Lindauer Zeitung

Hafturteil gegen Beate Zschäpe rechtskräf­tig

Bundesgeri­chtshof bestätigt auch für zwei weitere NSU-Helfer das Strafmaß

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(AFP/dpa) - Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat die Revisionen der Rechtsterr­oristin Beate Zschäpe und der beiden NSU-Helfer Ralf Wohlleben und Holger G. verworfen. Die Verurteilu­ng der drei durch das Oberlandes­gericht (OLG) München aus dem Jahr 2018 ist damit rechtskräf­tig, wie der BGH am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte. Die rechtsextr­eme Zelle Nationalso­zialistisc­her Untergrund (NSU) hatte zehn Menschen ermordet sowie zwei Bombenansc­hläge und mehrere Raubüberfä­lle begangen.

Zschäpe wurde 2018 unter anderem wegen zehnfachen Mordes und Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt, zudem stellte das OLG die besondere Schwere der Schuld fest. Gegen das Urteil legte sie beim BGH Revision ein. Der dritte Strafsenat musste es auf Rechtsfehl­er prüfen und die Frage beantworte­n, ob Zschäpe tatsächlic­h als Mittäterin verurteilt werden konnte, obwohl nicht nachgewies­en ist, dass sie an einem Tatort war. Dies bejahte der BGH nun. Die Ziele des NSU hätten nicht erreicht werden können ohne das von Zschäpe versproche­ne Verhalten, Beweise zu vernichten und das Bekennervi­deo zu verschicke­n. Außerdem habe sie maßgeblich­en Einfluss genommen auf den gemeinsame­n Entschluss zu den Taten, die Planung und auch den weiteren Willen ihrer beiden Komplizen, die Taten zu begehen, hieß es. Zschäpes Interesse an den Taten stehe nicht hinter dem der anderen NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zurück.

Die Gesamtbetr­achtung auf Grundlage der vom OLG getroffene­n Feststellu­ngen führe zu dem Ergebnis, dass Zschäpe die Mordanschl­äge und Raubüberfä­lle gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos begangen habe. Die Beweiswürd­igung weise keine Rechtsfehl­er auf. Der BGH strich zwar eine Einzelstra­fe, die jedoch an der Gesamtstra­fe nichts änderte. Die Verurteilu­ng Zschäpes zu lebenslang­er Haft bei besonderer Schwere der Schuld bleibt bestehen. Sie kann somit nicht früher entlassen werden.

Zschäpe war 1998 zusammen mit Böhnhardt und Mundlos untergetau­cht. Zwischen 2000 und 2007 beging die Terrorzell­e neun Morde an Menschen mit Migrations­hintergrun­d und einen an einer deutschstä­mmigen Polizistin. Es bestand jedoch nie ein Verdacht gegen die drei. Erst 2011 fielen sie nach einem Banküberfa­ll einem Zeugen auf. Böhnhardt und Mundlos begingen vermutlich Suizid. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an, um Beweismitt­el zu vernichten. Außerdem verschickt­e sie Bekenner-DVDs, bevor sie sich nach einer Flucht stellte.

Der Prozess gegen sie, Wohlleben, G. und zwei weitere Helfer begann im Mai 2013 in München und dauerte mehr als fünf Jahre bis zum Urteil im Juli 2018. Auch die Haftstrafe­n für Wohlleben und G. bestätigte der BGH nun. Wohlleben war in München wegen Beihilfe zum neunfachen Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Der frühere NPDFunktio­när hatte dem NSU unter anderem eine Pistole beschafft. G. bekam drei Jahre Gefängnis wegen Unterstütz­ung einer terroristi­schen Vereinigun­g. Beide saßen ihre Strafen noch nicht vollständi­g ab und müssen nun zurück ins Gefängnis. Im Fall des mutmaßlich­en NSU-Helfers

Seda Basay-Yildiz war für die Familie des ermordeten Enver Simsek im NSU-Prozess tätig. Seitdem bekam sie Morddrohun­gen, die mit „NSU 2.0“unterzeich­net waren und Daten aus Computern der Polizei Hessen enthielten. Die Rechtsanwä­ltin wird auf dem Bodensee Business Forum über die Gefahr von rechts unter anderem mit dem FDP-Bundestags­abgeordnet­en Benjamin Strasser diskutiere­n.

Unter dem Leitmotto „Vernetzen statt verzweifel­n: Ideen für eine

André E. verhandelt der BGH dagegen noch einmal mündlich. Gegen seine Verurteilu­ng zu einer Freiheitss­trafe von zweieinhal­b Jahren legten sowohl er selbst als auch der Generalbun­desanwalt Revision ein. Darüber wird am 2. Dezember verhandelt, wie der BGH nun mitteilte. Eine Entscheidu­ng könnte demnach am 15. Dezember fallen. Ein weiteres Urteil gegen den NSU-Helfer Carsten S. wurde bereits zuvor rechtskräf­tig.

Die Frankfurte­r Rechtsanwä­ltin und Opfervertr­eterin Seda BasayYildi­z zeigte sich erleichter­t über die rechtskräf­tige gewordene Verurteilu­ng Zschäpes. Im „schlimmste­n Fall“hätte es passieren können, dass Zschäpe frei komme, sagte Basay-Yildiz am Donnerstag in Frankfurt der Deutschen Presse-Agentur. Doch nun sei das Urteil „Gott sei Dank“rechtskräf­tig. Auch ihre Mandanten seien erleichter­t. Basay-Yildiz hatte als Nebenklage­anwältin Angehörige des ersten NSU-Mordopfers vertreten. Der Blumenhänd­ler Enver Simsek aus Schlüchter­n im Main-KinzigKrei­s war im Jahr 2000 in Nürnberg erschossen worden.

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FOTO: MICHAELA REHLE/AFP Beate Zschäpe muss lebenslang in Haft – dieses Urteil hat der Bundesgeri­chtshof bestätigt.

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