„Allgäu ist Heimat und wird es immer bleiben“
Freiburgs Janik Haberer tankt, so oft es geht, Kraft in Wangen und möchte noch zehn Jahre Fußball spielen
- Vor zehn Jahren zog Janik Haberer von Wangen im Allgäu aus in die Welt, um sich seinen Traum vom Profifußball zu erfüllen. Seit 2016 schnürt der heute 27-Jährige bereits für den SC Freiburg die Schuhe und hat im Breisgau alle Facetten der Branche kennengelernt. In der nun startenden Saison möchte er nur eines: gesund bleiben. Felix Alex hat mit ihm gesprochen.
Herr Haberer, die Wochen des Müßiggangs sind für Sie und den SC Freiburg schon lange vorbei, am Samstag (15.30/Sky) geht es zum Ligastart gegen Arminia Bielefeld. Konnten Sie die spielfreie Zeit wenigstens gebührend nutzen und Abstecher in die Heimat machen?
Ich habe den Urlaub mit der Familie und den Freunden verbracht, war auch im Ausland und habe etwas Strand und Meer genossen. Aber natürlich habe ich auch viel Zeit in der Heimat verbracht. Meine Frau kommt ja aus Memmingen und wir sind immer zwischen Memmingen und Wangen gependelt.
Gibt es denn Plätze oder Rituale, die zu einem Heimatbesuch einfach dazugehören?
Meine ganze Familie wohnt ja noch in Wangen. Ab und zu in die Altstadt oder auch zum Markt spazieren, solche Orte besucht man schon öfter. Aber ich gehe auch gerne Richtung der Berge oder zum Bodensee. Das Gesamtpaket, das das Allgäu hergibt, nutze ich auch. Zu so einem Besuch im Urlaub gehört natürlich auch die klassisch, deftige schwäbische Küche von Oma und den Eltern dazu – oder auch mal sonntags ein Frühstück vom Fidelisbäck.
Klingt nicht gerade nach streng kontrollierter Saisonvorbereitung ...
So was ist vor allem im Urlaub schon drin. Wir trainieren das ganze Jahr über so hart, dass man dann schon mal nicht auf das Essen und die Kalorien gucken muss, das machen wir ja die ganze Saison. Von daher kann es im Urlaub schon ab und an ein Teller mehr sein. Drei, vier oder fünf Kilogramm zunehmen wäre natürlich etwas schwieriger, aber wenn man ein halbes Kilogramm mehr drauf hat und dann geht es in der Vorbereitung mit den Läufen los, dann ist es auch ganz schnell wieder unten.
Was bedeutet Ihnen denn das Allgäu, zehn Jahre nachdem Sie in die Fußballwelt auszogen?
Allgäu ist Heimat und wird es immer bleiben. Wenn ich einen Tag in der Woche frei habe, dann fahre ich auch nach Hause zur Familie. In der Sommerpause bin ich auch immer dort, so wie es halt die Zeit in unserem Geschäft hergibt. Die Strecke von Freiburg ist ja nicht so weit, und da fahre ich gerne mal, auch um etwas anderes außerhalb des Fußballs zu sehen. Das gibt dann Kraft für die Woche.
Der Wohnort für nach der Karriere scheint also schon festgelegt.
Ich habe in der Region ja noch eine Wohnung, und für die Zeit nach der sportlichen Zukunft gibt es ganz klassisch die Pläne mit einem Eigenheim. Aber das ist alles noch so weit weg, weil ich wahrscheinlich noch zehn Jahre Fußball spiele und dabei noch ein bisschen rumkommen werde. Spätestens zur Rente geht es aber endgültig zurück in die Heimat.
Kommen wir zu Ihrer sportlichen Heimat. Beim SCF war es für Sie selten beschaulich, eher glichen die vergangenen Jahre einer Achterbahnfahrt.
Es gab viele Höhepunkte, aber verletztungsbedingt auch nicht so schöne Zeiten. Es war ein Auf und Ab. Ich habe mich aber immer zurückgekämpft. Primär war es daher in der Vorbereitung jetzt einfach wichtig, verletzungsfrei durchzukommen, das war ja in den letzten Jahren nicht immer der Fall. Jetzt konnte ich endlich mal die Tanks auffüllen. Ich wünsche mir für die kommende Saison einfach so viel Spielzeiten wie möglich, ein paar Tore, ein paar Vorlagen wären ganz schön und dann vor allem, dass ich mich aufs Sportliche konzentriere kann.
Das kann man während Verletzungen weniger. Wie gehen Sie mit solchen herben Rückschlägen um? Mental ist das ja überaus belastend.
Da gibt es keine Faustregel, da geht jeder seinen eigenen Weg. Bei mir war es während der schweren fast siebenmonatigen Verletzung (komplexe Sprunggelenksverletzung; d. Red.) so, dass ich auch Abstand vom Trainingsplatz gesucht habe und nicht tagtäglich darauf schauen konnte, wie die Jungs trainieren. Wenn man nicht mitspielen kann, dann tut das natürlich weh. Der Rückhalt von Familie und Freunden ist da auch extrem wichtig, um sich auf die Reha zu fokussieren, und wenn es dann peu à peu besser wird, dann freut man sich umso mehr.
Was ist denn Ihr Ausgleich zum Profialltag, wobei kommen Sie auf andere Gedanken?
Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit Freunden und der Familie. Ich mache keinen speziellen Ausgleichssport oder etwas Ähnliches. Laufen und Fahrradfahren mache ich gern. Ich bin aber generell sportbegeistert und schaue mir alles an.
Nun dürfen die Fans Ihnen wieder zusehen. Was kam denn von Trainer Christian Streich so für eine Ansage, sind Sie direkt wieder mittendrin im Geschehen?
Das ist jetzt nach nur einem DFB-Pokalspiel noch recht schwierig einzuschätzen. Es spielen während der Saison verschiedene Faktoren mit rein: Wie ist der Kader strukturiert, wie läuft es für die Mannschaft generell, für einen selber usw. Gespräche gibt es zudem immer, unsere Spiele werden auch von den Co-Trainern analysiert und dann die persönliche Leistung besprochen. Man wird sehen, wie der Trainer mich einsetzt, aber das Feedback bisher war recht positiv, und ich bin so eingestellt, dass die Saison ebenso wird.
Das Thema Vereinswechsel begleitet Sie schon mehrere Transferperioden, wie sieht Ihr kurzfristiger Karriereplan aktuell aus?
Den gibt es in dem Sinne gerade nicht. Priorität hat gesund zu bleiben, und das ist ja das leidige Thema, das mich die letzten Jahre begleitet hat. Jetzt möchte ich einfach spielen. Da gibt es keine andere Tendenz.
Kommen wir zu anderen Themen. Sie wurden 2017 mit der U21 ohne die ganz großen Namen Europameister. Vor dem Hintergrund – wie haben Sie das Abschneiden des deutschen Teams bei Olympia wahrgenommen?
Dabei zu sein, war für alle jetzt sicher dennoch ein super Erlebnis, aber es war eben ein zusammengewürfelter Haufen, weil viele Spieler nicht konnten oder durften. Dadurch war die Ausgangssituation nicht die beste. Wenn ich gefragt worden wäre, wäre ich sicher gefahren. So ein Erlebnis gibt es ja nicht oft in der Karriere, und ich hätte es gerne gemacht.
Freiburg gilt in der Bundesliga als Sinnbild für Bodenständigkeit. Wie haben Sie das Gegenteil, das Hickhack und den Wechsel von Lionel Messi, verfolgt?
Es sind ja generell zwei Welten, aber auch Freiburg ist nicht mehr der ganz kleine Sportclub, auch hier passieren Transfers. Als Fußballromantiker hätte man natürlich Messi gerne das ganze Leben lang beim FC Barcelona gesehen, und ich glaube auch, dass der Junge sehr gerne da geblieben wäre. Da muss sicher im Vorhinein viel falsch gelaufen sein. Allerdings muss man auch sagen, dass so das Fußballgeschäft ist. Es war klar, dass er nun nicht seine Karriere beendet. Es ist trotz allem immer wichtig, den Menschen dahinter zu sehen. Auch Messi hat derzeit brutal viel Druck und wird von allen Seiten belagert. Positiv ist ja, dass man ihn weiter auf dem Platz in Europa sieht. Man sollte zudem sehen, in was für eine Pariser Mannschaft er nun kommt. Die ist unglaublich und gespickt mit Weltklassespielern, bei denen das Zuschauen riesig Spaß macht. Jetzt wird man sehen, ob sie zusammen als Mannschaft funktionieren. Das ist spannend.
Der Auftakt von Freiburg lautet: Bielefeld, Dortmund, Stuttgart. Das ist doch ein Traumstart oder?
Total, da ist von allem was dabei. Es gibt ein megawichtiges Auswärtsspiel in Bielefeld, wo wir uns vergangenes Jahr schwergetan haben, dann zu Hause gegen ein Topteam, das wir letzte Saison geschlagen haben, und dann das Derby in Stuttgart. Das ist brutal schwierig. Wichtig ist vor allem, dass wir am Samstag gut reinstarten, hoffentlich drei Punkte holen und dann mit breiter Brust gegen Dortmund spielen können. Für den Verein wäre es einfach schön, wenn wir an die vergangenen drei Jahre anknüpfen könnten, in denen wir mit dem Abstieg nichts zu tun hatten.
Das mit den lang vermissten Fans im Rücken zu erleben, würde alles noch einmal aufwerten, richtig?
Natürlich, das ist ein total anderes Gefühl. Am Wochenende in Würzburg vor 5000 Zuschauern hat man schon gemerkt, was die Fans ausmachen. Die Kommunikation auf dem Platz ändert sich, die Trainer müssen anders Kommandos geben, und als Mannschaft hat man endlich wieder die klassischen Heimspiele mit Fans im Rücken. Das war die vergangenen Jahre in Freiburg ja immer ein wichtiger Faktor.
Bliebe noch das Thema der zugelassenen Kapazitäten. Da entbrennt ja aktuell eine Diskussion zum Thema Geimpfte, Genesene und vor allem um die Getesteten.
So viel wie möglich und dabei so sicher wie möglich, das ist das Wichtigste. Ob jeder Platz zur jetzigen Zeit im Stadion belegt sein muss, weiß ich nicht. Aber wenn jeder zweite oder dritte Sitz belegt ist, wäre das für uns Spieler wieder eine richtig geile Sache, und dann würde es sich endlich wieder richtig anfühlen, letztes Jahr war es ja eher traurig.