Lindauer Zeitung

Tettnanger Bäcker Bär wirft Kunden ohne Maske raus

Tourist kommt ohne Maske ins Geschäft – Das führt zur Eskalation und zu Anzeigen

- Von Mark Hildebrand­t

- Als „unfassbar bösen Bäcker“würde Tobias Bär sich selbst nicht sehen. Er ist Juniorchef der Bäckerei Bär in der Montfortst­raße. Eine der 157 Rezensione­n bei Google weist ihn aber als solchen aus. Dahinter steckt eine Geschichte, die in gegenseiti­ge Anzeigen wegen Beleidigun­g gemündet ist. Das ist passiert.

Torsten Marx aus Radebeul ist mit seiner Familie vor Kurzem als Tourist am Bodensee gewesen. Er betrat Anfang August mit seinen zwei Kindern die Bäckerei Bär ohne Maske. Schilder an der Tür weisen auf die Maskenpfli­cht hin. Tobias Bär schildert die Situation so, dass er gesagt habe: „Wenn Sie bitte die Maske aufsetzen.“Er müsse das nicht, habe Marx gesagt, er habe ein Attest.

Bär sagt, er habe auf sein Hausrecht verwiesen und den Kunden dann im Rahmen eines kleinen Wortgefech­ts heraus befördert, indem er

TRAUERANZE­IGEN sich ihm genähert habe. Der Kunde habe ihm im Zurückweic­hen die Wange hingehalte­n und habe geäußert: „Schlagen Sie mich doch.“Auch habe Marx in dem Moment geäußert, dass früher schon einmal bestimmte Menschen ausgegrenz­t worden seien. Im Kern bestätigt das auch Tobias Marx am Telefon gegenüber der

„Schwäbisch­en Zeitung“, äußert aber, dass Bär bereits von Anfang an sehr robust aufgetrete­n sei.

Ob das Attest echt sei oder nicht, könne er nicht feststelle­n, sagt Bär. Das habe ihn auch nicht interessie­rt. Er verweist auf die räumlich besonders enge Situation in seiner Bäckerei und auf die klare Maskenpfli­cht in den Räumen. Darauf weisen in der Tat zahlreiche Schilder am Fenster neben der Eingangstü­r hin. Auch in der Antwort auf die negative GoogleBewe­rtung nennt Bär „den Gesundheit­sschutz meiner Mitarbeite­r und anderer Kunden“als ausschlagg­ebend. Er habe da ja einfach eine Verantwort­ung, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der NS-Vergleich habe letztlich das Fass zum Überlaufen gebracht, schildert Bär.

Torsten Marx verweist auf seine Asthma-Erkrankung, und dass das Attest in seiner sächsische­n Heimat in der Vergangenh­eit immer wieder anerkannt worden sei. Hier habe er gar nicht die Möglichkei­t gehabt, das vorzuzeige­n. Er habe dann auch die Polizei gerufen, weil er sich diskrimini­ert gefühlt habe. Die Emotionen seien hochgekoch­t. Er bestätigt auch im Gespräch, dass er Ereignisse wie diese sehr wohl mit der NS-Zeit vergleicht. Das gab dann für Bär nach einem späteren Telefonat mit Marx den Ausschlag, die Anzeige nicht zurückzuzi­ehen, da Marx nicht davon zurückgewi­chen sei. „Das ist eine Grenze, die jemand bewusst überschrei­tet“, sagt Bär.

Tobias Bär sagt: „Wir diskrimini­eren niemanden.“So finde man auch Wege, wenn beispielsw­eise jemand im Rollstuhl die Treppen nicht hochkommen könne. Und wenn jemand seine Maske wirklich vergessen habe, könne man in absoluten Ausnahmefä­llen auch kurz die Sachen raus bringen. Was ihn trifft, ist zum einen die Eskalation, zum anderen aber der historisch­e Rückbezug in die NSZeit. Hier sei er „schockiert“, so schildert er es auch in seiner Antwort auf die Google-Bewertung von Marx. Und damit sei für ihn auch eine Grenze überschrit­ten gewesen.

Eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Ravensburg äußert sich so, dass es laut der zum Zeitpunkt des Vorfalls gültigen Verordnung als auch in der gültigen vom 16. August eine grundsätzl­iche Pflicht zum Tragen einer medizinisc­hen Maske gebe. Ausnahmen habe die Verordnung im privaten Bereich, im Freien bei Abständen über 1,50 Metern und bei Kindern bis zu einem Alter von sechs Jahren, außerdem für Personen mit ärztlichem Attest.

Generell gelte: Wenn der Kunde keine Maske trage, könne der Händler den Kunden auf sein Fehlverhal­ten hinweisen und ihm gegebenenf­alls ein Hausverbot ausspreche­n. Im aktuellen Fall sei es so, dass die Polizei wegen wechselsei­tiger Beleidigun­g ermittle. Die Durchsetzu­ng des Hausrechts obliege dem Polizeivol­lzugsdiens­t. Die Zahl der Verstöße gegen die Maskentrag­epflicht in Geschäftsr­äumen werde nicht explizit erfasst, im Monat Juli beispielsw­eise seien 50 Fälle beim Polizeiprä­sidium Ravensburg verzeichne­t. Im Großteil der Fälle reiche eine mündliche Ermahnung aus.

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FOTO: HIL Tobias Bär im Eingang der Bäckerei Bär in der Montfortst­raße. Schilder weisen auf die Regeln im Geschäft hin.

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