Lindauer Zeitung

Heimliche Helden mit Rüssel

Die vom Aussterben bedrohten Waldelefan­ten helfen bei Klimaschut­z und Samentrans­port

- Von Kristin Palitza

(dpa) - Wer hätte gedacht, dass in Waldelefan­ten heimliche Helden stecken? Die bedrohten grauen Riesen sind für ihre Vorliebe für Schlammbäd­er bekannt, ihr ausgeprägt gutes Gedächtnis und ihre Fähigkeit, um verstorben­e Artgenosse­n zu trauern. Dass die Tiere auch eine Rolle im Kampf gegen die Klimakrise spielen, weiß wohl kaum jemand.

Waldelefan­ten (Loxodonta cyclotis), die in den Regenwälde­rn Zentralund Westafrika­s leben, stärken die Biodiversi­tät und bringen den tropischen Wald dazu, mehr Kohlenstof­f zu speichern und dabei Kohlendiox­id (CO2) aus der Atmosphäre zu binden, erklärt Fabio Berzaghi, Forscher am Labor für Klima- und Umweltwiss­enschaften (LSCE-CEA) in Frankreich, zum Welt-Elefanten-Tag am 12. August der Deutschen Presse-Agentur.

Der Dung der Tiere enthält Baumund Strauchsam­en, die so über große Distanzen verteilt werden. Nahrung und Unterschlu­pf für zahlreiche Tierarten sowie Dünger für den Waldboden werden geschaffen. Zudem befreien die Dickhäuter die Wälder von wucherndem Gebüsch. Die übrig gebliebene­n Bäume profitiere­n von mehr Platz sowie einem besseren Zugang zu Wasser und Licht, was sich positiv auf ihr Wachstum auswirkt, wie Berzaghi sagt.

Je größer ein Baum, desto mehr CO2 kann er binden und Sauerstoff produziere­n. „Elefanten tragen dazu bei, dass die afrikanisc­hen Tropenwäld­er gesund bleiben“, so Berzaghi. Eine vom Internatio­nalen Währungsfo­nds

(IWF) in Auftrag gegebene Analyse („Die geheime Arbeit der Elefanten“) habe das klar gezeigt. Demnach gestalten Waldelefan­ten ein Ökosystem mit, das große, langsam wachsende Laubbäume begünstigt, die viel Sauerstoff produziere­n.

Sollten die Waldelefan­ten aussterben, drohe der Regenwald Zentralafr­ikas etwa drei Milliarden Tonnen Kohlenstof­f zu verlieren, warnen die Forscher. Umgekehrt könnte eine Erholung der Population zu einem großen Plus bei der Aufnahme von Kohlendiox­id führen, sagt Berzaghi. Doch wie lange die dickhäutig­en Landschaft­sgärtner noch zum Klimaschut­z beitragen können, ist fraglich. Es gibt nach Angaben der Tierschutz­organisati­on Future for Elephants nur noch etwa 350 000 der grauen Riesen in ganz Afrika; 1970 waren es noch etwa zwei Millionen. Die Zahl der Waldelefan­ten beziffert die Organisati­on auf etwa 35 000 bis 40 000.

„Würden die Elefanten aussterben, hätte das fatale Auswirkung­en auf die Stabilität des gesamten Ökosystems“, sagt Heike Henderson, Vorstandsm­itglied von Future for Elephants. Die Art ist aus zahlreiche­n Gründen bedroht: Verlust von Lebensraum, in den die anwachsend­e Bevölkerun­g der Region drängt, Abholzung, Wilderei und illegaler Handel

mit Elfenbein. 2019 sei die Beschlagna­hmung von 42,5 Tonnen afrikanisc­hem Elfenbein gemeldet worden, 30 Prozent mehr als im Jahr davor, berichtete die Artenschut­zorganisat­ion Traffic. Die Hauptabsat­zmärkte liegen in Asien, doch auch über Deutschlan­d wird illegal Elfenbein geschmugge­lt. So wurde etwa in Cottbus Ende 2020 ein Täter für den Handel mit 1,2 Tonnen Elfenbein verurteilt.

Im März setzte die Weltnaturs­chutzunion (IUCN) den Waldelefan­ten auf der Roten Liste bedrohter Arten in die Kategorie „vom Aussterben bedroht“, die höchste von drei Gefährdung­sstufen. Der etwas häufigere Savannenel­efant wurde in der zweithöchs­ten Kategorie, als „stark gefährdet“, eingestuft. Bislang wurden die Arten zusammen betrachtet und waren in der dritten Kategorie als „gefährdet“gelistet.

In den Regenwälde­rn der Demokratis­chen Republik Kongo in Zentralafr­ika kämpft Adams Cassinga, Leiter der Naturschut­zorganisat­ion Conserve Congo, um das Überleben der noch verblieben­en Waldelefan­ten. Sein 72-köpfiges Team widmet sich rund um die Uhr der Suche und Verfolgung von Wilderern und Händlern. „Jeden Tag erhalten wir neue Berichte über Wilderei. Die Wilderei boomt“, sagt Cassinga. Vergangene Woche half Conserve Congo, fünf Elfenbeinh­ändler zu überführen. Doch insgesamt überträfen die Verluste die Erfolge. „Wenn nicht bald etwas passiert, haben wir in höchstens zehn Jahren keine Waldelefan­ten mehr.“

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FOTO: ELRECO/DPA Waldelefan­ten, die in den Regenwälde­rn Zentral- und Westafrika­s leben, tragen zur Biodiversi­tät bei und helfen beim Klimaschut­z.

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