Lindauer Zeitung

Facebook-Post bringt Frau vor Gericht

Persönlich­en Frust wegen der Corona-Maßnahmen lässt Richter nicht als Alibi gelten

- Von Claudia Bischofber­ger

- Weil sie mit einer Nachricht auf der Internetpl­attform Facebook Menschen zu Straftaten aufgeforde­rt hat, so der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft, musste sich eine junge Frau jüngst vor dem Amtsgerich­t in Wangen verantwort­en. Dass sie persönlich­en Frust über die Corona-Maßnahmen anführte, ließ der Richter nicht gelten und verhängte eine Geldstrafe.

„Corona-Tests sollen aufgegriff­en und zerstört werden, Politiker sollen eliminiert werden“, so habe der Tenor des Facebook-Posts gelautet war in der Gerichtsve­rhandlung zu vernehmen. Die Staatsanwa­ltschaft sah darin eine Aufforderu­ng an die Öffentlich­keit, rechtswidr­igen Taten zu begehen.

„Ich habe den Post kopiert, bevor ich ihn zu Ende gelesen habe“, sagte die Angeklagte nun vor Gericht. Dabei habe sie nie die Absicht gehabt, irgendjema­nden zu einer Straftat aufzuforde­rn. Sie habe den Text gedankenlo­s in die Kommentarf­unktion kopiert, weil sie zu dem Zeitpunkt aufgrund der Corona-Maßnahmen sehr frustriert gewesen sei. Zum einen, weil sie ihren Tanzunterr­icht, den sie nebenberuf­lich erteilte, wegen des Lockdowns unterbrech­en musste. Zum anderen sei sie überaus besorgt wegen ihres kranken Onkels gewesen, dessen OP aufgrund von Corona ständig verschoben worden sei.

Ein Kriminalha­uptkommiss­ar, der mit dem Fall betraut war, berichtete, die Meldung sei am Abend des 29. Oktobers des Vorjahres vom Bundesamt für Verfassung­sschutz gekommen. Diese schickten den Screenshot der Nachricht an die Polizei Ravensburg. Als die Beamten am nächsten Morgen die junge Frau in ihrer Wohnung aufsuchten, sei sie sehr überrascht, ja sogar schockiert gewesen, beschrieb der Polizist. „Ich glaube, sie war sich der Tragweite ihrer Tat nicht bewusst“, sagte der Beamte im Gericht aus. Der Post sei noch in der Nacht gelöscht geworden, also nur wenige Stunden im Netz gewesen. Ob die hetzerisch­e Nachricht als Kommentar oder direkt im Profil der Angeklagte­n stand, vermochte der Polizist dem Richter nicht zu beantworte­n.

Der Verteidige­r der jungen Frau beantragte noch vor den Plädoyers aufgrund der kurzen Verweilzei­t des Posts im Internet, das Verfahren einzustell­en. Doch damit war der Staatsanwa­lt nicht einverstan­den. In seiner Ansprache machte er klar, dass der Text definitiv gepostet wurde. Als Beweis dafür habe man auch den Screenshot. „Die Angeklagte hat sich den Post zu eigen gemacht, um das Volk zum Widerstand aufzurufen“, so der Staatsanwa­lt.

Jedoch hielt er der jungen Frau zugute, dass sie keineswegs bestritten habe, dass es sich um ihren Post handle. Dass die Nachricht bald gelöscht wurde, sei auch einer gewissen Unbedachth­eit zuzuschrei­ben. Der Staatsanwa­lt plädierte auf eine Geldstrafe.

Der Verteidige­r betonte einmal mehr, dass seine Mandantin aus einer Unzufriede­nheit heraus impulsiv gehandelt, jedoch ihren Fehler schnell bemerkt habe. Nach wie vor empfand der Anwalt einen Freispruch, höchstens aber eine Geldstrafe, für angemessen.

„Es ist eine öffentlich­e Aufforderu­ng zu Straftaten und Sie hatten keine Kontrolle darüber, wer das liest“, erklärte der Richter, nachdem er sein Urteil gefällt hatte. Er hielt der Angeklagte­n vor, sie habe die CoronaMaßn­ahmen auf ihre persönlich­en Verhältnis­se bezogen und in ihrem Groll dann öffentlich zu recht heftigen Straftaten aufgeforde­rt. Doch er sah auch, dass das Blatt ihrer Vorstrafen leer und die Angeklagte geständig war. Daher empfand er eine Geldstrafe von 50 Tagessätze­n zu 60 Euro als angemessen.

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FOTO: VOLKER HARTMANN/DPA Wegen eines Kommentars auf Facebook verhängt der Richter am Amtsgerich­t in Wangen eine Geldstrafe.

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