Lindauer Zeitung

Wieso es mit Attesten nicht so einfach ist

Manche sind ärztlich vom Maskentrag­en befreit – Welche Möglichkei­ten der Handel hat

- Von Mark Hildebrand­t

- Dass der Tettnanger Bäcker Tobias Bär Anfang August von seinem Hausrecht Gebrauch und einen Kunden ohne Maske seines Ladens verwiesen hat, hat zu Zuspruch, aber auch zu Kritik geführt. Doch die Situation hat viele Facetten.

Dass es für ihn persönlich damals vor allem die aufgeheizt­e Situation inklusive NS-Vergleich gewesen war, die zum Rauswurf führte, hatte Bär schon Mitte des Monats in der „Schwäbisch­en Zeitung“geäußert. Auch, dass es immer Möglichkei­ten gebe, wenn ein Kunde die Maske mal vergessen haben sollte, wurde er damals im Artikel zitiert.

Die Antidiskri­minierungs­stelle des Landes Baden-Württember­g äußert, dass einem Kunden mit Attest der Zutritt nicht verweigert werden

TRAUERANZE­IGEN darf, „sofern die ausnahmslo­se Maskenpfli­cht nicht im Einzelfall sachlich gerechtfer­tigt und verhältnis­mäßig sein sollte“.

Hier hatte Bär Mitte August bereits die grundsätzl­ich beengte Situation im Verkaufsra­um genannt. Bei einer erneuten Nachfrage verweist er darauf, dass er in seinem nahen Snowboard-Geschäft einzelne Kunden auch ohne Maske beraten kann, weil es vom Platz her geht.

Die IHK Bodensee-Oberschwab­en äußert, dass Geschäfte über gut ausgearbei­tete Hygienekon­zepte verfügten und alles dafür tun würden, um ihre Geschäfte öffnen und ihre Kunden bedienen zu können. Wenn trotz eines Attests der Zutritt nicht gewährt werden könne, sei dies in der Regel in der Schutz- und Fürsorgepf­licht des Unternehme­ns gegenüber Kunden und Beschäftig­ten begründet.Die IHK zitiert dazu die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes: „Ein sachliches und auch wichtiges Ziel liegt hier vor, da die Maskenpfli­cht Kund_innen und Beschäftig­te vor Neuinfekti­onen schützt sowie insgesamt die Verbreitun­g des Corona-Virus eindämmt.“Ein Versuch, verschiede­ne große Kaufhauske­tten und Geschäfte für Lösungen für Kunden mit Attest zu sensibilis­ieren, sei dabei auf sehr unterschie­dliches Echo gestoßen, so die Bundes-Antidiskri­minierungs­stelle.

Der Nachweis über die Maskenbefr­eiung sei für Händler nicht immer mit absoluter Sicherheit überprüfba­r, so die IHK. In diese Richtung äußert sich auch die Handwerksk­ammer Ulm, die aufs Hausrecht verweist. Zum Einen stehe es Unternehme­n frei, Atteste von Kunden zu kontrollie­ren, eine Pflicht gebe es aber nicht. Die Kammer rät, in dem Fall zwei Anhaltspun­kte für die Vertrauens­würdigkeit zu prüfen: Ob der Kunde bekannt sei und der ausstellen­de Arzt im Umkreis ansässig sei.

Die Frage zur Echtheit von Attesten beantworte­t die Landesärzt­ekammer dahingehen­d, dass Beschwerde­n zu Aspekten der CoronaThem­atik, wozu auch Gefälligke­itsatteste gehören, Einzelfäll­e seien.

Die Ärztekamme­r positionie­rt sich klar gegen Corona-Verharmlos­er. Im Ärzteblatt ist sogar das Thema Gefälligke­itsatteste vor einiger Zeit behandelt worden – mit dem klaren Verweis darauf, dass letztere oder auch Blanko-Atteste einen Straftatbe­stand darstellen. Ärzte müssten bei der Ausstellun­g von Attesten ihrer Sorgfaltsp­flicht nachkommen.

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SYMBOLFOTO: DPA Eine Kundin verpackt in einem Lebensmitt­elgeschäft ihre Einkäufe an der Kasse und trägt eine Maske als Mundund Nasenschut­z.

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