Lindauer Zeitung

Torstuben schließen vorübergeh­end

Wirtin Ulrike Schühle sieht keine andere Möglichkei­t, bis ein neuer Koch gefunden wird

- Von Mark Hildebrand­t

- Dass sie das Restaurant der Torstuben vorübergeh­end schließen muss, ist für Ulrike Schühle eine Katastroph­e. Die TorstubenC­hefin ist Wirtin aus Leidenscha­ft. Aber ohne Koch, sagt sie auch, geht es eben nicht. Der Hotelbetri­eb indes läuft normal weiter. Und sobald es wieder Köche gibt, will sie so schnell wie möglich wieder öffnen.

„Dieser Schritt fällt uns nicht leicht, ist aber leider alternativ­los, wenn wir weiterhin für gute Qualität stehen wollen“, äußert sie. Das Problem des Fachkräfte­mangels sei weiterhin gravierend, heißt es weiter. Für die Mitarbeite­nden ändert sich dadurch erst mal nichts, wie Schühle im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erläutert: „Sie werden intern anderweiti­g eingesetzt.“Aber ein Weitermach­en auf Kosten der Gesundheit der Mitarbeite­nden in eine Überlastun­g hinein, das habe sie einfach abgelehnt, sagt Schühle.

Das Problem ist ein branchenwe­ites. Fritz Engelhardt, der Präsident des Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) in Baden-Württember­g, äußerte sich erst kürzlich dahingehen­d, dass es schon vor Corona einen erhebliche­n Fachkräfte­mangel gegeben hatte. Landesweit gab es im Rahmen der Pandemie dann aber zusätzlich die Tendenz, dass Mitarbeite­nde

in andere Branchen abwanderte­n und mit der zunehmende­n Öffnung der Gastronomi­e dann zusätzlich nicht mehr zur Verfügung standen. Fast 40 Prozent der Betriebe äußerten in einer Umfrage, dass Mitarbeite­r abgewander­t sind. Corona verschärft den Fachkräfte­mantel also.

Das äußert sich bei den Torstuben nun in der vorübergeh­enden Restaurant-Schließung. Das Problem ist indes ein spezielles. Ein Koch ist auf unbestimmt­e Zeit krankgesch­rieben. Sobald dieser wieder am Start ist, könne zumindest zeitlich reduziert wieder geöffnet werden. Eine dauerhafte Lösung ohne zweiten Hauptkoch sei das allerdings auch nicht, so Schühle. Heißt, es wird auf jeden Fall noch jemand für die zweite Stelle gesucht.

Zugespitzt hat sich die Situation laut Schilderun­g der Torstuben vor allem durch eine plötzliche Vakanz auf der anderen Stelle: Der zweite Koch habe sich zusammen mit seiner Lebensgefä­hrtin, die ebenfalls in der Küche gearbeitet habe, aus dem Staub gemacht. Das osteuropäi­sche Pärchen habe offenbar anderswo eine Anstellung gefunden und war dann wohl überrasche­nd fort. Als die beiden nicht zum Dienst antraten, war das Zimmer im Gästehaus leer, das die beiden zur Verfügung gestellt bekommen hatten. Die Unterkunft habe sie zur Verfügung gestellt, weil es in Tettnang sehr schwierig sei, etwas zu finden, äußert Schühle im Gespräch. An die beiden war sie über eine Empfehlung von Kollegen gekommen.

Doch offenbar scheint das derzeit ein wichtiger Weg zu sein, überhaupt Personal zu finden. Schühle freut sich, dass sie da von anderen Gastronome­n auch jetzt erneut großen Rückhalt erfährt: „Jetzt kamen wieder Kollegen auf mich zu, dass sie sich umhören werden. Es gibt einfach viele, die helfen wollen“, sagt sie. Und sie möchte auch ihr Team schützen. zwar sei es kurzfristi­g möglich, eine Vakanz zu überbrücke­n, aber es sei so eben nicht mehr zu kompensier­en gewesen.

Sollte sich die Situation nicht ändern, wäre es damit beim nächsten Tettnanger Platzkonze­rt Ende August so, dass erstmals in der Geschichte der Bereich direkt vor dem Torschloss nicht bewirtet werden würde. Auf die Frage, ob es auch ohne Koch an diesem Tag möglich sei, trotzdem aufzumache­n, äußert sich Schühle, dass dies wohl nicht passieren werde. Sie rechnet mit einem zu hohen Aufwand, zu erklären, warum es kein Essen gebe, sagt sie. Natürlich: Sollte die Küche bis dahin wieder besetzt sein, sei natürlich wieder geöffnet. Die Position ist schon seit Jahren ausgeschri­eben, qualifizie­rte Bewerbunge­n allerdings seien an einer Hand abzuzählen, heißt es seitens der Torstuben. Schühle macht zum einen ein Nachwuchsp­roblem fest, weil nicht mehr so viele junge Menschen diesen Berufszwei­g verfolgen. Aber es seien auch immer wieder Vorurteile im Spiel. Da sei zum einen die Kritik, dass nicht ausreichen­d gezahlt werde. Hierzu äußert Schühle, dass „eine Anstellung nicht an einer angemessen­en Entlohnung scheitern würde“. Jeder qualifizie­rte Koch sei zum Bewerbungs­gespräch eingeladen.

Die andere Kritik beziehe sich auf die Arbeitszei­ten. Die wenig familienfr­eundlichen Arbeitszei­ten sieht Schühle auch. Allerdings sei es eben auch so, dass die Leute eben gern abends und am Wochenende zum Essen gehen wollten und nicht zwischen 8 und 17 Uhr in der Woche. Der immer wieder zitierte Vergleich mit der Industrie hinke gewaltig, sagt sie: „Auch die Wirte selber hätten gerne einen geregelten Arbeitstag an fünf Werktagen.“Das aber sei leider unrealisti­sch.

Insgesamt ist Schühle stolz auf ihr Team: „Alle haben voll durchgehal­ten. Aber es darf eben nicht auf Kosten der Gesundheit gehen. Und wir möchten ja auch alle behalten.“Und sollte es jetzt doch noch eine glückliche Fügung geben und ganz schnell ein guter Bewerber anfangen – wer weiß, ob das Platzkonze­rt dann nicht doch wieder mit offenen Torstuben möglich ist. sagt Torstuben-Chefin

Ulrike Schühle

„Dieser Schritt fällt

uns nicht leicht“,

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FOTO: HIL Die Torstuben in Tettnang: Der Restaurant­betrieb ruht derzeit, weil ein Koch fehlt. Der Hotelbetri­eb läuft weiter.

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