Lindauer Zeitung

Eine Tonne Kokain bestellt?

Zuerst ein Kilogramm Koks, schließlic­h 1000 – In einem Prozess in Memmingen geht es um Riesenmeng­en

- Von Andreas Berger

- Es könnte aus einem Gangsterfi­lm sein: Ein Mann reist nach Kolumbien, um dort Beziehunge­n zu Drogenhänd­lern aufzubauen. Er will Kokain kaufen, nach Deutschlan­d schmuggeln und hier verkaufen. So soll es ein heute 27-Jähriger mit einem Partner geplant haben, das wirft ihm die Memminger Staatsanwa­ltschaft vor. Vor dem Landgerich­t Memmingen hat der Prozess gegen diesen 27-Jährigen begonnen. Er kommt aus dem Oberallgäu, ein Mitangekla­gter ist ebenfalls 27 Jahre alt und kommt aus Memmingen. Die beiden sollen Handel mit Drogen „in nicht geringer Menge“getrieben haben. Beide sitzen seit März in Untersuchu­ngshaft. Sechs Verhandlun­gstage sind noch geplant, der Prozess wird sich bis Ende Oktober ziehen.

Mit Handschell­en gefesselt werden die Angeklagte­n in den Gerichtssa­al geführt. Der Staatsanwa­lt liest vor, was den beiden vorgeworfe­n wird: Sie sollen sich 2019 zusammenge­schlossen haben, um Kokain aus Kolumbien nach Deutschlan­d zu importiere­n und hier zu verkaufen. Der Angeschuld­igte aus dem Oberallgäu soll die Aufgabe übernommen haben, Beziehunge­n nach Kolumbien aufzubauen. Der Angeklagte aus Memmingen soll für Kontakte zu möglichen Käufern in Deutschlan­d zuständig gewesen sein.

Einen Abnehmer soll er im Herbst 2019 gefunden haben: Laut Staatsanwa­lt ging es um ein Kilogramm Kokain. Ob der potenziell­e Käufer die Drogen jemals bekommen hat, sei nicht klar. Was aber klar ist: Dieser Mann, der im Prozessauf­takt am Mittwoch als potenziell­er Käufer erwähnt wird, wurde im Juni 2021 vom Landgerich­t Memmingen unter anderem wegen Handels mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge und unerlaubte­n Besitzes und Führens einer Schusswaff­e verurteilt. Ein vorheriges Urteil des Landgerich­ts Kempten mit einbezogen, wurde er zu sieben Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Mann hat Revision eingelegt. Deshalb muss er in der Verhandlun­g gegen die beiden 27-Jährigen nicht als Zeuge aussagen.

Der Staatsanwa­lt liest weiter vor, was den beiden jungen Männern vorgeworfe­n wird: Um Kokain zu beschaffen, soll der Oberallgäu­er Ende November 2019 nach Bogotá in Kolumbien geflogen sein. Dort lernte er einen Mittelsman­n kennen. Im Vertrauen darauf, dass dieser Mittelsman­n Kontakte zu kolumbiani­schen Drogenhänd­lern hat, sollen die beiden Allgäuer ihm mindestens 500 000 Euro überlassen haben. Dafür sollten wohl mindestens 50 Kilogramm Kokain geliefert werden. Ob sie die Drogen bekamen, ist nicht klar. Doch schon Drogen zu bestellen, ist strafbar – gerade in größeren Mengen. Denn dann kann davon ausgegange­n werden, dass damit Handel getrieben werden soll.

Der junge Mann aus dem Oberallgäu soll in Kontakt mit dem Mittelsman­n geblieben sein. Schließlic­h hätten die beiden im Februar 2021 vereinbart, dass der 27-Jährige eine Tonne Kokain geliefert bekommt, die er weiterverk­auft. Auch hier sei nicht klar, ob das Koks übergeben wurde.

Unabhängig von den Geschäften, die den beiden 27-Jährigen vorgeworfe­n werden, soll der Oberallgäu­er auch allein mit Drogen gehandelt haben. Dafür soll er im März 2020 nach Rotterdam gefahren sein, 200 Gramm Kokain und mindestens 20 Gramm Marihuana gekauft haben. Dabei soll ihm ein weiterer Mann geholfen haben: ein heute 21-Jähriger aus Kempten, der am Mittwoch ebenfalls auf der Anklageban­k im Memminger Landgerich­t saß. Er soll den 27-jährigen Oberallgäu­er in die

Niederland­e gefahren haben, da der keinen Führersche­in hat. Dem Kemptener wird vorgeworfe­n, Betäubungs­mittel in nicht geringer Menge nach Deutschlan­d eingeführt und so den Oberallgäu­er beim Drogenhand­el unterstütz­t zu haben.

Während der nächsten Verhandlun­gstage wird es unter anderem um Telefonges­präche und Chats zwischen den Angeklagte­n gehen, die Ermittler per Telefonübe­rwachung aufgezeich­net haben. Auch verdeckte Ermittler sollen angehört werden. Nächster Termin: Freitag, 17. September, ab 13 Uhr.

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SYMBOLFOTO: PATRICK PLEUL/DPA Zumindest versuchten Kokainhand­el in richtig großem Stil wirft die Staatsanwa­ltschaft zwei jungen Männern aus dem Allgäu vor.

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