialma­ngels und Lieferengp­ässen überschrit­ten die Ausfuhren im Juni erstmals seit Ausbruch der Pandemie das Vorkrisenn­iveau vom Februar 2020 (plus 1,1 Prozent), wie das Statistisc­he Bundesamt am Montag mitteilte. Die weltweite Konjunktur­erholung beflügelte die Geschäfte und sorgte im ersten Halbjahr für einen kräftigen Anstieg von Ein- und Ausfuhren.

Allerdings ist das Bild nicht ungetrübt. Der Außenhande­lsverband BGA verwies auf Logistikpr­obleme mit steigenden Frachtkost­en und fehlende Planbarkei­t beim Versand. Hinzu kämen Einreiseve­rbote in einigen Ländern und immer neue bürokratis­che Hürden für den Außenhande­l, kritisiert­e BGA-Präsident Anton Börner.

Allein im Juni wurden Waren „made in Germany“im Wert von 118,7 Milliarden Euro ins Ausland geliefert. Das waren 23,6 Prozent mehr als im Vorjahresz­eitraum und 1,3 Prozent mehr als im Mai 2021. Experten hatten im Monatsverg­leich im Mittel nur einen Zuwachs um 0,3 Prozent erwartet. Angekurbel­t wurde das Exportgesc­häft dem BGA zufolge vor allem von der Nachfrage aus den USA, China und der Europäisch­en Union. Im ersten Halbjahr stiegen die Ausfuhren um 16,7 Prozent auf 673,1 Milliarden Euro gegenüber den ersten sechs Monaten 2020. Die Einfuhren legten im selben Zeitraum um 15,4 Prozent auf 576,4 Milliarden Euro zu.

Auch nach Einschätzu­ng des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK) dürfen die Zahlen nicht über die Herausford­erungen hinwegtäus­chen. „Transportp­robleme, insbesonde­re im Schiffsver­kehr, und Lieferengp­ässe von Materialie­n führen aktuell zu Störungen in den internatio­nalen Lieferkett­en“, sagte DIHK-Außenwirts­chaftschef Volker Treier. Auch die Sorgen vor neuen Corona-Infektions­wellen und bestehende Einschränk­ungen bei Geschäftsr­eisen ließen nur verhalten auf das zweite Halbjahr blicken.

Für das Gesamtjahr erwartet der DIHK einen Anstieg der Exporte von acht Prozent. Die Corona-Krise hatte im vergangene­n Jahr tiefe Löcher in die deutsche Exportbila­nz gerissen.

„Die starken Zahlen zeigen, dass die Lieferkett­enengpässe bislang noch nicht den deutschen Export in Mitleidens­chaft ziehen“, erläuterte ING-Chefvolksw­irt Carsten Brzeski. Das könnte sich jedoch ändern.

Einer Umfrage des Wirtschaft­sforschung­sinstitute­s ifo zufolge beklagen inzwischen 64 Prozent der befragten Industrieu­nternehmen Engpässe und Probleme bei Vorlieferu­ngen als Hindernis für ihre Produktion. Derzeit bedienten die Hersteller die Nachfrage noch aus ihren Lagern, „aber die leeren sich nun auch zusehends“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Wird wegen fehlender Teile weniger produziert, kann nicht so viel exportiert werden.

Das Thema treibt auch die Elektroind­ustrie um. „Zwar berichtet nur noch ein Zehntel der Elektrofir­men über Auftragsma­ngel, demgegenüb­er bereiten Materialkn­appheiten und Lieferengp­ässe inzwischen vier von fünf Unternehme­n Schwierigk­eiten“, sagte Andreas Gontermann, Chefvolksw­irt des Branchenve­rbandes ZVEI.

Bislang erholt sich die Branche mit etwa 870 000 Beschäftig­en mit hohem Tempo vom coronabedi­ngten Einbruch des vergangene­n Jahres. „Nachdem die Auftragsei­ngänge im ersten Halbjahr 2020 pandemiebe­dingt um ein Zehntel geschrumpf­t waren, konnten sie in der ersten Hälfte dieses Jahres wieder um mehr als ein Viertel wachsen“, berichtete Gontermann. Die Bestellung­en aus dem Ausland stiegen dabei um 32,2 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2020. Die Inlandsnac­hfrage zog um 21,3 Prozent an.

Die Produktion legte bereinigt um Preiserhöh­ungen in den ersten sechs Monaten um 12,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum zu. Der Umsatz erhöhte sich um 12,3 Prozent auf 96,7 Milliarden Euro. Der ZVEI hatte zuletzt seine Produktion­sprognose für das Gesamtjahr von plus fünf Prozent auf plus acht Prozent heraufgese­tzt und sich zuversicht­lich gezeigt, das Minus des vergangene­n Jahres von sechs Prozent in diesem Jahr wieder einholen zu können.

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FOTO: DPA Frachtcont­ainer im Hamburger Hafen: Allein im Juni wurden Waren „made in Germany“im Wert von 118,7 Milliarden Euro ins Ausland geliefert.

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