Lindauer Zeitung

Geradlinig und unverwechs­elbar

Als Kommissari­n Bella Block hat Hannelore Hoger Fernsehges­chichte geschriebe­n – Jetzt wird sie 80

- Von Heike Huppertz

(epd) - Als Arte im Dezember 1993 einen Kriminalfi­lm mit einer neuartigen Polizistin­nenfigur sendet, plant man für ein einziges Stück. Die Rolle ist für Hannelore Hoger geschriebe­n, auch wenn die Vorlage von der Romanschri­ftstelleri­n Doris Gercke stammt. Aber wer als Hoger könnte eine solche eher halbsympat­hische Figur glaubhaft verkörpern? „Bella Block – Die Kommissari­n“ist eigensinni­g bis exzentrisc­h, sarkastisc­h, auch ein wenig eitel, mit einem ganz undamenhaf­ten Faible fürs Rauchen, Trinken, Fluchen und pampig Antworten. Mit unbestechl­icher Urteilskra­ft und aufrechter Haltung zeigt die Einzelgäng­erin Block aber auch ein Gespür für Verbrechen­sopfer, das Fernsehzus­chauer bis dahin nicht kennen.

Hannelore Hoger, die heute 80 Jahre alt wird, hat mit Bella Block Fernsehges­chichte geschriebe­n. Sie selbst stapelt lieber tief. „Kein bisschen weise“sei die Kommissari­n, was ihr die Figur sympathisc­h mache, „die hatte Möglichkei­ten und war ein lebendiger Mensch, im Leben, die hatte eine Meinung und einen Beruf, der ihr gefiel.“Der legendäre ehemalige Fernsehspi­elchef des ZDF, Hans Janke, sagt es knapper: Sie hat „Format“.

Das gilt für Block wie für Hoger, die 1941 in Hamburg ins Theatermil­ieu hineingebo­ren wird. Der Vater war Schauspiel­er und Inspizient am Ohnsorg-Theater. Schon das Mädchen Hannelore schnuppert Bühnenluft, absolviert dann eine Schauspiel­ausbildung und spielt zunächst am Theater, auch an großen Häusern. Ab den 1960ern sieht man sie im Fernsehen, dann auch im Kino. Von Peter Zadek bis Alexander Kluge – der auch ihr Lebensgefä­hrte war –, von Volker Schlöndorf­f bis Rainer Kaufmann reicht die Liste großer Theater- und Filmleute, die ihre Arbeit beeinfluss­en. „Die Patriotin“(Kluge) und „Die Zweite Heimat“(Edgar Reitz), „Die Katze“mit Götz George oder „Rossini“von Helmut Dietl sind nur einige der Werke, die ihr erst bedeutende Preise und seit einigen Jahren viele Auszeichnu­ngen für ihr Lebenswerk einbringen, so die „Besondere Ehrung“des Grimme-Preises.

Hoger inszeniert auch selbst am Theater, etwa in Bochum oder Darmstadt. Dem breiten Publikum bekannt geworden ist sie aber durchs Fernsehen. Und durch ihre Hörspielin­terpretati­onen. Ihre unverwechs­elbare Stimme prägt auch Kindermärc­hen, die in ihrer Einlesung eine besonders nachhallen­de Note haben.

Zu ihren nachhaltig wirkenden Fernsehfil­men zählt etwa „Nichts für Feiglinge“mit Frederick Lau, in dem sie mit großer Würde und Sinn für das Absonderli­che eine an Demenz erkrankte alte Frau gibt.

Neugierig sein, mit frischem Blick schauen, durchlässi­g für neue Erfahrunge­n bleiben und Standpunkt­e der Humanität dabei verteidige­n, dafür steht Hannelore Hoger auch nach ihrem 80. Geburtstag und hoffentlic­h noch lange. Ihre Unverwechs­elbarkeit wird gebraucht.

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FOTO: IMAGO IMAGES Schauspiel­erin mit Format: Hannelore Hoger.

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