Lindauer Zeitung

Kreuz und quer

Defensiv wirkt der FC Bayern noch recht orientieru­ngslos – Jetzt gegen Dortmunds Power

- Von Carsten Lappe und Morten Ritter

(dpa) - Vor dem Fernseher dürfte Julian Nagelsmann noch etwas mehr ins Grübeln gekommen sein als ohnehin schon nach dem unbefriedi­genden Bundesliga­einstand als Bayern-Coach. Der hochgelobt­e, aber als Seniorentr­ainer noch titellose 34-Jährige geht nach dem 1:1-Liga-Auftaktspe­ktakel am Freitagabe­nd bei Borussia Mönchengla­dbach sieglos ins SupercupFi­nale bei Borussia Dortmund am Dienstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky). „Wir hätten gerne gewonnen, jetzt müssen wir es am Dienstag richten“, sagte Nagelsmann leicht trotzig nach seinem ersten Pflichtspi­el mit dem Rekordmeis­ter.

Als wäre das so einfach. So kaltschnäu­zig wie Dortmunds Torjäger Erling Haaland bei der 5:2-Gala am Samstagabe­nd gegen Eintracht Frankfurt traf (siehe eingeblock­ten Text), müsste jedem Bayern-Anhänger angesichts des Defensivve­rhaltens des FCB am Freitag angst und bange werden. Wären die Gladbacher Angreifer auch nur einen Tick effiziente­r gewesen, hätten die Bayern schon nach zehn Minuten 0:3 hinten liegen können.

„Wir hatten einen sehr schlechten Start. Wir haben die Bälle zu leicht hergeschen­kt“, bekannte Nagelsmann und sah insgesamt ein „recht wildes“Spiel: „Für Zuschauer interessan­t, für Trainer viel zu analysiere­n.“Im furiosen Eröffnungs­spiel hätten auch deutlich mehr Tore als die von Alassane Pléa (10. Minute) für Gladbach und Rekordtorj­äger Robert Lewandowsk­i (42.) für die Bayern fallen können. Dass dies nicht so war, lag am überragend­en Borussen-Keeper Yann Sommer, an zwei nicht gegebenen Elfmetern für Gladbach in der Schlusspha­se und am Unvermögen der Gladbacher Angreifer. Auf derlei Leichtfert­igkeit können Nagelsmann und seine neuformier­te Abwehr gegen Haaland, Marco Reus und Co. am Dienstag kaum hoffen.

Obwohl der neue Bayern-Coach anders als sein Vorgänger und Titelsamml­er Hansi Flick (der in Gladbach in zwei Spielen zweimal verlor) bei der Borussia mal wieder punktete, wartet noch viel Arbeit auf den Ex-Leipziger. „Wir haben noch jede Menge zu tun. Wir haben einen neuen Trainer dieses Jahr, hatten noch nicht viel Zeit, Dinge einzustudi­eren“, sagte Nationalsp­ieler Leon Goretzka.

Der selbstbewu­sste Nagelsmann sieht darin kein Problem: „Da kriegen wir schon noch eine bissl bessere

Struktur rein.“Dies sollte nur schnell passieren, sonst drohen am Dienstag ein herber Dämpfer und danach früh extrem viel Druck.

Inklusive der schwierige­n Vorbereitu­ng feierte Nagelsmann als Chefcoach

Mit beiden Fäusten über dem Kopf stand Erling Haaland vor der Südtribüne und genoss die Ovationen der Fans. Nach seinen zwei Toren (Nummer 61 und 62 im 61. Pflichtspi­el für die Borussia) und drei Vorlagen beim furiosen 5:2 (3:1) über Eintracht Frankfurt glich Dortmunds Stadion gleich zur Teilrückke­hr der Zuschauer wieder einem Tollhaus.

Die große Show seines Teamkolleg­en ermutigte BVB-Kapitän Marco Reus sogleich zu einer Botschaft an die Bayern: „Für eine Kampfansag­e ist es sehr früh. Aber wenn man in Dortmund spielt, mit den Fans und der Geschichte, brauchen wir nicht über zweite oder dritte Plätze reden. Dann muss immer das Ziel sein, Titel zu holen.“Den famosen Auftritt gegen Frankfurt

bei seinem Herzensver­ein noch kein Erfolgserl­ebnis. Das hat natürlich auch mit den vielen EMTeilnehm­ern zu tun, die zu unterschie­dlichen Zeiten in unterschie­dlicher Verfassung im Sommer zurückgeke­hrt

werteten viele Beobachter als erstes Titel-Statement der Borussia. Drei Tage vor dem Supercup-Duell mit den Münchnern an gleicher Stätte präsentier­te sich das Team des neuen Trainers Marco Rose in imposanter Frühform. Angeführt vom überragend­en Haaland und seinem kongeniale­n Sturmpartn­er Reus bot der BVB Vollgasfuß­ball und leidenscha­ftliches Pressing. „Viel mehr geht nicht“, kommentier­te Rose sein Ligadebüt beim BVB.

Und Erling Haaland? Im Beisein seiner Familie brillierte er auch als Vorbereite­r. „Heute war es leicht, besonders motiviert zu sein“, sagte er danach. „Ich kann es nicht beschreibe­n. Aber als ich getroffen habe, war es ein wundervoll­es Gefühl.“Die Bayern sollten sich wappnen. (dpa) waren. Zudem musste das Pokalspiel beim Bremer SV verschoben werden. „Dass noch nicht alles funktionie­rt, ist selbsterkl­ärend“, befand auch Goretzka.

Um Erling Haaland zu stoppen, muss sich Taktikfuch­s Nagelsmann indes etwas einfallen lassen. Die Münchner Abwehr wirkte in Gladbach teilweise orientieru­ngslos und alles andere als titelreif. Der von Nagelsmann aus Leipzig für etliche Millionen Euro mitgebrach­te Dayot Upamecano agierte nicht nur in den strittigen Elfmetersz­enen mit Marcus Thuram zumindest ungeschick­t. Da die französisc­hen Weltmeiste­r Benjamin Pavard und Lucas Hernández noch verletzt fehlen, kam der 21 Jahre alte Josip Stanisic aus dem Regionalli­gakader der Bayern zu seinem zweiten Bundesliga­einsatz.

„Dass wir uns defensiv verbessern wollen, ist völlig klar“, gestand Nagelsmann, dem seine Akteure noch zu wild „kreuz und quer“liefen: „Danach wird es schwierig, die Räume zu schließen.“Viel Zeit zum Arbeiten bleibt angesichts des PrestigeDu­ells beim BVB jedoch nicht. „Ich würde gerne mehr trainieren. Aber es ist, wie es ist“, sagte Nagelsmann – noch betont entspannt.

 ?? FOTO: MORITZ MÜLLER/IMAGO IMAGES ?? Noch zu oft machten die Bayern dem Gegner die Dinge zu einfach, wie hier beim Gladbacher Führungsto­r durch Alassane Pléa. Torwart Manuel Neuer ist geschlagen, Verteidige­r Dayot Upamecano kommt zu spät.
FOTO: MORITZ MÜLLER/IMAGO IMAGES Noch zu oft machten die Bayern dem Gegner die Dinge zu einfach, wie hier beim Gladbacher Führungsto­r durch Alassane Pléa. Torwart Manuel Neuer ist geschlagen, Verteidige­r Dayot Upamecano kommt zu spät.

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