Ravensburger Kontrolleure stoßen auf Ekel-Küche
Trotz Corona war Team der Lebensmittelüberwachung im Kreis Ravensburg unterwegs
- Die Lebensmittelkontrolleure des Ravensburger Landratsamtes sind auf der Suche nach dem, was es eigentlich nicht geben dürfte: Ungeziefer in Gastronomie-Küchen, schmutzige KochUtensilien und falsche Angaben auf Speisekarten. Trotz der Pandemie mit vorübergehender Schließung der Gastronomie haben die Lebensmittelkontrolleure im Landkreis im Jahr 2020 eine Vielzahl an Betrieben unter die Lupe genommen – und hatten in fast jedem zweiten Fall etwas zu bemängeln.
Von den 3703 Lebensmittelkontrollen fanden 495 in Speise- und Schankwirtschaften statt. Die übrigen Kontrollen betrafen zum Beispiel Imbisse oder Lebensmittelhersteller wie beispielsweise Metzgereien, Bäckereien, Molkereien oder Käsereien. In fast jedem zweiten Fall (bei 45 Prozent der Kontrollen) hatten die Kontrolleure etwas zu beanstanden. Meist waren das keine gravierenden Mängel, sodass zum Beispiel eine mündliche Belehrung ausreichte (1265 Fälle).
Bei 392 Kontrollen sahen sich die Mitarbeiter des Landratsamtes aber gezwungen, etwas mehr zu unternehmen. Je nach dem, was die Experten entdeckt haben, muss der Betreiber mit Verwarnung, Bußgeld oder im Extremfall sogar mit der Betriebsschließung rechnen. So weit, dass ein Lebensmittelbetrieb im Landkreis Ravensburg dichtgemacht werden musste, kam es im Jahr 2020 aber nicht.
Drei Beispiele, was die Kontrolleure vorfanden:
In einer im Landkreis stießen die Kontrolleure laut Landratsamt auf erhebliche Hygienemängel – und das nicht zum ersten Mal. Dort wurden Geräte benutzt, die schon länger nicht richtig gereinigt
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Gaststätte
worden waren. In der Mikrowelle, im Backofen und in einer Teigknetmaschine wurde alter Schmutz entdeckt. Auch die Schankanlage war nicht so sauber, wie sie sein sollte. Mängel wurden außerdem in der Personalhygiene festgestellt – das kann zum Beispiel bedeuten, dass keine saubere Arbeitskleidung getragen wurde, die Angestellten bei der Kontrolle schmutzige Hände hatten oder keine für gewisse Bereiche vorgeschriebenen Haarnetze trugen. In diesem Fall wurde ein Zwangsgeld festgesetzt. Dadurch soll erzwungen werden, wie der Begriff schon sagt, dass die schlechten Zustände möglichst schnell behoben werden. Auch ein Bußgeldverfahren
wurde eingeleitet. Das vielleicht Schlimmste für die Betreiber: Wie bei so massiven Verstößen üblich, wurde außerdem der Name des Betriebs und die Art der problematischen Entdeckungen im Internet veröffentlicht (verbraucherinfo.uabw.de/lmk.asp), inzwischen aber aufgrund des gesetzlichen Fristablaufs wieder gelöscht. Es war der einzige Fall im Jahr 2020, bei dem die Mängel so eklatant waren, dass es zu einer solchen Veröffentlichung kam. Derzeit sind dort keine Betriebe aus dem Landkreis Ravensburg mit problematischen hygienischen Zuständen aufgeführt.
In einer im Landkreis wurden die Kontrolleure fündig: Das
Bäckerei
Gitter eines Ventilators im Kühlraum war dreckig, dort lagerten außerdem Holzpaletten neben offenen Lebensmitteln wie zum Beispiel Torten und Kuchen. Die Lebensmittelkontrolleure bemängelten auch den Zustand der Betriebsräume, wo zum Beispiel Wandfliesen abgeschlagen waren. Die daraufhin erlassene sogenannte „lebensmittelrechtliche Anordnung mit Androhung von Zwangsgeld“zeigte Wirkung: Bei der Nachkontrolle waren alle Mängel beseitigt, teilte das Landratsamt mit.
Nicht nur um Hygiene, sondern auch um Ehrlichkeit beim Lebensmittelverkauf geht es bei einem Besuch der Lebensmittelkontrolleure.
In einer 2020 überprüften Gaststätte wurde auf der „Pizza mit Parmaschinken“angeboten. Tatsächlich kam die Pizza aber mit einem günstigeren Schinken auf den Tisch. Das ist Irreführung des Verbrauchers, so die Bewertung der Experten. Weil der Fall außerdem ein Verstoß gegen das Markengesetz war, wurde eine Strafanzeige gegen den Gastronomen eingeleitet.
Während des coronabedingten Lockdowns im Jahr 2020 war ein Teil der Gastronomiebetriebe zwar geschlossen, doch auch wenn Essen ausgeliefert oder zur Abholung angeboten wird, ist ein Betrieb überwachungspflichtig. Aber nicht immer waren die Lebensmittelkontrolleure
Speisekarte
draußen unterwegs – aufgrund der Pandemie haben sie über mehrere Wochen das Gesundheitsamt in der Kontaktnachverfolgung von Corona-Infizierten unterstützt.
Seitens der kontrollierten Betriebe ist man um ein gutes Miteinander mit den Kontrolleuren bemüht, wie etwa der Obermeister der BäckerInnung im Kreis Ravensburg, Werner Leser aus Aulendorf, berichtet. Allerdings klagt Leser über die zunehmenden Dokumentationspflichten. Reinigungspläne für alle Bereiche des Betriebs müssen dokumentiert werden, jeden Tag müsse die Temperatur von allen Kühlgeräten aufgeschrieben werden.
„Zusammengenommen ist das viel Arbeit“, sagt er. „Dabei sind wir ja selber darauf aus, dass unsere Lebensmittel richtig gekühlt und frisch gehalten werden. Wir möchten für den Kunden ja auch Sicherheit bieten.“Er sagt aber auch, dass es in jedem Bereich der Lebensmittelherstellung vermutlich einige Ausreißer-Betriebe gebe, die es nicht auf die Reihe bekommen, die immer anspruchsvolleren Hygieneregeln zu beachten. Dafür sei die Lebensmittelüberwachung da und greife dann auch. Als Betreiber müsse man aber auch dankbar sein, wenn einen der Kontrolleur auf suboptimale Zustände hinweist, für die man gegebenenfalls betriebsblind geworden ist.
Im Kreis Ravensburg unterliegen nach Angaben des Landratsamtes rund 8300 Betriebe der amtlichen Lebensmittelüberwachung, darunter sind 4326 gewerbliche Lebensmittelunternehmer sowie 4043 landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe. Für die Kontrollen stehen zwölf Lebensmittelkontrolleure und -kontrolleurinnen und sechs amtstierärztliche Sachverständige zur Verfügung.