Kulinarischer Frohsinn in Hirschegg
Kurz hinter Altshausen geht’s einen Hügel hinunter – und gleich wieder einen hinauf zur Frohen Aussicht im oberschwäbischen Dörflein Hirschegg. Das Gasthäuschen mit seiner üppigen Terrasse ist umrahmt von einem putzigen Streichelzoo mit Hasen, Hühnern und Ziegen – inklusive kleinem Spielplatz. Der Spielplatz von Sebastian Koch ist freilich die Küche. Und wie sich im Laufe des Menüs erfreulicherweise herausstellt, weiß der Küchenchef, wie man auf der Klaviatur des guten Geschmacks die richtigen Töne anschlägt – zumindest meistens, denn eine Kleinigkeit geht am Ende dann doch schief.
Die Gaststube ist von geradezu einnehmender Gemütlichkeit. Die typische Einrichtung in honigfarbenem Holz wird immer wieder durch Dekoration akzentuiert. Etwa der Abbildung eines Ehrfurcht gebietenden Hirsches beim
Kachelofen.
Grün-weiß karierte Tischdecken bilden den Teppich fürs kommende Menü. Dass der Küchenchef sein eigenes Bild von einer wirklich guten Gutbürgerlichkeit prägt, zeigt er beim Gruß aus der Küche – ein appetitanregendes Ritual, das gerade in Häusern mit gehobenem Anspruch typisch ist. Es handelt sich hier um ein auf einem Löffel angerichtetes Kartoffelbällchen mit Käse, eingehüllt von knusprigem Sesam, gebettet auf Sauerrahm mit starken Dillnoten. Welch köstliche Willkommensgeste! Zum ersten Höhepunkt schafft es eine kleine Vorspeisenportion der wirklich hausgemachten Maultaschen. Die dünne Teighülle ist teils zur krachenden Kruste gebraten, die Füllung entfaltet mächtige Aromen und ist fleischiger als üblich. Sie hat jede Menge Saft. Auf einem röstaromatischen Soßenspiegel serviert, bekommt der anspruchsvolle Schwabe
eigentlich alles, was er für eine gelungen Mahlzeit braucht. Aber hier aufzuhören hieße, auf den bislang besten Zwiebelrostbraten des Jahres zu verzichten: Das außergewöhnlich zarte und saftige Fleisch weist den Küchenchef als echten Könner aus, der spürt, wie ein gutes Stück den Eigengeschmack am besten konzentriert. Daher: volle Punktzahl. Auch die Knöpfle mit wuchtigaromatischer Käsemischung, sprechen für die ehrliche Handwerksküche. Zweierlei Zwiebeln – einmal knusprig herausgebacken, einmal traditionell geschmälzt – machen das kulinarische Glück perfekt.
Jenseits des Schwäbischen beschert die Küche aber ebenfalls große Freude. Zum Beispiel mit dem Hirschegger Alpen-Burger, der einen handgekneteten Batzen Fleisch mit Bergkäse, Schmälzzwiebeln, Speck und Burgersoße zu einer Köstlichkeit vermählt. Heiß und saftig serviert, hat der maulsperrenverdächtige erste Biss einen unwiderstehlichen Schmelz. Dazu kringeln sich Pommes auf dem Teller. Das Fleisch bewahrt den Saft – und schon die unregelmäßige Form verrät, dass dem Gast hier keine plattgewalzte Tiefkühlware zugemutet wird.
Der süße Abschluss ist am Ende – ohne den hervorragenden Gesamteindruck zu trüben – die eher mäßige Crème brûlée. Unter der gebrannten Zuckerkruste wartet nichts Cremiges, sondern eine Masse mit sehr fester Konsistenz. Macht aber nix. Wer mit so tollen Hauptgerichte das kulinarische Licht leuchten lässt, darf auch mal einen kleinen Schatten werfen.
Gasthaus Frohe Aussicht Kastanienweg 12
88361 Eichstegen-Hirschegg
Tel. 07584-9278815 www.gasthaus-frohe-aussichthirschegg.de
Geöffnet Mi und Do ab 17 Uhr, Fr und Sa ab 16 Uhr, So durchgehend ab 11.30 Uhr. Mo und Di Ruhetage. Hauptgerichte 9,80-27,80 Euro.
Weitere „Aufgegabelt“-Folgen: www.schwäbische.de/aufgegabelt