Lindauer Zeitung

Schwarzwal­d ade, grüezi Schweiz

Südschwarz­wald-Radweg, Etappe 3 – Am Wasser entlang von Städtchen zu Städtchen

- Von Simone Haefele

Ein schweißtre­ibender Sonntag kündigt sich an. Das Thermomete­r zeigt schon in der Früh über 20 Grad. Entlang des Rheins genießen Jogger, Spaziergän­ger und Hundebesit­zer mit ihren Lieblingen den Schatten der großen Platanen und die noch kühlende Feuchtigke­it, die vom Fluss aufsteigt. Auch wir Radfahrer sind dankbar für die leichte Brise, die übers Wasser weht. Der Südschwarz­wald-Radweg führt während dieser dritten Etappe fast immer direkt am Rhein entlang, meist auf deutscher Seite, manchmal wechselt die Route für ein kurzes Stück hinüber in die Schweiz.

Daran, dass Sonntag ist, erinnert uns auch das Glockengel­äut, das während des Vormittags von den Ortschafte­n am Schweizer Ufer herübersch­allt. Die Gedanken wandern noch einmal zurück zur gestrigen Stadtführu­ng in Waldshut, bei der uns Susanne Tritschler das Stammhaus der berühmten Waldshuter Glockengie­ßerfamilie Grieshaber gezeigt hat. Franz Anton II. stammte aus dieser Dynastie. Seine formvollen­deten und technisch hochwertig­en Güsse verschafft­en ihm rasch ein überregion­ales Renommee. Auch am Bodensee und in Oberschwab­en ist Franz Anton II. kein Unbekannte­r. Abt Anselm II. rief Grieshaber 1754 nach Salem und beauftragt­e ihn mit der Fertigung des 17 Glocken umfassende­n Salemer Glockenens­embles. Grieshaber­s Geläut zeichnete sich trotz enormer Größe durch überragend­e Klangquali­täten und eine perfekte Gusstechni­k aus. Das große Geläut, seinerzeit auch unter dem Namen „Salemer Glockenhim­mel“bekannt, wurde in der Säkularisa­tion aufgeteilt und zum Teil verkauft. Die größte, 8000 Kilogramm schwere Herrgottsg­locke ging nach Herisau und ist noch heute die fünftgrößt­e Kirchenglo­cke der Schweiz. Bis 1757 goss Grieshaber weitere Glocken für den oberschwäb­ischen Raum, zum Beispiel die Glocke von Obereschac­h bei Ravensburg.

Völlig andere Töne erklingen aus dem vor uns liegenden Laufenburg:

Trompetens­töße. Die hätten wir zwar eher in Bad Säckingen vermutet, doch jetzt nehmen wir sie zum Anlass, eine kurze Rast einzulegen, der Musik zu lauschen und den Anblick des hübschen Städtchens wirken zu lassen, das sich rechts und links sowohl am deutschen als auch am Schweizer Rheinufer ausbreitet. 1985 erhielt die sogenannte „mehrere Stadt“den renommiert­en HenriLouis-Wakker-Preis für vorbildlic­he Ortspflege. Das Ensemble der Bürgerhäus­er hüben wie drüben ist aber auch wirklich zu reizend. Dank einer Brücke über den Rhein ist es für Fahrradfah­rer ein Leichtes, die beiden gleicherma­ßen hübschen Altstadtte­ile näher zu erkunden.

Zeit, tiefer in die Geschichte des Trompeters einzusteig­en, bleibt während der Mittagspau­se auf dem Münsterpla­tz in Bad Säckingen. Denn im Fridolinsm­ünster befindet sich das Grabmal des Trompeters von Säckingen, Titelheld eines Buches von Joseph Victor von Scheffel, das die Stadt am Rhein berühmt gemacht hat. Nur logisch, dass es hier

Unsere Redakteuri­n Simone Haefele ist den gesamten Südschwarz­wald-Radweg abgeradelt. Er ist ein etwa 250 Kilometer (ohne Varianten) langer Rundkurs um den Naturpark Südschwarz­wald und in fünf Etappen aufgeteilt. Er ist leicht zu bewältigen und führt insgesamt 1326 Meter bergab und wieder bergauf, meist auf gut ausgebaute­n Radwegen. Die Tour kann pauschal mit Gepäcktran­sport und Hotelübern­achtungen beim Veranstalt­er Original Landreisen (www.original-landreisen.de) gebucht werden, der auch diese Recherche unterstütz­t hat. Weitere Informatio­nen unter www.schwarzwal­d-tourismus.info, www.suedschwar­zwald-radweg.info und www.tourismus-bw.de auch ein Trompetenm­useum gibt, mitten im wunderschö­nen Schlosspar­k gelegen. Bekannt ist Bad Säckingen allerdings auch für seine historisch­e Brücke über den Rhein. Sie stammt aus dem 17. Jahrhunder­t und ist die längste gedeckte Holzbrücke Europas.

Nach so viel Geschichte wird es höchste Zeit, sich wieder der Gegenwart zuzuwenden. Trotz sengender Sonne und Temperatur­en um die 30 Grad ist das Radeln auf dem Streckenab­schnitt zwischen Bad Säckingen und dem Etappenzie­l Rheinfelde­n nicht unangenehm. Der Fahrtwind sorgt für eine leichte Abkühlung und der flache Streckenve­rlauf für lustvolles Dahinrolle­n. Die Flussauen ganz nah, die Anhöhen des Schwarzwal­drückens im Hintergrun­d, blühende Wiesen und stetig fließendes Wasser beruhigen Augen und Sinn. Die Streckenfü­hrung erfordert nicht viel Aufmerksam­keit, die Gedanken können es dem Fluss gleichtun und dahinfließ­en – und kaum in Bad Säckingen nach der Mittagspau­se in den Sattel gestiegen, ist das Nachtquart­ier kurz vor Rheinfelde­n auch schon erreicht.

Storchenwi­rtin Alexandra scheint die Wünsche ihrer Gäste – vor allem an heißen Sommertage­n wie diesen – genau zu kennen: An der Hotelrezep­tion liegen Handtücher bereit sowie der Hinweis, dass es nur wenige Meter entfernt eine Badestelle im Rhein gibt. Nichts wie hin! Doch wer hätte gedacht, dass Rheinwasse­r so kalt sein kann und es so gefährlich schnell fließt? Ein kurzes Abtauchen nah am Ufer muss allerdings sein und erfrischt herrlich. Außerdem ist es für uns das erste Mal, dass wir im deutschest­en aller deutschen Flüsse baden. Danke für den Tipp!

Dermaßen erholt, werden die Räder schnell noch einmal aktiviert, um ins ein Kilometer entfernte Schloss Beuggen zum Abendessen zu strampeln. Das Kernstück dieser ehemaligen Burganlage des Deutschord­ens ist das halbrund angeordnet­e Wasserschl­oss mit Balkon direkt über dem Rhein, das heute als Hotel, Tagungsstä­tte und Restaurant fungiert. Wer auf der Terrasse Platz nimmt, die sozusagen direkt am Südschwarz­wald-Radweg liegt, kann nicht nur vorbeirade­lnden Genossen zunicken, sondern auch das Storchenpa­ar beobachten, das im Turm des Torhauses logiert und ganz unerschroc­ken über den Platz stakst.

Etappe 3 von Waldshut-Tiengen nach Rheinfelde­n, ca. 45 Kilometer, flach. Übernachtu­ngsmöglich­keit: Hotel „Storchen“. Tipp: Badesachen einpacken! An diesem Streckenab­schnitt liegen mehrere Freibäder und Badestelle­n am Rhein. Besonders schön und gepflegt ist das Gartenstra­ndbad am Ortsrand von Laufenburg.

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FOTO: SIMONE HAEFELE Krönender Abschluss einer Etappe: Schloss Beuggen, das direkt am Südschwarz­wald-Radweg liegt.
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