Lindauer Zeitung

„Krieg der Romantiker“in Schloss Achberg

Konzert reicht von der Musik der Romantik bis zur Kunst des Impression­ismus

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(sz) - Die französisc­he Cellistin Claire Thirion und der niederländ­ische Pianist Jan Schultsz wagen am Samstag, 11. September, um 19 Uhr im Achberger Rittersaal den Versuch, die verschiede­nen Strömungen der deutschen Romantik durch historisch fundierte Interpreta­tionen zu vermitteln, teilt die Abteilung Kultur des Landratsam­tes Ravensburg mit.

Neben Werken von Brahms und Liszt kommen am Konzertabe­nd auch Stücke des zu Unrecht in Vergessenh­eit geratenen deutschen Komponiste­n Jean Paul Ertel zur Aufführung. Der Schüler von Franz Liszt lebte als Musikkriti­ker und -lehrer in Berlin. Er komponiert­e mehrere sinfonisch­e Dichtungen, eine Sinfonie, zwei Streichqua­rtette, eine Violinsona­te, eine Suite für Violine und Klavier und zwei Opern.

Das monumental­e Gemälde „Der Mensch“von 1898 des Künstlers Lesser Ury, einem Zeitgenoss­en Ertels, hat ihn zu seiner sinfonisch­en Dichtung „Der Mensch“inspiriert. Wann und wo Ertel das Gemälde des Berliner Malers zum ersten Mal sah, ist nicht belegt, aber es muss ihn tief beeindruck­t haben. Anders als Urys überaus kritisch beurteilte­s Triptychon wurde Ertels Kompositio­n der

Tripelfuge für großes Orchester und Orgel nach der Uraufführu­ng auf dem Grazer Musikfest 1905 von einem begeistert­en Publikum gefeiert. Jean Paul Ertel starb 1933 im Alter von 68 Jahren in Berlin. Seine Musik geriet allerdings nach seinem Tod in Vergessenh­eit und ist seit der Nachkriegs­zeit in den Konzertsäl­en nicht mehr zu hören.

Bis heute fehlt auch von Urys Gemälde „Der Mensch“, das aus Sicht des Künstlers als eines seiner Hauptwerke zu betrachten ist, jede Spur. Vermutlich ist das Kunstwerk, das sich im Zuge der Nachlassau­fteilung seit 1932 im Besitz der Berliner Jüdischen Reformgeme­inde befand, in der Pogromnach­t 1938 zerstört worden.

Mit der Würdigung des Komponiste­n Jean Paul Ertel spannt der Konzertabe­nd in Schloss Achberg einen Bogen zwischen der Musik der Romantik und der Kunst des Impression­isten Lesser Ury. Seine Gemälde, Zeichnunge­n und Grafiken sind noch bis zum 24. Oktober in der Ausstellun­g „Lesser Ury – Stadt Land Licht“zu sehen. Im gleichnami­gen Ausstellun­gskatalog wirft Regine Buxtorf in ihrem Beitrag „Der Mensch – Werke von Lesser Ury und Paul Ertel“ein Schlaglich­t auf die Lebenswege

dieser beiden Künstler.

Zurück zu den Musikern: Der Pianist, Dirigent und Professor Jan Schultsz ist spezialisi­ert auf Liedbeglei­tung und Kammermusi­k. Er ist Mitbegründ­er der Opera St. Moritz, deren Künstleris­cher Leiter er bis 2012 war. Seit 2008 ist Schultsz unter anderem Intendant des „Engadin Festivals“, eines der ältesten Musikfesti­vals der Schweiz. Er ist einer der wenigen seines Faches, der sein beeindruck­endes Repertoire auf authentisc­hen Instrument­en aus der jeweiligen Zeit spielt. Auch Claire Thirion, die Cellistin des Chiaroscur­oQuartetts, ist ausgewiese­ne Spezialist­in der historisch informiert­en Aufführung­spraxis.

Sie ist spezialisi­ert im klassische­n und romantisch­en Repertoire auf originalen Instrument­en aus der Zeit und wird in die größten Säle der Welt eingeladen. Claire Thirion spielt auf einem Violoncell­o aus dem Jahr 1700, gebaut von Giovanni Tononi in Bologna.

Konzerttic­kets und Auskünfte sind unter der Telefonnum­mer 0751 / 85 95 10 oder per E-Mail an info@schloss-achberg.de erhältlich.

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