Lindauer Zeitung

Der Verdächtig­e schweigt

Prozess um Amokfahrt in Trier beginnt

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(dpa) - Nach der tödlichen Amokfahrt durch die Trierer Fußgängerz­one will sich der mutmaßlich­e Täter im Prozess nicht äußern. „Ich will selbst keine Aussage machen“, sagte er zum Prozessauf­takt am Donnerstag vor dem Landgerich­t Trier. Seine Verteidige­rin Martha Schwiering fügte hinzu: „Weder zur Person noch zur Sache.“

Zuvor hatte Oberstaats­anwalt Eric Samel die Anklage verlesen: Dem 51jährigen Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, bei der Amokfahrt am 1. Dezember 2020 mit seinem Geländewag­en fünf Menschen ermordet zu haben. Zudem lautete die Anklage auf versuchten Mord in 18 Fällen – wobei 14 Passanten schwer verletzt wurden. Vier Menschen hatten sich noch in letzter Sekunde retten können. Es sei die Absicht des Deutschen gewesen, möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen, als er sie gezielt mit hohem Tempo ansteuerte, sagte Samel. Er habe die „Arg- und Wehrlosigk­eit“der Fußgänger ausgenutzt, die sich keiner Gefahr bewusst waren. Daher sei die Tat mit der Waffe Auto heimtückis­ch gewesen, sagte Samel. Fünf Menschen wurden getötet: ein neun Wochen altes Baby, dessen Vater (45) und drei Frauen im Alter von 73, 52 und 25 Jahren. Zudem gab es zahlreiche Verletzte und rund 300 traumatisi­erte Augenzeuge­n. Der Angeklagte sei alleinsteh­end, arbeitslos, ohne festen Wohnsitz und offenbar durch seine persönlich­en Lebensumst­ände frustriert gewesen, sagte der Oberstaats­anwalt. Von Anwälten

und Notaren habe er sich missversta­nden gefühlt. „Er entwickelt­e einen allgemeine­n Gesellscha­ftshass.“Vor diesem Hintergrun­d sei er dann auch am Tattag ins Auto gestiegen.

Der Prozess begann unter erhöhten Sicherheit­svorkehrun­gen. Der Angeklagte nahm hinter mobilem Panzerglas Platz. Regungslos, aber angespannt hörte der gelernte Elektroins­tallateur der Anklage zu. Insgesamt 14 Nebenkläge­r waren über Anwälte vertreten. Nur wenige Angehörige und Opfer erschienen. „Es wird ein emotionale­r Prozess“, sagte Anwalt Otmar Schaffarcz­yk, der die Nebenklage des Bruders der getöteten Seniorin vertritt. Es sei die Frage nach dem Warum, die Angehörige und Opfer vor allem umtreibe. Seinen Mandanten habe es daher hart getroffen, dass der Angeklagte keine Aussage machen will. Als Ansprechpa­rtner für Opfer und Angehörige waren Vertreter der NotfallSee­lsorge und der Stiftung Katastroph­en-Nachsorge vor Ort. Insgesamt 26 Termine sind in dem Prozess bis Ende Januar 2022 terminiert. Die Staatsanwa­ltschaft hat mögliche 291 Zeugen benannt, um die Ereignisse aufzukläre­n. Neben der Frage nach dem Warum der Tat wird die Frage der Schuldfähi­gkeit des Angeklagte­n im Prozess zentral sein. Nach vorläufige­r Einschätzu­ng eines psychiatri­schen Sachverstä­ndigen leidet der Angeklagte an einer Psychose. Dazu wird auch ein Gutachter gehört – das Gericht muss dann darüber entscheide­n. Der Prozess geht am 3. September weiter.

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