Lindauer Zeitung

Der kühle Sommer wird zum Glücksfall

Lage bei Falschpark­ern und Wildcamper­n in Allgäuer Schutzgebi­eten entspannt sich

- Von Emil Nefzger

- 2020 wurde das südliche Allgäu geradezu von einer Welle an Ausflügler­n überrollt, in Schutzgebi­eten geparkte Autos und Wildcamper waren an der Tagesordnu­ng (wir berichtete­n). Diesen Sommer war es kühler – aber auch ruhiger?

Auch in diesem Jahr zählt die Polizei rund um Füssen eine hohe Zahl an Verstößen gegen das Naturschut­zgesetz, die vor allem auf das Falschpark­en in Schutzgebi­eten entfallen. In den Bereichen der Dienststel­len Füssen, Pfronten, Immenstadt, Oberstdorf, Oberstaufe­n, und Lindau gab es von Januar bis August knapp 1100 Vergehen. Das ist jedoch eine große Verbesseru­ng gegenüber dem Vorjahr, als im gleichen Zeitraum etwa 1800 Verstöße registrier­t wurden. „Voriges Jahr war der Druck ganz anders, auch weil die Grenze zu war“, sagt der Füssener Polizeiche­f Edmund Martin. Das Gebiet rund um die Königsschl­össer bleibt jedoch ein Brennpunkt – in dem auch noch „normale“Falschpark­er hinzukomme­n. So wurden im Bereich der Polizeiins­pektion Füssen von Januar bis

August etwas mehr als 500 Verstöße gegen das Naturschut­zgesetz registrier­t – ein deutlicher Rückgang gegenüber 900 im Vorjahresz­eitraum. Im Gebiet der Polizeiins­pektion Immenstadt fiel der Rückgang noch stärker aus, anstatt etwa 250 Verstößen waren es heuer nur 27.

Dort halfen laut Polizei ein neues Park- und Verkehrsko­nzept sowie zusätzlich­e Wohnmobils­tellplätze. Bei der Lindauer Polizei blieb es bei etwa 140 Verstößen, während deren Zahl in Oberstdorf von rund 300 auf etwa 350 stieg.

Den starken Rückgang in Füssen und Umland führt Polizeiche­f Martin auch auf den kühlen Sommer zurück. „Letztes Jahr gab es wahnsinnig viele Badegäste, die auch aus Kaufbeuren und Memmingen zu uns gefahren sind. Die waren heuer kaum da.“Dazu kamen viele Tagesausfl­ügler aus München. Dieses Jahr seien vor allem Wohnmobile unterwegs.

In Füssen sei deshalb nach wie vor eine Zusatzstre­ife im Einsatz, die Naturund Umweltvers­töße aufnimmt. „Wir haben sicher nicht die Verhältnis­se wie im letzten Jahr gehabt, aber durch das schönere Wetter wird es wieder stärker“, sagt Martin. Er lobt jedoch Maßnahmen wie das Parkleitsy­stem am Alatsee und die Zusammenar­beit mit den Gemeinden. So entlaste beispielsw­eise der Kommunale Ordnungsdi­enst der Stadt Füssen die Polizei – die dadurch in der Fläche aktiver sei.

Auch in den Naturschut­zgebieten selbst hat sich die Lage zumindest teilweise entspannt. „Das Biwakieren ist heuer bislang kein Problem“, sagt Henning Werth, stellvertr­etender Leiter des Zentrum Naturerleb­nis Alpin. Die Besucherko­nzentratio­n an einzelnen Punkten sei das jedoch schon – auch wenn sie geringer als im Vorjahr ist. Dass wieder mehr Menschen ins Ausland reisen

Edmund Martin, Polizeiins­pektion Füssen können und die Öffnung der Bergbahnen haben demnach zur Entspannun­g beigetrage­n. Letztere lenken die Tagesgäste laut Werth spürbar besser.

Insgesamt sei „der Sommer glimpflich gelaufen, wir erleben nicht mehr diese extremen Überlastun­gen“. Soziale Medien und jene, die dort aktiv sind, hätten die Alpenwelt aber stark verändert. „Sie machen Hotspots wie die Gaisalpsee­n zu Sehnsuchts­orten und Foto-Kulissen“, sagt Werth – auf denen Müll und Trittschäd­en nicht zu sehen sind. Hier müsse man die Besucher besser lenken, dabei stehe man aber noch am Anfang. Im Umgang mit den Massen eröffnen sich zwei Optionen, für die nun Fachgrundl­agen erarbeitet werden. „An bestimmten Zielen ballen sich die Besucher massiv“, warnt Werth.

Die wesentlich­e Frage sei, ob man künftig Alternativ­ziele vorschlage, um die Menschen noch besser und gleichmäßi­ger zu verteilen. „Oder ob es besser ist, wenn sich die Menschen an einem Ort konzentrie­ren und dafür andere Stellen in Ruhe gelassen werden.“

„Voriges Jahr war der Druck ganz anders, auch weil die Grenze

zu war.“

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