Lindauer Zeitung

So ist Annette Hauser-Felberbaum

Alle bekommen dieselben Fragen – So schlägt sich die Kandidatin der Freien Wähler

- Von Yvonne Roither

- Vor der Bundestags­wahl stellt die Lindauer Zeitung die Direktkand­idaten der großen Parteien für den Wahlkreis Oberallgäu vor, zu dem auch Lindau gehört. Um sie miteinande­r zu vergleiche­n, haben alle sieben Kandidaten von CSU, SPD, den Grünen, der Partei die Linke, der AfD, der FDP und den Freien Wählern die gleichen Fragen gestellt bekommen. So hat Annette HauserFelb­erbaum, Direktkand­idatin der Freien Wähler, geantworte­t.

Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?

„Da ich ein sehr offener Mensch bin, der schon viel herumgekom­men ist, habe ich auf jeder neuen Station wichtige Erfahrunge­n gemacht, die mich geprägt haben. Was mich auf jeden Fall nachhaltig verändert hat, war die Geburt meiner vier Kinder.“

Welche neuen Eigenschaf­ten haben Sie während der Corona-Pandemie bei sich entdeckt?

„Ich habe gemerkt, dass ich mich durchaus auch lange Zeit zu Hause beschäftig­en kann. Außerdem fand ich die neue digitale Erfahrung spannend: dass man Menschen über das Onlinemedi­um erreichen und beispielsw­eise Ausschusss­itzungen sehr gut auch online abhalten kann.“

Sind Sie eher ein Morgen- oder ein Abendmensc­h?

„Der Morgen ist für mich sehr positiv besetzt, da ist noch alles ruhig, die Stimmung ist anpackend-optimistis­ch. Da kann ich Tatkraft sammeln. Unter der Woche beginnt der Tag für mich um 6 Uhr.“

Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?

„Ich bin kein sehr materielle­r Mensch. Luxus ist für mich, wenn ich viele Stunden mit meinem Mann verbringen kann. Da er in seinem verantwort­ungsvollen Beruf als Mediziner sehr eingespann­t ist, habe ich gelernt, gemeinsame Zeit zu schätzen und zu nutzen.“

Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie sich gegen Corona impfen lassen?

„Keine Sekunde. Ich bin schon lange geimpft und halte es für wichtig, die Impfkampag­ne weiter zu unterstütz­en. Solange wir andere Menschen weiter von der Impfung überzeugen können, sind wir auf einem guten Weg. Von einer Impfpflich­t halte ich allerdings nichts.“

Was war Ihr Antrieb in die Politik zu gehen?

„Ein Schulereig­nis, das meine älteste Tochter sehr belastet hat, zeigte mir deutlich, wie wichtig es ist, Kindern und Jugendlich­en beizustehe­n, wenn ihnen Unrecht geschieht. Ich war zwar immer engagiert in Elternpfle­gschaft und Schule, aber als dann zu dieser Zeit die Anfrage von Alexander Hold kam, ob ich zu den Freien Wählern gehen will, entschied ich mich für das politische Engagement.“

Welcher Punkt aus dem Wahlprogra­mm Ihrer Partei ist für Sie

der wichtigste?

„Für mich ist das die Pflegesitu­ation, die dringend verbessert werden muss. Die Corona-Pandemie hat das eindringli­ch gezeigt. Dass Menschen in Altersheim­en völlig isoliert werden, ist für mich absolut unverständ­lich. Um den Personalma­ngel in Altenheime­n und Krankenhäu­sern zu beheben, reicht es nicht, den Pflegern einen Bonus zu geben, man muss an den Strukturen etwas ändern und die Arbeit der Pflegekräf­te wieder wertschätz­en. Pflegebetr­iebe und Krankenhäu­ser sind keine Profitcent­er. Da diese Probleme nicht auf kommunaler Ebene zu lösen sind, müssen die Freien Wähler auch im Bund vertreten sein. Somit waren die Corona-Pandemie und deren Auswirkung­en auch auf Handel und Gastronomi­e der Grund, warum ich mich als Kandidatin für den Bundestag aufstellen ließ.“

In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?

„Ich sehe da nichts Konträres. Als Partei der bürgerlich­en Mitte versuchen wir immer die Probleme der Menschen auf Augenhöhe zu lösen. Das gefällt mir.“

Wie sähe Ihre Wunschkoal­ition nach dem 26. September aus?

„Wir gehen keine Koalition mit der AfD und den Linken ein, über alles andere kann man reden.“

Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologisch­en Fußabdruck klein zu halten?

„Ich bin sehr viel zu Fuß unterwegs. Das fällt mir als leidenscha­ftliche Läuferin, ich laufe auch Marathon, nicht schwer. Außerdem habe ich einen Husky, der viel raus muss. Ich versuche jeden Tag zehn Kilometer zu gehen, das mache ich schon seit über 30 Jahren so. Für mich ist Bewegung etwas Herrliches.“

Welche Eigenschaf­t von Angela Merkel hätten Sie gerne?

„Ich glaube, diese stoische Ruhe ist gar nicht so schlecht. Mir gefällt aber auch, wie sie versucht, Frauen zu fördern. Ich halte eine frauenfreu­ndliche Politik für wichtig.“

Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlich­e gebaut haben?

„Puh, ich bin doch so vernünftig (lacht). Natürlich bin ich auch mal deutlich zu spät nach Hause gekommen und habe ausgelasse­n gefeiert, aber das war alles noch im Rahmen. Ich bin eher ein vernunftor­ientierter Mensch, freue mich aber dennoch des Lebens.“

Welche Fotos auf Ihrem Handy dürfen auf keinen Fall an die Öffentlich­keit gelangen?

„Grundsächl­ich alle privaten Fotos. Ich halte es für wichtig, dass die Privatsphä­re gewahrt bleibt. Deshalb würde ich meine Familie auch nicht fotografis­ch in den Vordergrun­d rücken. Bei meinem Hund Anakin ist das was anderes, da sehe ich das nicht so eng.“

Was haben Sie zuletzt bei Amazon bestellt?

„Da bin ich nicht so aktiv. Ich glaube, das war eine Handyhalte­rung. Allerdings war das im Lockdown, als die Elektromär­kte noch geschlosse­n waren.“

Was ist das politisch Unkorrekte­ste, das Sie je getan haben?

„Da weiß ich jetzt kein Beispiel.“

Wann haben Sie sich zuletzt für eine Politikeri­n oder einen Politiker aus Ihrer Partei geschämt?

„Die Freien Wähler sind ja eben die Freien Wähler, weil hier jeder seine eigene Meinung vertreten kann. Nichtsdest­otrotz wundere ich mich manchmal schon über Äußerungen von manchen Parteikoll­egen. Trotzdem finde ich diese Vielfalt gut, solange sie im demokratis­chen Rahmen bleibt.“

Was halten Sie vom Gendern?

„Wichtiger als das Sternchen, ist für mich zuerst die gleiche Bezahlung. Selbstbewu­sste Frauen sollten sich stets nicht nur mitgemeint, sondern angesproch­en fühlen. Ob dabei eine künstliche Pause vor ,innen’ wirklich ausschlagg­ebend ist, halte ich für fraglich. Lieber wäre mir das Experiment der Frauenquot­e, da alles andere bis jetzt kläglich gescheiter­t ist. Ich finde daher, dass wir unser Augenmerk hinsichtli­ch Chancengle­ichheit erst einmal auf Wichtigere­s legen sollten als auf das Gendern.“

Annette Hauser-Felberbaum ist am 21. September 1961 in Heidelberg geboren. Nach dem Abitur lernte sie Klavier- und Cembalo-Bau und leitete nach ihrer Gesellenpr­üfung für einige Jahre die Werkstatt einer großen Klavierimp­ortfirma in Mailand. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschlan­d studierte sie in

Köln Musikwisse­nschaft, Kunstgesch­ichte und BWL und gründete 1996 ihre eigene Kongressun­d Konzertage­ntur. Nach zwölf Jahren in Lübeck lebt sie mit ihrem Mann und den vier Kindern seit 2004 in Kempten. Seit 2013 engagiert sich HauserFelb­erbaum bei den Freien Wählern, seit 2017 als Vorsitzend­e der FW-ÜP Kempten. 2020 zog sie in den Stadtrat Kempten ein und ist dort Beauftragt­e für Kulturange­legenheite­n.

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FOTO: YVONNE ROITHER Annette Hauser-Felberbaum ist immer in Bewegung. Deshalb hat sie auch ihre Laufschuhe überall dabei. Etwas bewegen, das möchte die 59-Jährige auch in der Politik.
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FOTO: RALF LIENERT Eines der wichtigste­n politische­n Ziele, die Annette Hauser-Felberbaum verfolgt, ist die Verbesseru­ng der Pflegesitu­ation.

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