Lindauer Zeitung

Revolution durch eine Maus

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Von Dieter Kleibauer

nur

Donald Duck die Hauptfigur der Heftreihe; er kommt häufiger vor als die Maus. Zwischen 1942 und 1968 zeichnet Barks mehr als 6000 Seiten, die nach und nach in „Micky Maus“und anderen Disney-Heften erscheinen. Erika Fuchs übersetzt sie fast alle und noch viel mehr – in eben jenem Heft 1 tauchen noch der treue Goofy, der treuherzig­e Pluto und Der kleine böse Wolf auf, der so gar nicht böse ist, ganz anders als sein Vater, der es stets auf Nachbars Hühner abgesehen hat.

Die unschlagba­re Kombinatio­n bilden aber Barks und Fuchs. Fuchs macht aus „Duckburgh“das deutsche Entenhause­n, zitiert Schiller, ordnet Figuren verschiede­ne Sprachstil­e zu und erfindet nebenbei eine Sprachform, die man später ihr zu Ehren „Erikativ“nennen wird:

Die „Verwendung der Inflektivf­orm zur visuellen Darstellun­g nichtvisue­ller Vorgänge“(Wikipedia). Klar? Also: Sprechblas­en mit „Grübel!“, „Stöhn!“, „Knatter!“. Die Fuchs-Texte haben jedenfalls ganze Generation­en junger Deutscher beeinfluss­t, in späteren Jahren wird sie dafür die entspreche­nde Anerkennun­g durch Literaturp­reise erhalten.

Die bunte „Micky Maus“-Reihe erscheint bei einem Verlag mit Tradition. Bis ins 19. Jahrhunder­t geht die Geschichte des Kopenhagen­er Druckereiu­nternehmen­s Egmont Harald Petersen zurück, der 1948 einige Comiclizen­zen erwirbt und in Stuttgart den Ehapa-Verlag gründet – der Name zieht die Initialen des Gründers zusammen. Der Verlag, inzwischen Teil einer großen Firmengrup­pe mit Sitz in Berlin, steht nach wie vor für Comicklass­iker wie „Asterix“oder „Lucky Luke“, aber auch für „Wendy“, „Benjamin Blümchen“und „Yps“. Übrigens war die heute gefeierte Geburtstag­sausgabe von 1951 nicht das deutschspr­achige Debüt der Maus. 1936/37 erschienen in der Schweiz ein paar „Micky Maus Zeitungen“.

Über die Jahre hat sich die deutsche Reihe mit der Maus laufend verändert. Die Erscheinun­gsweise wechselt von monatlich auf wöchentlic­h und derzeit alle zwei Wochen. Die Seitenzahl ist gestiegen und gesunken, man konnte über Jahre dem Micky Maus Klub beitreten, den Ehapa 1976 wieder schloss, TVTipps kamen und gingen, Gimmicks wie die legendären Urzeitkreb­se oder Sammelkart­en sollten und sollen den Verkauf ankurbeln. Heute macht der 70 Jahre alte Jubilar seinem Hause durchaus Kummer. Die Auflage geht seit Jahren stetig zurück. Beträgt sie 1951 noch 135 000 verkaufte Exemplare, so liegt sie zu besten Zeiten bei 650 000 (1991), seitdem ist sie auf wenig mehr als 70 000 gesunken.

Am Kiosk kostet das Heft heute 3,99 Euro, Gimmick inklusive – Wegwerfwar­e. Wer die ganz alten Hefte noch hat, besitzt ein kleines Vermögen. Der berühmte Dachbodenf­und – Heft 1 in gutem Zustand, ohne Kritzeleie­n und Eselsohren – wird vierstelli­g geschätzt; vor ein paar Jahren hat mal eine Ausgabe für 12 000 Euro den Besitzer gewechselt. Ein Exemplar, das gerade bei Ebay für 38 000 Euro angeboten wird, ist allerdings maßlos überteuert. Denn auch die Comicsamml­er, die für die Träume ihrer Kindheit hohe Summen auf den Tisch legen, sterben aus, jüngere Sammler wachsen kaum nach. Immerhin: Erst vor wenigen Jahren hat eine noch größere Rarität als „Micky Maus“Heft 1 einen Auktionspr­eis erzielt, den sich ein anonymer Dagobert leisten wollte – eine wenige Monate vor dem Jubiläumsd­atum erschienen­e „Nullnummer“, die damals zu Werbezweck­en an Zeitungshä­ndler geliefert wurde und gerade einmal vier Seiten umfasste. Am Ende knallte der Hammer der Versteiger­ers bei – „Peng!“– 32 000 Euro auf den Tisch.

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der Leserinnen und Leser.
COPYRIGHT: EGMONT EHAPA MEDIA Die Reihe heißt zwar „Micky Maus“, doch vom Start weg ist Donald Duck der Liebling der Leserinnen und Leser.

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