So ist Pius Bandte
Alle bekommen dieselben Fragen – So schlägt sich der Kandidat der Grünen
- Vor der Bundestagswahl stellt die „Lindauer Zeitung“die Direktkandidaten der großen Parteien für den Wahlkreis Oberallgäu vor, zu dem auch Lindau gehört. Um sie miteinander zu vergleichen, haben alle sieben Kandidaten von CSU, SPD, den Grünen, der Partei die Linke, der AfD, der FDP und den Freien Wählern dieselben Fragen gestellt bekommen. So hat Pius Bandte, Direktkandidat der Grünen, geantwortet.
Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?
„Sehr beeindruckend war für mich das ,Art of Hosting’-Training in Vorarlberg. Das Handbuch davon habe ich auch als meinen symbolischen Gegenstand mitgebracht. Bei dieser ,Kunst des Gastgebens’ geht es im Grunde um Gesprächskultur und Zusammenarbeit. Das war zwar eine eher homogene Blase aus motivierten und engagierten Menschen, die versuchen, etwas besser zu machen, aber das hat mir sehr viel Kraft gegeben und mich durchaus auch zu meinem politischen Engagement motiviert.“
Welche neuen Eigenschaften haben Sie während der Corona-Pandemie an sich entdeckt?
„Ich muss tatsächlich sagen, für mich hat sich während Corona nicht viel verändert. Als Handwerker konnte ich ja weitestgehend weiterarbeiten. Ich habe aber für mich bemerkt, dass ich mit dieser ruhigen Isolation auch klarkomme.“
Sind Sie ein Morgen- oder ein Abendmensch?
„Ein Abendmensch. Ich funktioniere morgens zwar, wenn ich weiß, dass ich früh raus muss – da ist dann auch einfach der Schalter umgelegt und ich lege los. Aber wenn ich nicht zwingend aufwachen muss, dann funktioniert es nicht. Außerdem ergeben sich abends meistens die spannenderen Gespräche.“
Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?
„Da muss ich kurz überlegen. Mein altes Auto wäre nicht mehr durch den TÜV gekommen und deshalb habe ich mir jetzt ein E-Auto gekauft. Das ist, finde ich, schon ein ziemlich großer Luxus.“
Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie sich gegen Corona impfen lassen?
„Das war entschieden, sobald ich an der Reihe war. Eigentlich noch davor. Abgesehen davon, dass ich als junger, gesunder Mensch ja auch nicht sicher bin, war mir besonders wichtig, die Menschen um mich herum zu schützen.“
Was war Ihr Antrieb, in die Politik zu gehen?
„Mein Antrieb sind einerseits natürlich vor allem die Ökologie und der Klimaschutz. Da bin ich schon durch mein Elternhaus sensibilisiert worden und Fridays for Future hat das noch verstärkt. Andererseits haben mich auch das ,Art of Hosting’-Training und der Kontakt zu vielen Menschen und die Gespräche mit ihnen sehr motiviert. Da habe ich für mich immer mehr gemerkt, dass es in der Zivilgesellschaft eigentlich sehr viele Menschen gibt, die sich engagieren: Ob das nun bei ,Frauen in Not’ ist, beim Kinderschutzbund, der Flüchtlingshilfe oder Ähnlichem. Die Menschen engagieren sich sehr zahlreich für gute Zwecke und die Gemeinschaft als Ganzes. Aber trotzdem wird nicht die entsprechende Politik gemacht. Deshalb finde ich es wichtig, dass auch an höherer Stelle in den Gremien Menschen sitzen, die dieses Engagement dort unterstützen.“
Welcher Punkt aus dem Wahlprogramm der Grünen ist der wichtigste für Sie?
„Für mich ist der wichtigste Punkt definitiv die Klimaschutzpolitik, die steht nicht ohne Grund auch bei uns im Wahlprogramm an erster Stelle. Und unter den vielen Punkten zum Klimaschutz ist für mich der vorgezogene Kohleausstieg am wichtigsten, weil der einen riesigen Anteil an unseren CO2-Emissionen hat. Das Frustrierende ist für mich, dass wir, glaube ich, acht Millionen Einwohner unter 30 sind und 23 Millionen über 60 oder 65 Jahren. Und wenn man anschaut, wer wie viel Erderwärmung noch mitbekommen wird und mit den Konsequenzen leben muss, ist da ein ziemliches Ungleichgewicht. Denn die junge Generation muss mit den Folgen sehr lange leben, währenddessen wählt die ältere Generation tendenziell leider eher diejenigen, die nichts gegen den Klimawandel tun. Und insgesamt ist mir unser Angebot an die Gesellschaft, aufzubrechen und nicht so weiterzumachen wie bisher, wichtig. Das verstärkt die vorhandenen Probleme nur.“
Gibt es auch Punkte, mit denen Sie über Kreuz liegen?
„Insgesamt kann ich mich mit den meisten Inhalten identifizieren. Aber es gibt ein Thema, in dem ich nicht so tief drinstecke: In Lindau gibt es ja viele Friedensbewegte. Das gehört nicht zu meinen Hauptthemen. Gerade Friedenspolitik fällt, glaube ich, wenn es einen nicht direkt betrifft, oft hinten runter. Wir leben ja bisher in der längsten Friedensperiode, die Europa je gesehen hat, auch dank der Europäischen Union. Deshalb ist Friedenspolitik trotz ihrer Wichtigkeit für viele Menschen, auch für mich, gefühlt immer sehr weit weg. Ich muss mich da erst intensiver einarbeiten. Da liege ich also nicht über Kreuz, aber ich möchte mich damit noch mehr beschäftigen.“
Was wäre nach dem 26. September Ihre Wunschkoalition?
„Da will ich nicht unbedingt vorgreifen, aber ich persönlich sehe mich eher bei einem rot-grünen
Bündnis. In Schwarz-Grün kann unsere Partei nur verlieren. Denn wir werden den Ansprüchen und Anforderungen, die wir auch im Weltklimabericht nun gesehen haben, dann nicht gerecht – zumindest, wenn die Union weiter so Klimapolitik macht, wie wir es bisher erlebt haben. Da müsste ein sehr intensiver Umschwung durch die Union gehen – und das sehe ich gerade überhaupt nicht. Auch die SPD lässt beim Klimaschutz sehr zu wünschen übrig, aber da stimmen immerhin relativ viele Punkte bei der Sozialpolitik mit uns überein.“
Was machen Sie persönlich, um Ihren ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten?
„Naja, das Übliche. Es gibt viele Kleinigkeiten, die man zum Beispiel im Haushalt nachhaltig gestalten kann. Ich habe auch lange abgewägt: „Kann ich auch ohne ein Auto?“Aber das ist als Handwerker schwierig. Daher habe ich mir ein Elektroauto gekauft. Ich fahre Fahrrad, wo es geht, ich kaufe biologisch und wir versuchen, auf Müll zu achten. Bei der Diskussion verliert man sich aber auch oft im Individualistischen und bei den Konsumentscheidungen. Ich freue mich über jede und jeden, der da aktiv ist, aber am Ende geht es vor allem um die großen CO2Treiber. 70 Prozent der weltweiten Emissionen werden von 100 Unternehmen verursacht. Das ist das große Problem und nicht, ob beispielsweise meine Nachbarin mit dem Roller zur Arbeit fährt. Das Abwälzen auf die individuelle Verantwortung verschleiert auch das eigentliche Problem. Denn das ist eine Verantwortung, die nicht beim Konsumenten liegen darf. Natürlich ist es gut, wenn man sich persönlich engagiert, denn das sind die Stellschrauben, an denen jede und jeder selbst etwas tun kann, aber die Aufgabe der Politik ist es, die großen Rahmenbedingungen des Systems festzulegen.“
Welche Eigenschaft hätten Sie gern von Angela Merkel?
„Also bei aller Kritik, die man an ihr hat, muss man ja schon sagen, dass sie sehr ruhig und bedacht agiert. Die Union wirbt auf Plakaten gern mit dem Slogan „Damit Deutschland stabil bleibt“– und diese Stabilität, die sie verkörpert, ist sehr stark. Das Stabile, das war Merkel. Aber sie hat auch immer nur so viel Politik gemacht, wie es gebraucht hat und keinen Deut mehr. Das ist der Nachteil daran. Aber so blieb es – zumindest an der Oberfläche – stabil. Das finde ich bewundernswert, wenn auch nicht erstrebenswert.“
Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlicher gebaut haben?
„Ich hab wenig Mist gebaut, also so richtigen Mist. So ein paar Kleinigkeiten, bei denen ich mich am Ende mehr über mich selbst geärgert habe. Aber groß fällt mir da nichts ein.“
Welche Fotos dürften auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen?
„Da gibt’s natürlich keine.“
Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?
„Ich versuche natürlich möglichst wenig bei Amazon zu bestellen, aber das letzte war ein Mikrofon-Adapter. Das war vor einem Monat, nach einer fünfmonatigen Amazon-Pause. Bei vielen Dingen kommt man um Amazon herum, aber auf meiner Fahrradtour
brauchte ich eben so etwas Spezielles – das findet man leider nicht einfach im nächsten Elektronikladen.“
Was ist das politisch Unkorrekteste, was Sie je getan haben?
„Da fällt mir gerade nichts zu ein.“
Wann haben Sie sich zuletzt für einen Parteikollegen geschämt?
„Das ist noch nicht so lange her.“
Was halten Sie vom Gendern?
„Ich halte sehr viel davon. Denn für mich ist das auch ein großer Punkt von Akzeptanz. Es gibt zwar auch viele ältere Frauen, die sagen, dass das unnötig sei, dass sie sich auch so angesprochen fühlen. Aber denen steht einfach eine große Masse an Frauen gegenüber, die seit Jahren für Akzeptanz kämpft. Darüber hinaus ist da einfach auch eine große Masse an Frauen in meiner Generation, die sich vom generischen Maskulin nicht angesprochen fühlen. Wir benutzen jetzt seit Tausenden von Jahren das generische Maskulin, da denke ich, dass es doch jetzt wirklich kein Ding sein sollte, den Frauen entgegenzukommen. Das Thema wird aber auch riesig aufgeblasen. Wir diskutieren da intern auch nicht mehr drüber. Wir geben uns Mühe das zu machen, aber bei Geschlechtergerechtigkeit geht’s bei uns inzwischen um ganz andere Sachen. Die Frauen wollen viel lieber fair bezahlt werden, oder eine Möglichkeit haben, nach der Schwangerschaft wieder ordentlich in den Beruf einzusteigen.“
Pius Bandte ist am 22. Februar 1998 in Lindau geboren. Der Grünen-Kandidat ist gelernter Zimmerer und arbeitet aktuell zudem als Baumpfleger. Seit
2020 sitzt er für die Bunte Liste im Lindauer Stadtrat und hat dort das erfolgreiche Bürgerbegehren zum Karl-Bever-Platz initiiert. Seit 2020 ist Bandte Parteimitglied von Bündnis 90/Die Grünen und seit Mai 2020 für die Partei im Kreistag aktiv.
Alle Infos zum Wahlkampf in der Region und zu Pius Bandte im Lindau-Quiz finden Sie unter www.schwaebische.de/ btw21-li