Bundespolizei warnt vor Taschendieben
Praktische Tipps für Passanten am Bahnhof – Problemlage in Lindau aber eher gering
– Beinahe hätte der Streik der Zugführer dem Präventionsteam der Bundespolizei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn die Beamten haben am Wochenende einen Infostand im Lindauer Bahnhof aufgebaut, um mit Einheimischen und Besuchern ins Gespräch zu kommen. Da der eher hektische Betrieb durch den Streik ausfiel, ergaben sich für die Polizisten Norbert Keuchel, Maik Kaiser und Josef Prell aber tief gehende Gespräche.
Das Präventionsteam hatte bei der Aktion in Lindau zwei Themen im Gepäck, zu denen es die Bevölkerung sensibilisieren wollte: Taschendiebstahl und Zivilcourage. Zwei sehr unterschiedlich anmutende Themen, die aber eines gemeinsam haben: hinschauen und aufpassen.
Wie einfach es ist, auch moderne Rucksäcke oder Taschen vom Besitzer unbemerkt zu knacken, zeigte Maik Kaiser zwei interessierten Touristinnen mit Beispielen, die erschreckend simpel funktionieren. Beispielsweise reicht ein Kugelschreiber aus, um eine Tasche oder ein Gepäckstück mit dem beliebten doppelten Reißverschluss locker zu öffnen und sich zu bedienen. Kriminelle öffnen laut dem Präventionsteam aber auch gerne größere Gepäckstücke, um die Koffer als Transportmittel für Schmuggelware zu benutzen. Der Besitzer merke dann nichts davon, dass er illegale Waren wie Drogen transportiert, so das Präventionsteam. Es sei denn, eine Kontrolle entdeckt die Waren oder ein Spürhund schlägt an.
„Diese Koffer werden irgendwie markiert, damit der Empfänger sie erkennt“, erklärte Kaiser den Besucherinnen. „Daher: Wenn Sie am Gepäckband warten und erkennen Ihren Koffer, schauen Sie sich den in aller Ruhe und genauestens an. Wenn Ihnen irgendetwas komisch vorkommt, lassen Sie ihn stehen und wenden Sie sich sofort an die Sicherheitskräfte. Nur so bleiben Sie von eventuellen Problemen verschont, denn dann passiert Ihnen nichts, was im Falle von einer Zollkontrolle ganz anders aussähe. Versuchen Sie da mal, ihre Unschuld zu beweisen.“
Während die Frauen aufmerksam dem Beamten lauschten, machte sich Kaisers Kollege Norbert Keuchel am Rucksack einer der beiden zu schaffen. Sie bemerkte zwar, dass da was hinter ihrem Rücken läuft, musste aber auch dann eingestehen, dass sich der Geldbeutel schon deutlich unter der Oberfläche des Rucksacks abzeichnet. Eine Verlockung für einen Dieb, warnten die Polizisten. In diesem Fall könnte ein scharfes Messer das „Sesam öffne Dich“sein, damit der Dieb erfolgreich und das Geld weg ist, so Keuchel. Die Beamten präsentierten den interessierten Passanten außerdem verschiedene Taschen und Rucksäcke, die Langfingern die Arbeit sehr erschweren, wenn nicht unmöglich machen.
Doch wie groß ist das Phänomen des Taschendiebstahls in Lindau? „Zufällig hatten wir am vergangenen Wochenende einen Taschendiebstahl auf der Gartenschau“, sagt der Lindauer Polizeichef Thomas Steur auf Nachfrage. „Insgesamt ist es aber kein auffälliges Problem. Wir haben keine Banden oder ähnliches.“In Füssen sei vor einigen Jahren beispielsweise so eine Gruppe unterwegs gewesen, da hätten sich die Fälle extrem gehäuft, so Steur. Im Landkreis Lindau werde aber eher einmal ein Geldbeutel aus einem Einkaufswagen geklaut.
Zurück am Infostand der Bundespolizei: Dort entwickelten sich am Wochenende auch Gespräche zum
Thema Zivilcourage. Das ist das Spezialgebiet von Polizist Maik Kaiser, der im Nürnberger Raum viel an Schulen arbeitet. Dabei gehe es nicht um das Einschreiten im Sinne von „dem hau ich aufs Maul“, sondern darum, wie es für Außenstehende möglich ist, deeskalierend zu helfen.
Es gibt aber auch Methoden, damit man gar nicht erst in so eine Situation gerät. Als Frau, eventuell mit einem Kopftuch, sollte man sich laut Kaiser beispielsweise nicht ans Fenster im Zug setzen, sondern auf die Gangseite. „So wird eventuellen Störern schon die Möglichkeit genommen, mich ins Eck zu drängen“, empfiehlt der Beamte. Außenstehende, die eine Situation erkennen, in der man einschreiten sollte, könnten auf das Opfer zugehen, als ob sie dieses kennen und sagen: „Ah, da bist Du ja! Komm, wir müssen jetzt aber weiter“. Oder man bittet den Aggressor, sich von dem Platz zu erheben, weil das nicht seiner sei.
Maik Kaiser blickt in Sachen Zivilcourage hoffnungsvoll in die Zukunft. In seiner Arbeit an Schulen bemerke er, mit welcher Ernsthaftigkeit sich die Schülerinnen und Schüler mit diesen Fragen auseinandersetzen.