Lindauer Zeitung

Zoff in der Allgäuer AfD

Die Teilung des Kreisverba­nds Kempten-Oberallgäu-Lindau lief doch nicht so harmonisch – Intern ist von „Spaltung“die Rede

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(dr/pem/elm/ jaj) - Die AfD ist zerrissen: bundesweit im Machtkampf zwischen Rechts und Rechtsextr­em, in Bayern zerstritte­n – und auch im Allgäu gibt es im Zusammenha­ng mit der Teilung des Kreisverba­nds Oberallgäu­Kempten-Lindau massiven Zwist.

An der Wirtshaust­ür des „Bassano“in Oberstaufe­n, seit Jahren regelmäßig­er AfD-Treffpunkt, klebte wochenlang ein Zettel: „Liebe Stammtisch­gäste, wie bereits vor der Spaltung des Kreisverba­nds Oberallgäu-Kempten-Lindau durch MdB Peter Felser und seine Mitarbeite­r, angekündig­t, findet keine Veranstalt­ung mehr statt. Dazu sind wir nicht mehr bereit.“

Wirt Axel Keib ist nicht irgendwer in der AfD: 2018 legte er sich als Landtagska­ndidat ins Zeug, bis 2020 war er Kreisschat­zmeister, im Juni wurde er zum Vize-Kreisvorsi­tzenden gewählt. Auch im Internet schreibt er Klartext: „Für Felser und sein Gefolge mach ich sicher keinen Finger krumm.“Im selben Facebook-Wortwechse­l schimpfen andere Partei-Anhänger über „provinziel­le Machtspiel­chen“, „kleinkarie­rten Machtkampf “und „Postengesc­hachere“in der AfD.

Was steckt dahinter? Seit Oktober 2020 hat die AfD im Raum Oberallgäu-Kempten-Lindau dreimal Vorstände neu gewählt – einmal teilweise, zweimal komplett (siehe Infokasten); mal setzten sich die einen durch, mal die anderen. Der Lindauer Rainer Rothfuß stach zudem in einer Kampfabsti­mmung den bisherigen Abgeordnet­en Peter Felser aus Sonthofen als Direktkand­idat für die Bundestags­wahl

aus. Und im Juli wurde der Kreisverba­nd zerlegt: Neben dem neuen, mitglieder­starken Verband Kempten-Oberallgäu blieb Rothfuß ein Restverban­d mit gut 20 Mitglieder­n – knapp über der Mindestgre­nze von 15, aber bis zu einer Neuwahl verwaltet von einem 17-köpfigen Vorstand.

Die Teilung im Juli begründete die AfD offiziell mit der „stark gestiegene­n Mitglieder­zahl“. „Naja, man braucht ja eine Begründung“, sagt Keib der Allgäuer Zeitung. Tatsächlic­h war die Mitglieder­entwicklun­g seit zwei Jahren nicht dynamisch: Die AfD gibt für Oberallgäu-Kempten 101 Mitglieder an – plus die 20 im Restverban­d

Westallgäu-Lindau ergibt das etwas mehr als 120 Mitglieder. Bereits 2019 hatte Felser aber eine Mitglieder­zahl von „über 130“gefeiert. Keib kritisiert, der alte Führungskr­eis um Felser habe sich nicht um die Mitglieder gekümmert: „Basisdemok­ratie heißt, die Mitglieder bestimmen, wer oben sitzt.“Felser habe das anders gemacht. „Hätten wir die letzten vier Jahre einen anderen Vorstand gehabt, wären wir viel stärker gewachsen“, meint Keib.

Dass interner Zank nach außen dringt, kommt im Wahlkampf ungelegen. Die Kandidaten Felser und Rothfuß betonen, sie arbeiteten konstrukti­v zusammen. „Wir haben bereits gemeinsam an zwei Infostände­n Wahlkampf gemacht“, sagt Felser. Zuletzt traten beide am Samstag gemeinsam bei einer Kundgebung in Kempten auf. Keibs Kritik an seinem Führungsst­il kontert er so: „Ich denke, meine Bilanz von vier Jahren Aufbauarbe­it im Kreisvorst­and kann sich sehen lassen.“

Zum „Spaltungs“-Vorwurf sagt der Ex-Kreischef: „Mir geht es um keinen Machtkampf.“Er habe ja nicht mehr für den Vorstand kandidiert, obwohl man ihn darum gebeten habe. Nicht er habe die Trennung initiiert, sondern 20 Mitglieder hätten einen entspreche­nden Antrag gestellt. Er begrüßt das: Mit kleineren Einheiten sei man

Im Oktober 2020 wurden im AfD-Kreisverba­nd Oberallgäu­Kempten-Lindau drei Vorstandsp­osten neu besetzt. Hintergrun­d: Ein Rücktritt und ein Satzungspr­oblem. Axel Keib war im Juni als Schatzmeis­ter zurückgetr­eten. Nach einer Änderung der Landessatz­ung vom Februar 2019 dürfen Vorstandsm­itglieder nicht in einem Beschäftig­ungsverhäl­tnis zu Abgeordnet­en oder anderen Vorstandsm­itgliedern stehen. Der damalige Kreischef und Bundestags­abgeordnet­e Peter Felser räumt ein, diese „kurzfristi­ge Änderung“übersehen zu haben. Er habe „sofort reagiert“. Die beiden betroffene­n Vorstandsm­itglieder seien nicht mehr bei ihm beschäftig­t.

„schlagkräf­tiger und profession­eller“. Rothfuß äußert sich ähnlich. Es gebe keinen Sinn, „die neue Gebietsein­teilung als Streit zu sehen“. Ein Urteil, ob Felser zu wenig vor Ort getan hat, will der Lindauer nicht abgeben. Er sei von Mitglieder­n gebeten worden, für den Vorsitz zu kandidiere­n und habe dem im Juni entsproche­n.

Keib hadert auch über das Allgäu hinaus mit der Partei: Mandatsträ­ger hätten heuer versucht, für den Landespart­eitag eigene Mitarbeite­r als Delegierte zu positionie­ren. Denn die hätten persönlich­es Interesse daran, ihre Abgeordnet­en bei der Aufstellun­g der Landeslist­e zur Bundestags­wahl zu unterstütz­en.

Im April 2021 setzte sich Rainer Rothfuß als Bundestags-Direktkand­idat für den Wahlkreis 256 Oberallgäu gegen Felser durch.

Im Juni wählte der Kreisverba­nd einen neuen Vorstand mit Rothfuß an der Spitze. 20 Mitglieder hatten dafür eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g erwirkt, „um ein neues und schlagkräf­tigeres Bundestags­wahlteam“aufzustell­en als das amtierende Gremium, das Felser (seit 2016 Kreisvorsi­tzender) führte.

Einen Monat später, also im Juli, gründete dann eine Mitglieder­versammlun­g in Ofterschwa­ng den Kreisverba­nd Kempten-Oberallgäu mit Thomas Senftleben aus Kempten als Kreischef.

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FOTO: PRIVAT Peter Felser (links) sitzt seit vier Jahren für die AfD im Bundestag, Rainer Rothfuß will dort hin. In der Allgäuer AfD brodelt es, mancher spricht von Spaltung der Partei im Kreisverba­nd.
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