Nachteil Bundesliga
Deutsche Fußballclubs wirtschaften besonnen – Die Stars aber zieht es zum fragwürdigen Geld
(SID) - 316,5 Millionen Euro für Transfers sind in Pandemiezeiten eine Menge Geld. Doch auf einem verrückten Markt wirken die Ausgaben der Bundesliga-Clubs für 203 neue Profis geradezu bescheiden. Alleine 262,5 Millionen investierten Paris St. Germain, Manchester United und Manchester City – aber für gerade einmal drei (!) neue Stars.
Trotz massiver Einnahmeverluste ist der Spielerbasar im europäischen Fußball aus den Fugen geraten. Die deutschen Vereine wirtschaften besonnen, haben dadurch aber oft das Nachsehen. Selbst Branchenkrösus Bayern München kann mit einigen Topclubs, zu denen auch der FC Chelsea gehört, längst nicht mehr mithalten. „In England haben sie den Vorteil, dass sie diesen Fernsehvertrag haben. Hinzu kommen die Investoren, die von oben das Geld reinpumpen. Das ist für uns ein Riesennachteil“, klagte Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic erst am Sonntag im Sport1-„Doppelpass“.
Mit dem von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) vor Jahren installierten Financial Fair Play habe das alles „nichts zu tun“, sagte Salihamidzic und ergänzte ernüchtert: „Gegen manche finanziellen Kräfte ist im Moment nichts zu machen.“Man führe zwar Verhandlungen mit der Clubvereinigung ECA, aber die entscheidende Frage sei: „Wie hart greift die UEFA durch? Kann man Vereine ausschließen?“Die Antwort aktuell: nein.
Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte zuletzt bei Sky gefordert, dass sich die deutschen Clubs „ganz hart aufstellen müssen, wenn es daran geht, die Financial-Fair-Play-Regeln noch weiter aufzuweichen oder sie möglicherweise ganz außer Kraft zu setzen“. Dass es sich etwa bei PSG, das von Katar finanziert wird, um eine Wettbewerbsverzerrung handele, stehe außer Frage. Zumal sich Paris mit allen Mitteln ein „Dream Team“um Sergio Ramos, Neymar, Kylian Mbappé und wahrscheinlich auch noch Lionel Messi zusammenstellt (dass der nach seinem tränenreichen Abschied vom FC Barcelona unterschreibt, gilt längst als ausgemachte Sache, auch wenn er am Montag noch nicht in Paris eintraf). Für den früheren Dortmunder Achraf Hakimi zahlte PSG locker 60 Millionen Euro an Inter Mailand. Der Verteidiger soll auch beim FC Bayern auf der Liste gestanden haben. Keine Chance, zu teuer.
42,5 Millionen Euro gab der deutsche Rekordmeister, dessen Vereinsboss Oliver Kahn eine Gehaltsobergrenze fordert, für seinen Königstransfer Dayot Upamecano (RB Leipzig) aus, das war’s angesichts von 150 Millionen Euro Umsatzeinbußen aber auch schon. Dortmund investierte 30 Millionen in Donyell Malen von der PSV Eindhoven, nahm aber auch 85 Millionen für Jadon Sancho, der zu ManUnited wechselte, ein.
Am meisten Geld in der Bundesliga machte RB Leipzig für Transfers locker: 91,6 Millionen Euro, darunter 23 Millionen für Stürmer Andre Silva von Eintracht Frankfurt. Die Sachsen kamen aber auch auf 95 Millionen Euro Einnahmen, etwa durch den Verkauf von Upamecano und Ibrahima Konaté (40 Millionen/FC Liverpool).
Überhaupt erwirtschafteten die 18 Erstligisten ein Transferplus von 50,1 Millionen Euro. Im krassen Gegensatz
dazu: Die Premier League gab 760 Millionen Euro für 170 neue Spieler aus, das Transferminus belief sich auf 339,1 Millionen. Geld spielt keine Rolle: City holte Jungstar Jack Grealish für 117,5 (!) Millionen Euro von Aston Villa. Und Chelsea bot angeblich 175 Millionen für BVB-Torjäger Erling Haaland.
Doch selbst die italienische Serie A gab mehr aus als die Bundesliga (367,2), allerdings bei einem Minus von 66,2 Millionen. Die Bilanz der französischen Ligue 1: 285,4 Millionen Transferausgaben bei Mindereinnahmen von 54,8 Millionen.
Immer mehr ins Hintertreffen gerät dagegen die einstige europäische Vorzeigeliga aus Spanien (126,4 Millionen/minus 30,1 Millionen). Die Clubs der LaLiga, allen voran Real Madrid und Barcelona, plagen horrende Schulden.
Die goldenen Zeiten scheinen vorbei – auch in der Bundesliga: Noch vor Corona in der Saison 2019/20 gaben die Clubs die Rekordsumme von 948 Millionen Euro für neue Stars aus. Da lag das Minus aber auch bei fast 276 Millionen.