Bislang nur rund 140 afghanische Ortskräfte evakuiert
Außenminister Maas sucht bei Verhandlungsreise Unterstützung für weitere Rettung auf dem Landweg
(AFP) - Mit den letzten Evakuierungsflügen aus Kabul endet am Dienstag nach knapp 20 Jahren der Militäreinsatz der USA in Afghanistan. Auch die letzten Stunden der Luftbrücke lagen unter extremer Anspannung: Am Montagmorgen wurden Raketen auf den Flughafen in Kabul abgefeuert. Außenminister Heiko Maas (SPD) lotete derweil bei den Nachbarn Afghanistans Möglichkeiten aus, auch weiterhin schutzbedürftige Menschen aus Afghanistan herauszuholen.
Die Machtübernahme der radikal islamischen Taliban vor gut zwei Wochen hatte Afghanistan ins Chaos gestürzt. Über die von den USA koordinierte Luftbrücke konnten seit dem 14. August gut 116 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden.
Am Montagmorgen wurden Raketen auf den Flughafen in Kabul abgefeuert, doch wurden die Geschosse nach Angaben der Taliban vom Raketenabwehrsystem am Flughafen zerstört. Das Weiße Haus bestätigte den Vorfall und teilte mit, die Evakuierungsmission laufe ohne Unterbrechung weiter. Bei einem US-Drohnenangriff wurde später ein Auto zerstört, von dem aus die Raketen vermutlich abgeschossen worden waren. Der regionale Ableger der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“in Afghanistan (IS-K) bekannte sich zu der Attacke auf den Flughafen – sowie zuvor zu dem verheerenden Selbstmordanschlag am Flughafen von Kabul am Donnerstag, bei dem mehr als hundert Menschen getötet wurden, darunter 13 US-Armeeangehörige.
Die Bundeswehr hat ihre Rettungsmission bereits beendet – wie auch die anderen westlichen US-Verbündeten. Allerdings befinden sich noch zahlreiche afghanische Ortskräfte mit westlichen Aufnahmezusagen sowie ausländische Staatsbürger in Afghanistan, darunter rund 400 Deutsche.
Maas führte am Montag Gespräche in Afghanistans Nachbarländern
Usbekistan und Tadschikistan, um die Möglichkeiten für Ausreisen aus Afghanistan auf dem Landweg zu prüfen. Usbekistan sei bereit, seine Grenzen für Deutsche, afghanische Ortskräfte und andere Schutzbedürftige
zu öffnen, sagte der Minister Bei seinem Besuch in Tadschikistan sagte Maas weitere Soforthilfen in Millionenhöhe für Geflüchtete aus Afghanistan zu. Zusätzlich zu den bereits zur Verfügung gestellten 100 Millionen Euro für Hilfsorganisationen, die Geflüchtete in den Nachbarländern unterstützen, sollen weitere 500 Millionen Euro an die betroffenen Nachbarstaaten gehen.
Bei den bisherigen Evakuierungsflügen wurden nach Angaben der Bundesregierung 138 afghanische Ortskräfte sowie 496 Familienangehörige nach Deutschland gebracht. Damit reisten 634 Menschen „mit Ortskräfte-Bezug“ein, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte.
Die Regierung kalkuliert inzwischen mit weitaus mehr Schutzsuchenden aus dieser Gruppe. Das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass die Gesamtzahl der Menschen mit Bezug zu Ortskräften bei mehr als 40 000 liegt.