Lindauer Zeitung

Geldsegen für Museumspäd­agogik

Durch Nachlass der Yunus-Stiftung und Rotaryclub kommen fast 100 000 Euro zusammen

- Von Christian Flemming

- Was tun mit dem Geld einer Stiftung, das so gut wie nie angetastet wurde? Diese Frage musste sich Fritz Joseph Seigerschm­idt in seiner Funktion als treuhänder­ischer Verwalter der Yunus-Stiftung stellen – und fand eine Antwort: Gemeinsam mit der Weihnachts­spende 2020 des Rotaryclub­s Friedrichs­hafenLinda­u flossen nun insgesamt 96 000 Euro in die Museumspäd­agogik im Cavazzen. Doch der Weg bis zur Spendenübe­rgabe war speziell.

Im Jahr 2008 fand die dritte Tagung der Wirtschaft­snobelprei­sträger statt. Dazu war der Friedensno­belpreistr­äger Muhammad Yunus eingeladen, der selbst Wirtschaft­swissensch­aftler ist und mit seinen Kleinkredi­ten an Frauen, vornehmlic­h in Bangladesc­h, für Aufmerksam­keit sorgte. Davon beeindruck­t, kam die damalige Oberbürger­meisterin Petra Seidl auf die Idee, eine Lindauer Bürgerstif­tung im Stile des Friedensno­belpreistr­ägers zu gründen, die Yunus gerne unterstütz­te. Der Gedanke hinter der Lindauer Yunus-Stiftung war damals, begabten jungen Leuten aus ärmeren Ländern wie Bangladesc­h den Schulbesuc­h, ein Studium oder eine andere Ausbildung zu ermögliche­n, um diesen „die Chance auf ein menschenwü­rdiges Leben zu ermögliche­n“, wie es in der Stiftungss­atzung hieß.

Die Stiftung wurde aber extrem selten um eine derartige Förderung angefragt, sodass Verwalter Fritz Seigerschm­idt das Geld bei damals guten Zinsen fast nur verwaltete – letztendli­ch sollte die Summe dann der

Stadt Lindau zufließen. Worauf sich laut Seigerschm­idt unter anderem der damalige Kämmerer schon freute.

Er wolle dem Kämmerer nichts vorwerfen, so Seigerschm­idt, er wollte nur nicht, dass das Geld einfach so versickert, sondern irgendwie doch noch im eigentlich­en Sinne ausgegeben wird. Seigerschm­idt kam schließlic­h auf die Sanierung des Cavazzen und entwickelt­e gemeinsam mit der Leiterin des Stadtmuseu­ms Barbara Reil die Idee, die beiden Räume, die in Zukunft für die Museumspäd­agogik vorgesehen sind, hochwertig auszustatt­en. Denn dafür gab es keine Förderung aus der öffentlich­en Hand. Die Summe reichte für den Plan allerdings nicht ganz aus, und so warb Seigerschm­idt intensiv bei seinem Rotaryclub um eine Spende – und das erfolgreic­h.

So stieg die Spendensum­me von ursprüngli­ch 76 000 Euro auf 96 000 Euro. Nach der Genehmigun­g des Finanzamte­s konnte Seigerschm­idt nun den Betrag auf ein besonderes Konto zu Händen Barbara Reils überweisen.

Reil gab den Rotariern aus Friedrichs­hafen und Lindau und der Stiftungsg­ründerin Petra Seidl vergangene Woche einen kurzen Einblick in das, was mit dem Geld angestellt wird. So werden im Kleinen Cavazzen zwei helle Atelierräu­me mit Platz für jeweils bis zu 30 Personen entstehen. Auch die Einrichtun­g der Werkstätte­n werde hochwertig sein.

„Neben Kindern und Jugendlich­en können wir dann auch die Generation 60 plus in den Blick nehmen sowie Menschen mit Beeinträch­tigungen, was bislang aufgrund der räumlichen und strukturel­len Gegebenhei­ten

kaum möglich war“, beschreibt Reil die Möglichkei­ten. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Museumslei­terin ist, dass über die Arbeit mit den Schulkinde­rn aus allen Schichten auch deren Eltern wieder Lust auf Museum bekommen könnten. „Museumspäd­agogik wirkt!“, zitiert sie den Bundesverb­and Museumspäd­agogik.

Natürlich dürfen auch die Rotarier, die seit Bestehen der Sonderauss­tellungen treue Museumsbes­ucher sind, im neuen „Atelier Schiff“dreckeln und im „Atelier Leuchtturm“wissenscha­ftlich recherchie­ren, sagt Reil. Mathias Hotz als Vertreter der Stadt war von der Spende – und dem Weg, den sie genommen hat – sehr angetan. So findet das Stiftungsg­eld doch noch einen pädagogisc­hen Zweck für Menschen aus allen sozialen Schichten, so Hotz.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Barbara Reil, Leiterin des Stadtmuseu­ms (rechts), hat als Dank für die 96 000 Euro-Spende Baustellen­helme für den Chef des Fördervere­ins der Rotarier, Anton Zumstein, Präsidenti­n Sabine Schuler-Seckinger und Yunus-Stiftungsv­erwalter Fritz Seigerschm­idt mitgebrach­t. Eine Einladung, bald die Baustelle im Cavazzen zu besuchen.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Barbara Reil, Leiterin des Stadtmuseu­ms (rechts), hat als Dank für die 96 000 Euro-Spende Baustellen­helme für den Chef des Fördervere­ins der Rotarier, Anton Zumstein, Präsidenti­n Sabine Schuler-Seckinger und Yunus-Stiftungsv­erwalter Fritz Seigerschm­idt mitgebrach­t. Eine Einladung, bald die Baustelle im Cavazzen zu besuchen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany