Münchner Affären-Reigen
Opposition im bayerischen Landtag nimmt Geschäfte von CSU-Politikern unter die Lupe
- Ist es womöglich der nächste bayerische Amigo-Fall? Der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch erhielt in den Jahren 2016 und 2018 insgesamt 430 000 Euro für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt – vom Freistaat Bayern. Und zwar dafür, dass er in dessen Auftrag zwei Milliarden-Altlasten der CSUPolitik abwickelte. Es ist nur einer einer ganzen Reihe ähnlicher Fälle. Nun soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss das Geschäftsgebaren von Bundes- und Landespolitikern aufarbeiten.
Im Fall Weidenbusch ging es zum einen um die noch von Ministerpräsident Edmund Stoiber gekaufte österreichische Pleite-Bank Hypo Alpe Adria. Zum anderen um die Landesbank BayernLB, die wegen eines Formel-1-Geschäfts in bedrohliche Schieflage geraten war – und im Zuge dessen mehr als 30 000 landeseigene Wohnungen auf dem Markt verscherbeln musste.
Der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach, der dazu immer wieder bohrend bei der Landesregeriung nachgefragt hatte, meint: „Die Intransparenz stinkt gewaltig.“
Weidenbusch seinerseits weist den Vorwurf der Bereicherung zurück: Der Haushaltsausschuss des Landtags sei über sein Engagement informiert gewesen und habe ausdrücklich zugestimmt. Auch habe er die Honorare beziffert und erklärt, dass er bei der Arbeit selbst finanzielle Risiken eingehe.
Jeder Fall ist anders gelagert. Doch es sind einige, die da in den vergangenen Monaten zusammengekommen sind. So viele, dass die Landtags-Opposition aus Grünen, SPD und FDP einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen will. Fälle von Zusatz- oder auch Hauptverdiensten von Abgeordneten jenseits ihrer Diäten aus den letzten zehn Jahren sollen dort aufgearbeitet werden.
Gerade die SPD geht mit ihrem in diesem Jahr neu gewählten Parteiund Fraktionsvorsitzenden Florian von Brunn mächtig in die Offensive. Anders als seine Vorgänger tritt er sehr offensiv, ja aggressiv auf. Weidenbusch wirft er vor: „Er stand ja in Lohn und Brot der BayernLB.“Die „Spezl-Koalition“aus CSU und Freien Wählern (FW) habe offenbar „kein Interesse an Aufklärung“. Im März dieses Jahres machte der Affären-Reigen
seinen Anfang. Da nahm die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen auf gegen zwei Abgeordnete wegen Korruptionsverdacht bei millionenschweren Maskendeals zwischen Firmen und verschiedenen Ministerien von Bund und Freistaat. Ermittelt wird seitdem gegen die jeweils aus dem bayerisch-schwäbischen Günzburg kommenden CSU-Abgeordneten Alfred Sauter – er sitzt im Landtag – und Georg Nüßlein, der ein Bundestagsmandat hat. Beide bestreiten die Vorwürfe.
Die beiden sind auch geschäftlich miteinander verbandelt. Sauter ist Rechtsanwalt, er betreibt eine einträgliche Kanzlei gemeinsam mit dem bekannten Ex-CSU-Politiker Peter Gauweiler. Durch massiven Druck aus der Partei gab Sauter verschiedene Ämter auf und lässt sein Mandat ruhen. Nüßlein wiederum bietet Beratungsdienste an. Er hat die CSU verlassen, behält aber sein
Mandat in Berlin bis zur Bundestagswahl.
Sauter und Nüßlein sollen Dienste für den hessischen Maskenverkäufer Lomotex geleistet haben. Vermittelt wurden Aufträge für drei Bundesund Landesministerien. Beide sollen dafür je 1,2 Millionen Euro von der Firma erhalten haben – bei Nüßlein waren demzufolge bis zum Auffliegen nur 660 000 Eruo angekommen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte im Juni schwere Vorwürfe gegen Nüßlein: Er sei davon ausgegangen, so soll Spahn den Ermittlern gesagt haben, dass sich Nüßlein als Abgeordneter engagiere und dafür kein zusätzliches Geld erhalte.
Auch gelangten Informationen über andere Maskenverkäufe an die Öffentlichkeit. So hat sich die CSUEuropaabgeordnete Monika Hohlmeier für ihre Freundin Andrea Tandler bei einem Maskengeschäfte eingesetzt. Hohlmeier ist Tochter des CSU-Ahnenvaters Franz Josef Strauß, Tandler von Ex-CSU-Politiker Gerold Tandler.
Hohlmeier hat kein Geld erhalten, Andrea Tandler laut Berichten eine zweistellige Euro-Millionensumme. Verkäufer der Masken waren zwei Schweizer Jungunternehmer. Ermittlungen wurden aber jüngst eingestellt. Als Folge der Affären hat sich die CSU-Landtagsfraktion für wesentlich schärfere Regeln bei Nebeneinkünften ausgesprochen.
Der Untersuchungsausschuss soll Anfang kommenden Jahres seine Arbeit aufnehmen. Auf 16 Seiten hat die Opposition schon einen Fragenkatalog vorgelegt – über vielerlei Verträge, Provisionen, Vermittlungen.
Das von dem CSU-Politiker Klaus Holetschek geführte Gesundheitsministerium will sich, so ein Sprecher, allen Fragen stellen. Allerdings halte es den Ausschuss „nicht für geboten“.