Eine Tonne Kokain bestellt?
Zuerst ein Kilogramm Koks, schließlich 1000 – In einem Prozess in Memmingen geht es um Riesenmengen
- Es könnte aus einem Gangsterfilm sein: Ein Mann reist nach Kolumbien, um dort Beziehungen zu Drogenhändlern aufzubauen. Er will Kokain kaufen, nach Deutschland schmuggeln und hier verkaufen. So soll es ein heute 27-Jähriger mit einem Partner geplant haben, das wirft ihm die Memminger Staatsanwaltschaft vor. Vor dem Landgericht Memmingen hat der Prozess gegen diesen 27-Jährigen begonnen. Er kommt aus dem Oberallgäu, ein Mitangeklagter ist ebenfalls 27 Jahre alt und kommt aus Memmingen. Die beiden sollen Handel mit Drogen „in nicht geringer Menge“getrieben haben. Beide sitzen seit März in Untersuchungshaft. Sechs Verhandlungstage sind noch geplant, der Prozess wird sich bis Ende Oktober ziehen.
Mit Handschellen gefesselt werden die Angeklagten in den Gerichtssaal geführt. Der Staatsanwalt liest vor, was den beiden vorgeworfen wird: Sie sollen sich 2019 zusammengeschlossen haben, um Kokain aus Kolumbien nach Deutschland zu importieren und hier zu verkaufen. Der Angeschuldigte aus dem Oberallgäu soll die Aufgabe übernommen haben, Beziehungen nach Kolumbien aufzubauen. Der Angeklagte aus Memmingen soll für Kontakte zu möglichen Käufern in Deutschland zuständig gewesen sein.
Einen Abnehmer soll er im Herbst 2019 gefunden haben: Laut Staatsanwalt ging es um ein Kilogramm Kokain. Ob der potenzielle Käufer die Drogen jemals bekommen hat, sei nicht klar. Was aber klar ist: Dieser Mann, der im Prozessauftakt am Mittwoch als potenzieller Käufer erwähnt wird, wurde im Juni 2021 vom Landgericht Memmingen unter anderem wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Besitzes und Führens einer Schusswaffe verurteilt. Ein vorheriges Urteil des Landgerichts Kempten mit einbezogen, wurde er zu sieben Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Mann hat Revision eingelegt. Deshalb muss er in der Verhandlung gegen die beiden 27-Jährigen nicht als Zeuge aussagen.
Der Staatsanwalt liest weiter vor, was den beiden jungen Männern vorgeworfen wird: Um Kokain zu beschaffen, soll der Oberallgäuer Ende November 2019 nach Bogotá in Kolumbien geflogen sein. Dort lernte er einen Mittelsmann kennen. Im Vertrauen darauf, dass dieser Mittelsmann Kontakte zu kolumbianischen Drogenhändlern hat, sollen die beiden Allgäuer ihm mindestens 500 000 Euro überlassen haben. Dafür sollten wohl mindestens 50 Kilogramm Kokain geliefert werden. Ob sie die Drogen bekamen, ist nicht klar. Doch schon Drogen zu bestellen, ist strafbar – gerade in größeren Mengen. Denn dann kann davon ausgegangen werden, dass damit Handel getrieben werden soll.
Der junge Mann aus dem Oberallgäu soll in Kontakt mit dem Mittelsmann geblieben sein. Schließlich hätten die beiden im Februar 2021 vereinbart, dass der 27-Jährige eine Tonne Kokain geliefert bekommt, die er weiterverkauft. Auch hier sei nicht klar, ob das Koks übergeben wurde.
Unabhängig von den Geschäften, die den beiden 27-Jährigen vorgeworfen werden, soll der Oberallgäuer auch allein mit Drogen gehandelt haben. Dafür soll er im März 2020 nach Rotterdam gefahren sein, 200 Gramm Kokain und mindestens 20 Gramm Marihuana gekauft haben. Dabei soll ihm ein weiterer Mann geholfen haben: ein heute 21-Jähriger aus Kempten, der am Mittwoch ebenfalls auf der Anklagebank im Memminger Landgericht saß. Er soll den 27-jährigen Oberallgäuer in die
Niederlande gefahren haben, da der keinen Führerschein hat. Dem Kemptener wird vorgeworfen, Betäubungsmittel in nicht geringer Menge nach Deutschland eingeführt und so den Oberallgäuer beim Drogenhandel unterstützt zu haben.
Während der nächsten Verhandlungstage wird es unter anderem um Telefongespräche und Chats zwischen den Angeklagten gehen, die Ermittler per Telefonüberwachung aufgezeichnet haben. Auch verdeckte Ermittler sollen angehört werden. Nächster Termin: Freitag, 17. September, ab 13 Uhr.