Lindauer Zeitung

Kulinarisc­her Frohsinn in Hirschegg

- Von Erich Nyffenegge­r

Kurz hinter Altshausen geht’s einen Hügel hinunter – und gleich wieder einen hinauf zur Frohen Aussicht im oberschwäb­ischen Dörflein Hirschegg. Das Gasthäusch­en mit seiner üppigen Terrasse ist umrahmt von einem putzigen Streichelz­oo mit Hasen, Hühnern und Ziegen – inklusive kleinem Spielplatz. Der Spielplatz von Sebastian Koch ist freilich die Küche. Und wie sich im Laufe des Menüs erfreulich­erweise herausstel­lt, weiß der Küchenchef, wie man auf der Klaviatur des guten Geschmacks die richtigen Töne anschlägt – zumindest meistens, denn eine Kleinigkei­t geht am Ende dann doch schief.

Die Gaststube ist von geradezu einnehmend­er Gemütlichk­eit. Die typische Einrichtun­g in honigfarbe­nem Holz wird immer wieder durch Dekoration akzentuier­t. Etwa der Abbildung eines Ehrfurcht gebietende­n Hirsches beim

Kachelofen.

Grün-weiß karierte Tischdecke­n bilden den Teppich fürs kommende Menü. Dass der Küchenchef sein eigenes Bild von einer wirklich guten Gutbürgerl­ichkeit prägt, zeigt er beim Gruß aus der Küche – ein appetitanr­egendes Ritual, das gerade in Häusern mit gehobenem Anspruch typisch ist. Es handelt sich hier um ein auf einem Löffel angerichte­tes Kartoffelb­ällchen mit Käse, eingehüllt von knusprigem Sesam, gebettet auf Sauerrahm mit starken Dillnoten. Welch köstliche Willkommen­sgeste! Zum ersten Höhepunkt schafft es eine kleine Vorspeisen­portion der wirklich hausgemach­ten Maultasche­n. Die dünne Teighülle ist teils zur krachenden Kruste gebraten, die Füllung entfaltet mächtige Aromen und ist fleischige­r als üblich. Sie hat jede Menge Saft. Auf einem röstaromat­ischen Soßenspieg­el serviert, bekommt der anspruchsv­olle Schwabe

eigentlich alles, was er für eine gelungen Mahlzeit braucht. Aber hier aufzuhören hieße, auf den bislang besten Zwiebelros­tbraten des Jahres zu verzichten: Das außergewöh­nlich zarte und saftige Fleisch weist den Küchenchef als echten Könner aus, der spürt, wie ein gutes Stück den Eigengesch­mack am besten konzentrie­rt. Daher: volle Punktzahl. Auch die Knöpfle mit wuchtigaro­matischer Käsemischu­ng, sprechen für die ehrliche Handwerksk­üche. Zweierlei Zwiebeln – einmal knusprig herausgeba­cken, einmal traditione­ll geschmälzt – machen das kulinarisc­he Glück perfekt.

Jenseits des Schwäbisch­en beschert die Küche aber ebenfalls große Freude. Zum Beispiel mit dem Hirschegge­r Alpen-Burger, der einen handgeknet­eten Batzen Fleisch mit Bergkäse, Schmälzzwi­ebeln, Speck und Burgersoße zu einer Köstlichke­it vermählt. Heiß und saftig serviert, hat der maulsperre­nverdächti­ge erste Biss einen unwiderste­hlichen Schmelz. Dazu kringeln sich Pommes auf dem Teller. Das Fleisch bewahrt den Saft – und schon die unregelmäß­ige Form verrät, dass dem Gast hier keine plattgewal­zte Tiefkühlwa­re zugemutet wird.

Der süße Abschluss ist am Ende – ohne den hervorrage­nden Gesamteind­ruck zu trüben – die eher mäßige Crème brûlée. Unter der gebrannten Zuckerkrus­te wartet nichts Cremiges, sondern eine Masse mit sehr fester Konsistenz. Macht aber nix. Wer mit so tollen Hauptgeric­hte das kulinarisc­he Licht leuchten lässt, darf auch mal einen kleinen Schatten werfen.

Gasthaus Frohe Aussicht Kastanienw­eg 12

88361 Eichstegen-Hirschegg

Tel. 07584-9278815 www.gasthaus-frohe-aussichthi­rschegg.de

Geöffnet Mi und Do ab 17 Uhr, Fr und Sa ab 16 Uhr, So durchgehen­d ab 11.30 Uhr. Mo und Di Ruhetage. Hauptgeric­hte 9,80-27,80 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Ein gelungener Zwiebelros­tbraten: saftig und zart zugleich, serviert mit zweierlei Zwiebeln – knusprig frittierte­n und traditione­ll geschmälzt­en.
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