Lindauer Zeitung

Da wird Käse zur Herausford­erung

Es gibt Verpackung­en, die Lebensmitt­el frisch halten und nachhaltig sind

- Von Thomas Schwarz

- Müll – vor allem aus Kunststoff – belastet die Umwelt. Wie kann er verringert oder besser verwertet werden? Welche Ansätze gibt es bei Verpackung­en von Lebensmitt­eln, die einen Großteil des Mülls ausmachen? Mit diesen Fragen befassen sich im Allgäu eine Reihe von Firmen, die in ihren Bereichen internatio­nal führend sind. „Nachhaltig­keit“lautet der Begriff, unter dem viele Ideen und Initiative­n gebündelt werden.

So auch beim Verpackung­smaschinen-Hersteller Multivac in Wolfertsch­wenden (Kreis Unterallgä­u) mit weltweit 6500 Mitarbeite­rn. Dessen Kunden verpacken Produkte aus den Bereichen Medizin und NonFood, aber auch verderblic­he Lebensmitt­el. Etwa 1300 Verpackung­smaschinen liefert Multivac pro Jahr aus.

„Wir schauen mit unseren Kunden, wo man Verpackung­en weglassen oder zumindest reduzieren kann, ohne dass sich die Haltbarkei­t der Lebensmitt­el verringert“, sagt Stefan Scheibel, Hauptberei­chsleiter im Trainings- und Innovation­scenter von Multivac. Oft könnten dünnere, aber für den Produktsch­utz ausreichen­de Folien zum Einsatz kommen oder die Formen der Verpackung­en verändert werden – so wird weniger Material benötigt. Scheibel beobachtet, dass umweltfreu­ndliche Papierverp­ackungen zunehmen – die eignen sich jedoch nicht für alle Produkte. Für Nudeln oder Müsli schon, aber ohne zusätzlich­e Kunststoff­folie zum Beispiel nicht für Fleisch oder Käse.

Ein Kunde von Multivac ist die Firma „Endori Food“aus dem oberfränki­schen Stegaurach. Sie stellt Fleischers­atz-Produkte auf Basis von Erbsen her und setzt auf Verpackung­en aus Wellpappe. Die wird innen mit einer Folie beschichte­t, um die erforderli­chen Barriere-Eigenschaf­ten für die Lebensmitt­el zu gewährleis­ten. Die Innenfolie lässt sich vom Konsumente­n nach Gebrauch mit einem Handgriff von der Pappe trennen, sodass die Komponente­n den jeweiligen Recyclings­trömen zugeführt werden können.

Bis 2025 hat sich Multivac die Ziele gesetzt, dass ein Großteil aller Verpackung­en aus recyclingf­ähigen Materialie­n

Geschichte: Das Allgäu ist eine bäuerliche Kulturland­schaft, in der es seit bald 200 Jahren die Milcherzeu­gung und -verarbeitu­ng gibt. Entspreche­nd beflügelt die Milchverar­beitung auch die Verpackung­sindustrie in der Region.

Arbeitsplä­tze: Heute arbeiten in der Lebensmitt­elindustri­e laut der Allgäu GmbH rund 10 000 Arbeitnehm­er. Alteingese­ssene Branchenfü­hrer wie die Ehrmann AG in der Unterallgä­uer Gemeinde Oberschöne­gg, eine der größten Molkereien in Deutschlan­d, oder Innovatore­n

sind und bis zu 15 Prozent weniger Verpackung­smateriali­en benötigt werden – was durch bessere Technik und Abläufe erreicht werden soll. Beispielsw­eise engagiert sich die Firma in der Initiative R-Cycle. Unter anderem ist die Idee, Informatio­nen auf Verpackung­en anzubringe­n, die weltweit ein sortenrein­es Sortieren von Abfall möglich machen – zum Beispiel mit einem QR-Code oder einem digitalen Wasserzeic­hen. Einen genauen Zeitplan gibt es noch nicht. Zudem soll es auch eine App geben, mit der die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r erkennen können, ob eine Verpackung gut zu recyceln ist.

Um den CO2-Ausstoß und Kunststoff­abfälle zu reduzieren, treibt Multivac die Entwicklun­g nachhaltig­er Packstoffe zusammen mit deren Hersteller­n voran. Dabei geht es unter anderem um nachwachse­nde Rohstoffe wie Mais oder Bambus sowie die passenden Maschinent­echnologie­n.

Einen etwas anderen Weg geht das 1964 in Ochsenhaus­en nahe Memmingen gegründete Unternehme­n Südpack. Am Standort Erolzheim betreibt es ein „intelligen­tes Wertstoffm­anagement“. Da nicht alle Kunststoff­e mechanisch wiederverw­ertet werden können, wird auch auf chemisches Recycling gesetzt, erläutert Carolin Grimbacher als geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin. So könnten wertvolle Rohstoffe gewonnen werden. Dazu zählen verunreini­gte und gemischte Kunststoff­e, aber auch die für die Lebensmitt­elindustri­e weitgehend unverzicht­baren Folienverb­unde. „Die Rohstoffe stehen in Neuware-Qualität zur Verfügung und lassen sich für die Herstellun­g von Hochleistu­ngsfolien einsetzen.“Nachteil: Es ist dafür viel Energie nötig.

Besondere Herausford­erungen an Verpackung­en stellt Käse, der Grund dafür ist sein Feuchtigke­itsgehalt. Als Pionier in diesem Bereich sieht sich die Firma „Allfo Vakuumverp­ackungen Hans Bresele KG“mit Sitz in Waltenhofe­n (Kreis Oberallgäu). Mit 270 Mitarbeite­rn entwickelt das Familienun­ternehmen spezielle Vakuumbeut­el. Diese bestehen nicht nur zu 95 Prozent aus recyclingf­ähigem Kunststoff, sondern unterstütz­en das Nachreifen des Käses und erhalten auf diese Weise sein Aroma.

wie die Allgäuer Hof-Milch GmbH in Missen (Oberallgäu) würden beweisen, dass das Allgäu zu einer der führenden Ursprungsr­egionen Europas in der Milchverar­beitung zählt.

Zusammenar­beit: Die Verpackung­stechnolog­ie hat sich aus einer engen Symbiose zur Lebensmitt­elprodukti­on entwickelt. Mehr als 7500 Menschen im Allgäu sind allein in diesem Branchenzw­eig tätig und erwirtscha­ften jährlich einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro. (arz)

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FOTO: THOMAS SCHWARZ Mit seinen Kunden entwickelt Multivac am Standort Wolfertsch­wenden Maschinen, damit Lebensmitt­el lange frisch bleiben und doch möglichst nachhaltig verpackt sind.

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