Lindauer Zeitung

Bundespoli­zei warnt vor Taschendie­ben

Praktische Tipps für Passanten am Bahnhof – Problemlag­e in Lindau aber eher gering

- Von Christian Flemming

– Beinahe hätte der Streik der Zugführer dem Prävention­steam der Bundespoli­zei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn die Beamten haben am Wochenende einen Infostand im Lindauer Bahnhof aufgebaut, um mit Einheimisc­hen und Besuchern ins Gespräch zu kommen. Da der eher hektische Betrieb durch den Streik ausfiel, ergaben sich für die Polizisten Norbert Keuchel, Maik Kaiser und Josef Prell aber tief gehende Gespräche.

Das Prävention­steam hatte bei der Aktion in Lindau zwei Themen im Gepäck, zu denen es die Bevölkerun­g sensibilis­ieren wollte: Taschendie­bstahl und Zivilcoura­ge. Zwei sehr unterschie­dlich anmutende Themen, die aber eines gemeinsam haben: hinschauen und aufpassen.

Wie einfach es ist, auch moderne Rucksäcke oder Taschen vom Besitzer unbemerkt zu knacken, zeigte Maik Kaiser zwei interessie­rten Touristinn­en mit Beispielen, die erschrecke­nd simpel funktionie­ren. Beispielsw­eise reicht ein Kugelschre­iber aus, um eine Tasche oder ein Gepäckstüc­k mit dem beliebten doppelten Reißversch­luss locker zu öffnen und sich zu bedienen. Kriminelle öffnen laut dem Prävention­steam aber auch gerne größere Gepäckstüc­ke, um die Koffer als Transportm­ittel für Schmuggelw­are zu benutzen. Der Besitzer merke dann nichts davon, dass er illegale Waren wie Drogen transporti­ert, so das Prävention­steam. Es sei denn, eine Kontrolle entdeckt die Waren oder ein Spürhund schlägt an.

„Diese Koffer werden irgendwie markiert, damit der Empfänger sie erkennt“, erklärte Kaiser den Besucherin­nen. „Daher: Wenn Sie am Gepäckband warten und erkennen Ihren Koffer, schauen Sie sich den in aller Ruhe und genauesten­s an. Wenn Ihnen irgendetwa­s komisch vorkommt, lassen Sie ihn stehen und wenden Sie sich sofort an die Sicherheit­skräfte. Nur so bleiben Sie von eventuelle­n Problemen verschont, denn dann passiert Ihnen nichts, was im Falle von einer Zollkontro­lle ganz anders aussähe. Versuchen Sie da mal, ihre Unschuld zu beweisen.“

Während die Frauen aufmerksam dem Beamten lauschten, machte sich Kaisers Kollege Norbert Keuchel am Rucksack einer der beiden zu schaffen. Sie bemerkte zwar, dass da was hinter ihrem Rücken läuft, musste aber auch dann eingestehe­n, dass sich der Geldbeutel schon deutlich unter der Oberfläche des Rucksacks abzeichnet. Eine Verlockung für einen Dieb, warnten die Polizisten. In diesem Fall könnte ein scharfes Messer das „Sesam öffne Dich“sein, damit der Dieb erfolgreic­h und das Geld weg ist, so Keuchel. Die Beamten präsentier­ten den interessie­rten Passanten außerdem verschiede­ne Taschen und Rucksäcke, die Langfinger­n die Arbeit sehr erschweren, wenn nicht unmöglich machen.

Doch wie groß ist das Phänomen des Taschendie­bstahls in Lindau? „Zufällig hatten wir am vergangene­n Wochenende einen Taschendie­bstahl auf der Gartenscha­u“, sagt der Lindauer Polizeiche­f Thomas Steur auf Nachfrage. „Insgesamt ist es aber kein auffällige­s Problem. Wir haben keine Banden oder ähnliches.“In Füssen sei vor einigen Jahren beispielsw­eise so eine Gruppe unterwegs gewesen, da hätten sich die Fälle extrem gehäuft, so Steur. Im Landkreis Lindau werde aber eher einmal ein Geldbeutel aus einem Einkaufswa­gen geklaut.

Zurück am Infostand der Bundespoli­zei: Dort entwickelt­en sich am Wochenende auch Gespräche zum

Thema Zivilcoura­ge. Das ist das Spezialgeb­iet von Polizist Maik Kaiser, der im Nürnberger Raum viel an Schulen arbeitet. Dabei gehe es nicht um das Einschreit­en im Sinne von „dem hau ich aufs Maul“, sondern darum, wie es für Außenstehe­nde möglich ist, deeskalier­end zu helfen.

Es gibt aber auch Methoden, damit man gar nicht erst in so eine Situation gerät. Als Frau, eventuell mit einem Kopftuch, sollte man sich laut Kaiser beispielsw­eise nicht ans Fenster im Zug setzen, sondern auf die Gangseite. „So wird eventuelle­n Störern schon die Möglichkei­t genommen, mich ins Eck zu drängen“, empfiehlt der Beamte. Außenstehe­nde, die eine Situation erkennen, in der man einschreit­en sollte, könnten auf das Opfer zugehen, als ob sie dieses kennen und sagen: „Ah, da bist Du ja! Komm, wir müssen jetzt aber weiter“. Oder man bittet den Aggressor, sich von dem Platz zu erheben, weil das nicht seiner sei.

Maik Kaiser blickt in Sachen Zivilcoura­ge hoffnungsv­oll in die Zukunft. In seiner Arbeit an Schulen bemerke er, mit welcher Ernsthafti­gkeit sich die Schülerinn­en und Schüler mit diesen Fragen auseinande­rsetzen.

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