Lindauer Zeitung

DHB-Kapitän Uwe Gensheimer tritt ab

Ein großer Titel bleibt ihm mit der deutschen Handball-Nationalma­nnschaft verwehrt

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(SID) - Seinen „Kindheitst­raum“lebte Uwe Gensheimer 16 Jahre lang, am Donnerstag hat Deutschlan­ds Handball-Kapitän nun einen Schlussstr­ich gezogen. Auf die Zeit mit dem „Adler auf der Brust“blicke er mit „Stolz und Dankbarkei­t“zurück, sagt der 34-Jährige. Die Beziehung zwischen Gensheimer und der Nationalma­nnschaft war oft keine einfache, aber immer eine besondere – und nicht nur sein langjährig­er Wegbegleit­er Bob Hanning sieht sogar eine gewisse Tragik.

„Uwe Gensheimer“, sagte der 53Jährige, „ist einer der ganz Großen unseres Sports.“Die Verdienste für den deutschen Handball seien „riesig, er ist einer der ganz wenigen deutschen Weltklasse-Handballer seiner Generation“. Es sei daher „ein Stück weit tragisch, dass ihm der ganz große Wurf mit der Nationalma­nnschaft verwehrt geblieben ist“.

Niemand erzielte mehr WM-Tore für Deutschlan­d, überhaupt ist Gensheimer der drittbeste Werfer der deutschen Handball-Geschichte, in 204 Länderspie­len gelangen ihm 921 Treffer. Einen großen Titel hat er mit der DHB-Auswahl aber nie gewonnen. Irgendwie bleibt sein Werk damit unvollende­t.

Dabei gab es zweifellos Höhepunkte. Schon in den Jugendteam­s des Deutschen Handballbu­ndes deutete sich an, dass sich da wohl jemand Besonderes entwickelt. Gensheimer wurde mit dem Nachwuchs Europameis­ter und Vize-Weltmeiste­r, dominierte diese Turniere. 2005 lief er erstmals für das A-Team auf, seit 2014 trug der Linksaußen die Kapitänsbi­nde. 2016 führte er Deutschlan­d in Rio zu Olympia-Bronze.

Doch es gab eben auch die schweren Phasen, in denen immenser Aufwand und Ertrag nicht zusammenpa­ssen wollten. So wie im kalten Januar 2017. Wenige Tage vor der WM

Nicht nur Uwe Gensheimer tritt zurück, auch Steffen Weinhold streift das DHB-Trikot ab, Abwehrchef Hendrik Pekeler legt mindestens eine „längere Pause“ein. Und Johannes Bitter steht nur noch in Notfällen bereit: Die deutschen Handballer erleben nach den enttäusche­nden Olympische­n Spielen einen großen Umbruch. Die Abschiede der Leistungst­räger fallen sportlich schwer ins Gewicht.

war sein Vater plötzlich verstorben, doch „er hätte nicht gewollt“, dass sein Sohn das Turnier verpasst, sagte Gensheimer damals. Also stand der

Weinhold (35) und auch KielKolleg­e Pekeler (30) sind die größten Stützen in Gislasons Team, Bitter überzeugte seit seiner Rückkehr ins DHB-Trikot zudem mit guten Leistungen. „Alle vier werden der Nationalma­nnschaft fehlen, aber das ist der Lauf der Dinge – auf ihren Positionen werden wir neue Spieler mit anderen Qualitäten sehen“, sagte DHB-Coach Gislason.

Kapitän trotzdem auf der Platte, pendelte zwischen der Heimat und den Spielorten in Frankreich, spielte teilweise überragend. Und am Ende stand für Deutschlan­d doch nur ein enttäusche­ndes Achtelfina­l-Aus.

Später erst begann sein Platz in der Nationalma­nnschaft zu wackeln. Misserfolg­e wurden an dem nun häufiger schwächeln­den Ausnahmesp­ieler festgemach­t, die öffentlich­e Kritik nahm zu. Bei der enttäusche­nden WM 2021 in Ägypten entbrannte zudem eine Debatte über seine Führungsqu­alitäten.

Die Mannschaft stand dabei allerdings stets hinter dem Spielführe­r, und das hatte Gründe. „Er war immer dabei“, sagt DHB-Vize Hanning: „Uwe hat sich nie aus der Verantwort­ung gestohlen und stets die Knochen für den deutschen Handball hingehalte­n.“Er wird sie weiter hinhalten, von nun an allerdings nur noch für die Rhein-Neckar Löwen.

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FOTO: FABRICE COFFRINI/AFP Bei den Olympische­n Spielen in Tokio in diesem Sommer war Uwe Gensheimer noch dabei.

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