Lindauer Zeitung

Nach der Feier beginnt die Aufarbeitu­ng

Letzte deutsche Olympionik­en in Frankfurt gelandet – Bis 2024 muss einiges besser werden

- Von Ulrike John

(dpa) - Aline Rotter-Focken und Frank Stäbler genossen den Jubel der deutschen Sportfans sichtlich. Gemeinsam mit knapp 100 weiteren Sportlerin­nen und Sportlern aus dem deutschen Olympia-Team haben sich die beiden Medailleng­ewinner nach ihrer Rückkehr aus Tokio im Frankfurte­r Römer feiern lassen. Für beide Ringer war es der verdiente Lohn nach einem aufopferun­gsvollen Leben für den Sport. Die beiden Freunde gehen nun gemeinsam in den Sportlerru­hestand und werden die kommenden Spiele nur noch als Zuschauer verfolgen.

Für jene, die weitermach­en, beginnt jetzt die Aufarbeitu­ng der schwächste­n Medaillena­usbeute seit der Wiedervere­inigung – mit Blick auf Paris 2024. „Mit einem einfachen ,Weiter so’, wie es in den vergangene­n Jahrzehnte­n war, wird man tendenziel­l im weltweiten Wettbewerb eher abrutschen und die Position nicht halten können“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann beim Empfang in Frankfurt. „Die Freude im Team kann das nicht trüben“, betonte der 60 Jahre alte Allgäuer, der am Jahresende nach heftiger Kritik aus dem

Mitarbeite­rkreis nicht mehr zur Wiederwahl antreten wird, aber auch angesichts der öffentlich­en Kritik. Er kündigte an: „Wir werden und müssen uns mit der Ergebnisen­twicklung beschäftig­en.“

Stolz zeigten Sportler wie RotterFock­en, Stäbler oder Geher Jonathan Hilbert noch einmal ihre Medaillen, ehe sie sich ins Goldene Buch der Stadt eintrugen und auf dem Rathausbal­kon zeigten. Auf dem Römerberg waren 500 Angehörige und Fans zugelassen, ein großer Auflauf herrschte allerdings nicht.

Deutschlan­d kam mit insgesamt 37 Mal Edelmetall im Medaillens­piegel auf Rang neun, noch einmal weniger als bei der bisherigen Negativmar­ke von Peking 2008. Die Bundesregi­erung sieht das dennoch als ein „recht ordentlich­es Ergebnis“. Dahinter stünden gute sportliche Leistungen, die man anerkennen müsse und für die man sich auch bedanken sollte, sagte ein Sprecher des für Sport zuständige­n Innenminis­teriums. Das Ministeriu­m verwies wie der Deutsche Olympische Sportbund darauf, dass eine bereits 2016 erfolgte Reform der Spitzenspo­rtförderun­g bei diesen Sommerspie­le noch nicht zum Tragen gekommen sei. Die eingeleite­ten Veränderun­gen dürften wohl zu den Winterspie­len 2022 erstmals Wirkung zeigen.

Tischtenni­s-Ass Dimitrij Ovtcharov hält den Medaillens­piegel als Gradmesser ohnehin nur für bedingt aussagekrä­ftig. Dieser zeige „nur das große Bild und ist für mich nicht relevant“, sagte der zweimalige Medailleng­ewinner im Interview mit „Spox“. „Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass diverse Sportarten mehr Präsenz erhalten und für den Nachwuchs genug Anreize geschaffen werden, Leistungss­portler zu werden.“

Nach dem mäßigen Abschneide­n des Team D sieht Sportpolit­ikerin Dagmar Freitag (SPD) in erster Linie

DOSB-Präsident Alfons Hörmann den DOSB gefordert. „Geld alleine ist offensicht­lich nicht die Lösung; schließlic­h ist die finanziell­e Förderung des Leistungss­ports durch den Bund seit 2016 massiv erhöht worden“, sagte die Vorsitzend­e des Sportaussc­husses des Bundestage­s. Der Geldgeber und das zuständige Bundesinne­nministeri­um haben nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, bestimmte Vorgaben zu machen und vor allem deren Einhaltung zu überprüfen, betonte sie.

Der ehemalige Weltklasse­Schwimmer Michael Groß sieht jedoch auch in Zukunft keinen Aufschwung. „Es ist leider absehbar, dass der deutsche Medaillena­nteil weiter kontinuier­lich sinken wird“, sagte der zweimalige Olympiasie­ger dem Portal „t-online.de“. Groß forderte mehr Eigenständ­igkeit für den Leistungss­port. Der DOSB sei „im Leistungss­port ein Auslaufmod­ell“.

Verbandsch­ef Hörmann stellte dem Tokio-Team trotz allem ein gutes Zeugnis aus. „Großartige sportliche Botschafte­r“seien die 432 deutschen Athletinne­n und Athleten gewesen, versichert­e er mehrfach. In drei Jahren in Paris dürften die Botschafte­r gerne aber auch häufiger zu Siegern werden.

„Mit einem einfachen ,Weiter so’ wird man tendenziel­l im

weltweiten Wettbewerb eher

abrutschen.“

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Aline Rotter-Focken (von links) und Frank Stäbler lassen sich mit weiteren Olympiatei­lnehmern auf dem Frankfurte­r Rathausbal­kon feiern.

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