Kunst in der Glühbirne im Heimatmuseum
Adalbert Emser ist Modellbaukünstler aus Leidenschaft und stellt in Hergensweiler aus
– Die Frage, ob er denn in seinem Beruf Chirurg war, verneint Adalbert Emser lachend: Wenn auch neben seinen selbst angefertigten Spezialwerkzeugen tatsächlich OP-Bestecke wie Zangen, Pinzetten, Skalpelle und OP-Scheren zum Einsatz kommen – Emser hat Dreher gelernt bei Maybach Motorenbau.
Eine Ausbildung, die dem Lindauer beim Planen, Schneiden, Schnitzen, Fräsen, Bohren, Drehen, Feilen, Biegen und Kleben für sein Hobby sehr nützlich sei: Der Lindauer ist Modellbaukünstler und baut seit über 60 Jahren Miniaturkunstwerke in Glühbirnen und Buddelflaschen. 34 seiner Kunstwerke in Miniatur und hinter Glas stellt er im Heimatmuseum in Hergensweiler aus, das bis Ende Oktober immer am 1. und 3. Sonntag des Monats geöffnet ist.
Alles was mit historischer oder moderner Mobilität zu tun hat, hat es ihm dabei besonders angetan. Der Ursprung aller Buddelschiffe sind die sogenannten Geduldsflaschen: Die ältesten Modelle dieser klitzekleinen Modellbaukunst sind vor gut 300 Jahren entstanden – damals gab es die ersten Glasbläsereien, die solche Flaschen herstellen konnten – und die vielleicht ersten Hobbykünstler bauten damals in der Regel religiöse Szenen in die Fläschchen.
Vor etwa 150 Jahren hat schließlich ein Matrose das erste Buddelschiff gebaut, erzählt Emser, der selbst auch auf Flohmärkten nach alten Buddelschiffchen und Geduldsflaschen sucht und diese bei Bedarf restauriert.
Adalbert Emser kann wie ein wandelndes Geschichtsbuch über seine Miniaturkunstwerke erzählen und über seine Arbeit daran plaudern. Beispielsweise wie genau der maßstabsgetreue Plan sein muss, den er für seine kleinen Kunstwerke braucht, und wie intensiv er alle Arbeitsschritte durchdenkt.
Denn wenn das Material mal drin ist, hat er natürlich nicht mehr viel Spielraum. Ein großer Teil der Vorbereitung liege in der Beschaffung des Baustoffs für seine Kunstwerke, die so authentisch wie möglich sein sollen.
Bei den Schiffen ist die Black Pearl ebenso zu finden,wie eine venezianische Galeere, der MississippiDampfer, auf dem Mark Twain gearbeitet hat, oder die Kontiki von Thor Heyerdahl. Bei den Flugzeugen gibt es beispielsweise die ersten Flugversuche von Otto Lilienthal und die Do-X im Kleinformat.
Sein persönliches Lieblingsmodell sei das Automobil von Carl Benz, in das er über 500 Arbeitsstunden investiert habe. „Die hauchfeinen Speichenräder
des Automobils haben mich schier an meine Grenzen gebracht. Sie haben einen Durchmesser von 40 Millimeter, und der Durchlass an der Fassung ist nur 34 Millimeter breit. Die Herstellung dieses Benz war eine schwere Geburt, und ich bin sehr stolz darauf.“
Seine ersten Werke baute er in Flaschen. Irgendwann entdeckte er die Glühbirne für sich, da diese besonders klares Glas besitze.
Viele seiner Kunstwerke hat er in alte Leuchtturmlampen gebaut, echte Raritäten, die er von der Küstenwache eines alten Leuchtturms in Stralsund ergattert habe. Diese seien besonders gut geeignet, weil sie einen kurzen Hals haben.
Wie kam Emser als Jugendlicher vor über 60 Jahren überhaupt zu dieser besonderen Art des Modellbaus? Er erzählt, dass er im Hauptschulwerkunterricht
mit 13 Jahren, ohne jede Anleitung, ein einfaches Oseberg-Rudersegelschiff in eine Flasche gebaut habe. Dafür heimste er die Bewunderung seiner Mitschüler und Lehrer ein. Das gefiel ihm.
Leider sei die Flasche vom Ausspülen noch feucht gewesen. Ein Fehler, der ihm heute nicht mehr passiert. Und so verschimmelte das Schiffchen nach zwei Jahren im Schulschaukasten. „Das fand ich sehr schade, also habe ich ein neues gebaut.“Dem folgten noch viele.
Adalbert Emser ist an den Öffnungstagen des Heimatmuseums in der Dorfstraße 20 in Hergensweiler vor Ort und berichtet von seiner Arbeit. Öffnungszeiten: 5. und 19. September, 3. und 17. Oktober, jeweils von 14 bis 16 Uhr.
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