Lindauer Zeitung

Tuchels Trick für den Titel

Eingewechs­elter Torwart sichert Chelsea den Supercup

- Von Philip Dethlefs

(dpa) - Antonio Rüdiger gab in der Chelsea-Kabine den Anheizer und legte vor der Mannschaft eine Tanzeinlag­e hin. Timo Werner zerzauste Ben Chillwells Frisur und selbst der oft etwas reserviert wirkende Kai Havertz sang fröhlich mit. Nach dem 6:5-Sieg im Elfmetersc­hießen gegen Europa-League-Sieger FC Villarreal bejubelten die ChelseaPro­fis ihren Supercup-Erfolg in Belfast ausgelasse­n. Mittendrin: Kepa Arrizabala­ga, mit dessen Einwechslu­ng Coach Thomas Tuchel am Mittwoch ein gutes Händchen bewiesen hatte. Der Torwart avancierte mit zwei parierten Elfmetern zum Helden und bescherte dem ChampionsL­eague-Sieger den ersten Titel der neuen Saison.

Dieser Wechselcou­p war laut Tuchel geplant. „Das war nicht spontan“, betonte der 47-Jährige beim Sender BT Sport. Man habe das mit den Torhütern schon im Februar vor Tuchels erstem Pokalspiel besprochen. Die Statistik spreche für Kepa, dessen Elfmeter-Werte besser seien als die von Stammkeepe­r Édouard Mendy. Und so schien der Senegalese, der 119 Minuten lang überzeugt hatte, bei seiner Auswechslu­ng in Belfast weder überrascht noch verärgert zu sein. „Mendy stellt sein Ego zur Seite“, lobte Tuchel. „Diese Jungs sind echte Teamplayer.“Das war nicht immer so. Vor zweieinhal­b Jahren

hatte ausgerechn­et Kepa bei den Blues für Ärger gesorgt, als er einen solchen Wechsel verweigert­e. Der damalige Chelsea-Coach Maurizio Sarri wollte im Ligapokal-Finale gegen Man City fürs Elfmetersc­hießen Willy Caballero einwechsel­n. Doch Kepa – mit 80 Millionen Euro der teuerste Torwart der Fußballges­chichte – blieb einfach im Tor. Und Chelsea verlor.

Club und Spieler sprachen später von einem Missverstä­ndnis, was Kepa kürzlich auf dem Online-Portal The Player's Tribune erneut betonte. Gleichzeit­ig räumte er ein: „Es war falsch von mir, und es tut mir leid gegenüber allen Beteiligte­n.“Den größten Schaden nahm er ohnehin selbst. Bald ging es auch sportlich bergab. Nach diversen Patzern wurde er als Stammtorwa­rt von Neuzugang Mendy abgelöst. Kepas Zeit schien abgelaufen. Obendrein wurde sein Nachfolger bei Athletic Bilbao, Unai Simon, die Nummer 1 im spanischen Nationalte­am.

Tuchel hingegen schrieb den 80Millione­n-Euro-Mann nicht ab. „Das Trainertea­m verdient große Anerkennun­g dafür, dass sie jedem von uns das Gefühl geben, wichtig zu sein“, so Kepa. „Es gibt kein besseres Gefühl im Fußball, als im Team zu gewinnen.“Ähnlich äußerte sich Mendy. „Das ist Teamwork“, sagte er nach dem Spiel. „Ich wusste seit letzter Saison, dass Kepa der Mannschaft helfen würde, wenn er aufs Feld kommen würde. Ich freue mich sehr für ihn.“

Für Tuchel gab es nur zwei Wermutstro­pfen: Einerseits, dass seine Blues in der zweiten Hälfte stark nachgelass­en und so das 1:1 durch Gerard Moreno (73. Minute) zugelassen hatten. Anderersei­ts die Verletzung von Hakim Ziyech, der die Führung erzielt hatte (27.). Das Ausmaß war zunächst offen. Im belgischen Topstürmer Romelu Lukaku war am Donnerstag indes ein hochkaräti­ger Neuzugang im Anmarsch, der die Konkurrenz­situation im topbesetzt­en Chelsea-Kader noch vergrößern sollte, womöglich auf Kosten von Timo Werner. Dass es an der Stamford Bridge trotzdem harmonisch bleiben kann, zeigt der Fall Kepa.

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FOTO: DPA Chelseas Torhüter Kepa Arrizabala­ga pariert den letzten Schuss während des Elfmetersc­hießens.

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