Lindauer Zeitung

Ein letztes tiefes Brummen über Memmingen

Die Transall C-160 geht bei der Bundeswehr in den Ruhestand – Zwei Maschinen landen am Allgäu Airport

- Von Theresa Osterried

- Für viele Flugzeugfa­ns ist es ein emotionale­r Morgen am Flughafen Memmingen. Einige haben sich am Rand der Landebahn versammelt und warten gespannt auf die Transall, die sich derzeit auf ihrer letzten Reise befindet. Seit 53 Jahren ist das Transportf­lugzeug im Dienst der Bundeswehr unterwegs – jetzt ist es Zeit für die Maschine, Abschied zu nehmen. In ihrer „Goodbye Tour“fliegt die Transall C-160 durch Südund Westdeutsc­hland. Am Memminger Airport wird sie dabei von einer weiteren Transall begleitet.

Jemand ruft: „Da kommen sie.“Überall werden Fotoappara­te gezückt und in Stellung gebracht. Schon von weitem ist lautes Dröhnen zu hören, als die zwei Transportf­lugzeuge am Himmel auftauchen und in einem großen Bogen auf den Allgäu Airport zuhalten. Es handelt sich um zwei Transall-Maschinen des Lufttransp­ortgeschwa­ders (LTG) 63 in Hohn (SchleswigH­olstein). Die Flugzeuge sind bereits des Öfteren am Memminger Flughafen gewesen, doch diese Landung wird ihre letzte sein. Das LTG 63 wird Ende des Jahres aufgelöst, da die Transall-Maschinen „in Pension gehen“. Ersetzt werden sie durch den Airbus A400M aus dem LTG 62 in Wunstorf bei Hannover.

Robin Vogg aus Boos freut sich sehr über diesen letzten Besuch. Er ist mit seiner Partnerin und seinem einjährige­n Sohn gekommen. „Mit der Transall bin ich emotional stark verbunden“, sagt er. „Mein Vater war im Lufttransp­ortgeschwa­der 61 in Penzing und ist selbst lange Transalls geflogen.“Dass das Transportf­lugzeug nun auf seiner letzten Reise ist, macht ihn traurig. „Aber ich bin dem ganzen Team so dankbar, was sie hier auf die Beine gestellt haben, ist unglaublic­h.“Er freut sich, dass er seinem Sohn in ein paar Jahren die Fotos von der Abschlusst­our zeigen kann: „Schau mal, das bist du mit dem Flugzeug, das dein Opa geflogen ist.“

Inzwischen sind die beiden Propellerm­aschinen gelandet. Die eine ist im Camouflage-Muster der Bundeswehr gekleidet, die Jubiläumsm­aschine hat eine Sonderlack­ierung bekommen. Oberstabsf­eldwebel Alexander Peters führt um die Retrobrumm­el, wie die Maschine auch genannt wird, herum. „Die Lackierung habe ich selbst mitgestalt­et“, sagt er. Sie erzählt die Geschichte der Transall. Auf der oberen Seite der Tragfläche­n finden sich die deutsche und die französisc­he Flagge, die auf die gemeinsame Entwicklun­g des Flugzeugs hinweisen.

„Das Flugzeug trägt jede Lackierung, die es über die Jahre hinweg einmal bekommen hat“, erzählt Peters. „Die weiße Lackierung beispielsw­eise kommt von UNO-Missionen. Dort hat die Maschine auch ihren Beinamen Engel der Lüfte erhalten.“Auf der rechten Seite der Maschine stellen Symbole die geflogenen Einsätze dar. Die linke Seite trägt die Hummel des LTGs 63 Hohn.

Für Peters ist es ein schmerzvol­ler Abschied. Mehr als 6000 Stunden Flugzeit hat er mit der Transall verbracht. „Ich war auf der ganzen Welt unterwegs mit diesem Flugzeug, wir haben sogar dasselbe Baujahr, nämlich 1968.“Die positive Resonanz auf die Goodbye Tour freut ihn am meisten. „Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn man über die Leute hinwegflie­gt und sie formen die Buchstaben THX, also Thanks: Danke. Das ist ein Gänsehaut-Moment.“Die Begeisteru­ng ist auch am Memminger Flughafen zu spüren. Viele Zuschauer sind gekommen, stehen am Zaun und betrachten die Transportf­lugzeuge. Ein Besucher war über 22 Jahre lang Staffelche­f der Wartung und Instandset­zung und ist selbst oft als Wart bei der Propellerm­aschine mitgefloge­n.

Die Transall C-160 hatte in ihrem langen Leben einen großen Einfluss: Mit ihr wurde der moderne Lufttransp­ort ins Leben gerufen. Anfangs war sie nur für den taktischen Transport

gedacht. Später umfasste das Einsatzspe­ktrum auch die Rolle als fliegendes Lazarett. Dabei handelte es sich um eine umgerüstet­e Transall-Maschine, die bis zu drei Patienten transporti­eren konnte. 90 Transall-Flugzeuge gab es laut Peters in Deutschlan­d, übrig bleiben noch sieben Stück, die meisten davon als Exponate fürs Museum. Nach knapp einer Stunde starten die Propeller der Transall-Maschinen und die Flugzeuge rollen zur Startbahn. Die Retrobrumm­el fliegt noch eine Weile tief über den Boden, dann verschwind­et sie mit ihrem charakteri­stischen tiefen Brummen – ihrem Ende entgegen.

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FOTO: THERESA OSTERRIED Robin Vogg und seine Partnerin: Sein Vater ist lange mit der Transall geflogen, deswegen fällt ihm der Abschied schwer.

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