„Landshut“-Aktivist kritisiert die neuen Herren des Fliegers
„Geschichtspolitisch zahnlos“lautet einer der Vorwürfe an die Bundeszentrale für politische Bildung und an das Friedrichshafener Rathaus
- „Befremdlich“nennt „Landshut“-Aktivist Martin Rupps den Umgang der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit der historischen Lufthansa-Maschine. In einem Brief an Innenminister Horst Seehofer (CSU) kritisiert er vor allem bpb-Chef Thomas Krüger, aber auch Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand. Die Kritik bleibt allerdings nicht unwidersprochen.
Martin Rupps ist in der Causa „Landshut“alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Der Historiker und SWR-Journalist aus Mainz beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der 1977 von linken Terroristen entführten und dann von der GSG 9 in Mogadischu befreiten Maschine. Er steckt maßgeblich hinter der Idee, das Flugzeugwrack aus Brasilien zurück nach Deutschland zu holen und zum Kernstück eines Museums zum Deutschen Terrorherbst zu machen.
Zunächst hatte das Häfler Dornier-Museum den Zuschlag für das
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Projekt erhalten. Über Geld, Zuständigkeiten und Befindlichkeiten gerieten sich die Akteure aber gewaltig in die Haare. Seit 2017 steht die „Landshut“deshalb ungenutzt in einem Hangar beim Flughafen.
Bewegung kam in die Sache, als der Biberacher SPD-Abgeordnete Martin Gerster via Beschluss im Haushaltsausschuss des Bundestags durchgesetzt hat, dass die bpb sich um das Thema kümmert, ausreichende Budgetzusage inklusive. Mit dem, was die Bundeszentrale aus dem Projekt macht, ist „Landshut“Aktivist Rupps mehr als unzufrieden. Jetzt hat er seinen Ärger in einen Brief an den für die bpb zuständigen Innenminister Seehofer gepackt. Das Schreiben liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor.
Rupps spricht davon, dass der Umgang der bpb mit der „Landshut“ehemalige Geiseln und Befreier „befremdet“. Konkret kritisiert er, dass der vormalige Treiber des Projekts vor Ort, der Ex-Chef des DornierMuseums, David Dornier, „ausgebootet“worden sei. Der hatte dem
Projekt ein Grundstück in der Nähe des Museums angeboten.
Rupps behauptet, dass OB Brand eine gedeihliche Zusammenarbeit mit der bpb davon abhängig gemacht habe, dass Dornier im Projekt keine Rolle mehr spiele. Zugleich habe er den Kauf eines Flughafen-Grundstücks nahegelegt.
Das Rathaus will die Vorwürfe nicht kommentieren, die bpb schreibt: „Das ist uns nicht bekannt.“Man stehe mit vielen Akteuren im Austausch. David Dornier sagt, dass seit Mai „Sendepause“sei. Weder per E-Mail noch per Telefon gelinge die Kontaktaufnahme. „Das ist schon sehr enttäuschend“, so Dornier.
Rupps kritisiert weiter, dass die „Landshut“nicht restauriert werden soll. Genau deshalb habe man sie „für sehr viel Steuergeld“nach Deutschland geholt. Jetzt aber solle kein Museum, sondern ein Ort der politischen Bildung geschaffen werden. „Eine Art Volkshochschule etwa?“, fragt Rupps. Nur mit einem Flugzeug im Originalzustand ließen sich die Qualen im Jahr 1977 nachvollziehen.
Nach Auskunft der Bundeszentrale soll rund um die „Landshut“„ein Dokumentations- und Bildungszentrum“entstehen, ein „Lernort der historisch-politischen Bildung, der die Thematik zielgruppengerecht, partizipativ und unter Einsatz zeitgemäßer Ausstellungsformate umsetzt“. Die bpb nehme „die komplexe Objektgeschichte“ernst und werde die verschiedenen Zeit- und Materialschichten der „Landshut“auch als diese würdigen. Man könne die Maschine aber nicht einfach in einen „Originalzustand“von 1977 zurückversetzen. Bei einer solchen Rekonstruktion würde es sich „sowohl aus restauratorischer als auch aus geschichtsdidaktischer Sicht lediglich um die Simulation einer vermeintlichen Authentizität handeln“, schreibt die bpb.
Auf Unverständnis bei Martin Rupps stößt die Entscheidung, die Referentenstelle für das „Landshut“Projekt in Bonn anzusiedeln und nicht in Friedrichshafen. Zudem werde der Vorschlag, eine bpb-Außenstelle am See zu eröffnen nicht aufgegriffen. Laut Bundeszentrale ist Bonn der zuständige Dienstsitz. Der Hauptsitz ist in Berlin, Außenstellen gibt es in Bonn und in Gera. Man arbeite „immer wieder an verschiedenen Stellen im Bundesgebiet und mit lokalen Partnern, ohne dann dort eigene Dienststellen aufzubauen“.
Rupps kritisiert weiter, dass der Gesprächsfaden zu Geiseln, Befreiern und den Mitgliedern des ehemaligen wissenschaftlichen Beirats, dem er selbst angehörte, gerissen sei.
Er vermutet, dass das „Landshut“Konzept hinter verschlossenen Türen erarbeitet werden soll und befürchtet eine „geschichtspolitisch zahnlose Darstellung“. Die bpb schreibt, man könne nicht pauschal sagen, wie Betroffene eingebunden würden. Gespräche mit Zeitzeugen und eine „pädagogisch begleitete Begegnung mit ihnen im Rahmen von Zeitzeugengesprächen“seien aber ein Instrument der politisch-historischen Bildung.
Man prüfe, „wie sie adäquat zum Einsatz kommen können“. Schließlich behauptet Rupps, dass bpb-Präsident Thomas Krüger den regionalen Unterstützerkreis für ein „Landshut“-Museum ausgebremst und die Gründung eines Fördervereins abgelehnt habe. Stimmt nicht, sagt die bpb. Stimmt nicht, sagt auch SPDKreisrat Norbert Zeller, der den Unterstützerkreis gemeinsam mit Landrat Lothar Wölfle (CDU) gegründet hat. Man sei im Austausch mit der Bundeszentrale, die Gründung eines Fördervereins werde nach wie vor erwogen. Das Innenministerium reagiert auf das Schreiben Rupps’ öffentlich zurückhaltend. Man werde „im Rahmen der Fachaufsicht über die bpb“regelmäßig über den Stand des Projektes informiert. Auch im Ministerium teilt man die Ansicht, dass die Maschine nicht in den Originalzustand „zurückversetzt“werde.
Eine Würdigung der „Objektgeschichte der ,Landshut’“sei ebenso wie „die Einbindung von Betroffenen, Zeitzeugen oder weiteren Wissenschaftlern Teil der weiteren konzeptionellen Ausgestaltung des Projektes, die noch nicht abgeschlossen ist“.