Toxikologisches Gutachten soll Säuglingstod klären
Ein neun Monate altes Mädchen aus dem Kreis Ravensburg hatte womöglich Kontakt mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel
- Nach dem Tod eines Säuglings ermittelt die Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen fahrlässiger Tötung. Es besteht der Verdacht, dass der Tod des knapp neun Monate alten Mädchens im Zusammenhang mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel steht, das in der Wohnung der Familie in EbersbachMusbach eingesetzt wurde. Das geht aus einer Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft hervor.
Seit Anfang 2020 legt die vierköpfige Familie in dem Gebäude der Gemeinde in der Altshauser Straße untergebracht. Wenige Wochen nach dem Einzug fielen der Mutter erstmals Kakerlaken auf, berichten Bekannte der Familie im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Dies und fehlende Busanbindungen auf dem Dorf ließen den Wunsch wachsen, in eine andere Gemeinde umziehen zu dürfen. Die Bemühungen blieben ohne Erfolg. Im November kam als drittes Kind Maria Anna zur Welt. Wenig später verließ der Vater die Familie, die Mutter blieb weiterhin mit den drei Kindern in Ebersbach wohnen. „Die Kakerlaken krochen überall herum, die Lebensmittel mussten immer sehr gut verpackt werden, um sie zu schützen“, heißt es aus dem Umfeld der Familie.
Aus Angst um ihre Kinder wandte die Mutter sich wegen der Schädlinge
an die Gemeinde. „Wir haben eine Fachfirma zur Schädlingsbekämpfung beauftragt. Die Fachfirma ist daraufhin mehrere Male vor Ort in der Wohnung tätig geworden. Zuletzt am 2. August“, teilt Bürgermeister
Roland Haug auf Anfrage mit. Bekannte der Familie berichten, dass beim jüngsten Einsatz eine schärfere Chemikalie verwendet worden sei als zuvor. Dennoch durften die Mutter und ihre drei Kinder noch am selben Tag zurück in die Wohnung. „Die Räume wurden gelüftet und die Mutter bekam den Hinweis, dass das Mittel Kopfschmerzen verursachen könne“, berichtet eine Bekannte der Familie. Am Tag drauf bemerkte die Mutter, dass ihre neunmonatige Tochter bewusstlos in ihrem Bett liegt. Da jeder Versuch, Maria Anna zu wecken, erfolglos blieb, alarmierte die Mutter die Rettungskräfte.
Laut Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei war der Säugling bei Einlieferung ins Krankenhaus am Dienstag vergangener Woche bereits in einem „komatösen Zustand“und ist am Abend des Donnerstags, 5. August, verstorben. „Da das Kind vor seinem Tod Symptome einer Intoxikation gezeigt hat, besteht derzeit der Verdacht, dass es einen Zusammenhang mit dem Einsatz eines Kammerjägers gibt und das Kind mit einem dabei eingesetzten Schädlingsbekämpfungsmittel in Berührung gekommen ist“, heißt es in der Mitteilung. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg hat ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt eingeleitet. Im Rahmen der vom Kriminalkommissariat Ravensburg durchgeführten Ermittlungen soll insbesondere geklärt werden, in welchem Umfang das neun Monate alte Mädchen mit der giftigen Substanz in Berührung gekommen ist und ob einzelnen Personen ein sorgfaltspflichtwidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem Tod des Kindes vorgeworfen werden kann. Eine Obduktion wurde bereits durchgeführt, wobei ein toxikologisches Gutachten, welches voraussichtlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird, noch aussteht. Vorerkrankungen des Säuglings sind nicht bekannt. Zudem wurden unter anderem die Räumlichkeiten des mit der Schädlingsbekämpfung beauftragten Unternehmens durchsucht.
Als Vorsichtsmaßnahme wurden auch die Mutter sowie ihre beiden Söhne – zwei und drei Jahre alt – noch mehrere Tage im Krankenhaus medizinisch betreut. Zwar ist die Wohnung in Ebersbach laut Staatsanwaltschaft mittlerweile wieder bewohnbar, aber seit Mittwoch ist die Familie nach SZ-Informationen in einer anderen Unterkunft in Bodnegg und möchte auch lieber dort bleiben.