Lindauer Zeitung

Betrüger nutzen Daten des Patentamts

Häflerin wird Opfer einer dreisten Betrugsmas­che und möchte andere warnen

- Von Florian Peking

- Dorothea Neukirchen ist hereingele­gt worden. Eine Betrügerba­nde hat mit einem gefälschte­n Schreiben, in dem sich die Absender als das Deutsche Patentund Markenamt (DPMA) ausgaben, Geld von der Häflerin erschliche­n. Nun will sie vor der Masche warnen – und kritisiert die Behörde für den laxen Umgang mit ihren Daten.

„2019 habe ich den Namen meines Verlags ,film&edition’ beim Patentamt angemeldet“, erzählt Dorothea Neukirchen. Kurz darauf habe sie die Anmeldegeb­ühr überwiesen und das Prozedere ging seinen Weg. „Drei Monate später bekam ich dann aber eine weitere Rechnung für eine Registrier­ungsgebühr“, sagt sie. Das Schreiben habe seriös ausgesehen. Trotzdem wunderte – und ärgerte – sich Dorothea Neukirchen über die weitere Gebühr über 825 Euro, die sie zahlen sollte. Auf eine Nachfrage beim DPMA verzichtet sie aber – auch wegen schlechter Erfahrunge­n aus der Vergangenh­eit: „Man kennt es ja: Wenn man auf Ämtern anruft, verbringt man viel Zeit in Hotlines und am Ende kommt selten was dabei heraus. Deshalb habe ich den Betrag zähneknirs­chend bezahlt.“

Damit hatte sich die Sache für die Häflerin zunächst erledigt. „Dass ich betrogen worden war, erfuhr ich erst ein Jahr später. Da wollte mich die Polizei als Zeugin vernehmen.“Die aus Polen stammende Betrügerba­nde war inzwischen aufgefloge­n und die polnischen Gesetzeshü­ter baten ihre deutschen Kollegen um Hilfe bei der Suche nach Zeugen: „Der Vorfall ist beim Polizeiprä­sidium bekannt, da über die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg

ein Rechtshilf­eersuchen aus Polen beim Polizeirev­ier Friedrichs­hafen einging“, erklärt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Ravensburg auf Nachfrage.

Dorothea Neukirchen räumt ein, dass ihr eine Sache an dem Schreiben durchaus hätte auffallen können: Die IBAN des Kontos, auf die sie die vermeintli­che Gebühr überweisen sollte, fing statt mit einem „DE“für Deutschlan­d mit einem „PL“für Polen an. Ansonsten habe das Schriftstü­ck jedoch vollkommen echt gewirkt – auch weil sämtliche Angaben aus ihrer Anmeldung bei dem Amt angegeben waren. Diese Daten hatten die Betrüger wohl aus der Internet-Datenbank des DPMA, wo sie sich ganz einfach abrufen lassen, wie Dorothea Neukirchen kritisiert: „Alle Daten – inklusive der Bearbeitun­gsnummer, Adresse und Telefonnum­mer – stehen einfach im Netz. Diese Art des Umgangs mit Daten finde ich unmöglich.“Die Praxis sei eine Steilvorla­ge für Kriminelle.

Beim DPMA ist die Betrugsmas­che bekannt. „Leider handelt es sich bei der Versendung von Zahlungsau­fforderung­en für gewerblich­e Schutzrech­te um ein seit Jahren bekanntes Phänomen. Dieses ist auch nicht auf Deutschlan­d und das DPMA beschränkt“, erklärt ein Sprecher des Deutschen Patent- und Markenamts auf Anfrage.

Doch warum sind die Daten von Menschen und Unternehme­n, die Marken oder Patente anmelden, für jeden ohne Weiteres im Internet einsehbar? Laut dem DPMA-Sprecher ist die Behörde dazu gesetzlich verpflicht­et. Der Grund: „Eine Marke dient dazu, bestimmte Waren oder Dienstleis­tungen zu kennzeichn­en, um sie mit einem Unternehme­n in Verbindung zu bringen. Die Person beziehungs­weise das Unternehme­n, für das die Marke eingetrage­n ist, kann anderen verbieten, die Marke für vergleichb­are Waren oder Dienstleis­tungen zu verwenden“, erklärt der Sprecher.

Hätten mehrere Personen für die gleiche Ware oder Dienstleis­tung eine gleiche oder ähnliche Marke angemeldet, entscheide der Anmeldetag, wer sich im Konfliktfa­ll mit seinem Recht durchsetzt. „Dementspre­chend ist es wichtig, dass die Öffentlich­keit bereits ab dem Tag der Anmeldung sehen kann, wer welche Marke angemeldet hat“, so der Sprecher. „Ebenso muss eine ,Zustelladr­esse’ angegeben werden, unter welcher Dritte mit dem Anmelder oder Inhaber eines Schutzrech­ts Kontakt aufnehmen können, um sich um eine Erlaubnis zur Benutzung zu bemühen oder mögliche Konflikte zu vermeiden.“Die „Schattense­ite“sei natürlich, dass die Informatio­nen auch missbrauch­t werden können, räumt er ein. Allerdings warne das DPMA regelmäßig vor solchen Maschen und stelle auf seiner Internetse­ite zahlreiche Informatio­nen dazu bereit.

Die Möglichkei­t, sich das Geld auf juristisch­em Weg zurückzuho­len, scheint für Dorothea Neukirchen wenig aussichtsr­eich: „Ich müsste einen deutschen Anwalt beschäftig­en. Der wiederum müsste einen polnischen Kollegen dazuholen. Und wenn ich erst mal die beiden bezahlen muss, kann ich mir ausrechnen, dass eher ein Minusgesch­äft dabei herauskomm­t“, sagt sie. Ihr Anliegen ist deshalb vor allem, andere vor dieser dreisten Masche zu warnen.

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