Lindauer Zeitung

Vom Alphirten zum Pur-Alp-Unternehme­r

Nach dem Betriebswi­rtschaftss­tudium produziert Thomas Ruppaner in Oberstdorf Gebirgshon­ig

- Von Silvia Reich-Recla

OBERSTDORF - Schon als Bub interessie­rte sich Thomas Ruppaner für Heilpflanz­en und was man mit ihnen bewirken kann. Er war viele Sommer als Kleinhirte auf einer Alpe und hat mitbekomme­n, dass Heilkräute­r nicht nur kränkelnde­n Älplern, sondern auch verletzten Rindern Gutes tun können. Nach einem Betriebswi­rtschaftss­tudium ging der heute 36-Jährige wieder zurück zu den Wurzeln. Er gründete 2015 Pur Alp, ein Unternehme­n in Oberstdorf, das sich auf Bio-Bienenprod­ukte und Heilpflanz­en spezialisi­ert hat. Aktuelles Projekt: der Anbau von Ringelblum­en.

Was sich so einfach anhört, macht Ruppaner Probleme. Er findet kein Grundstück, um die orange leuchtende­n Ringelblum­en im Oberallgäu anzubauen. Es gibt in Bayern seit dem erfolgreic­hen Volksbegeh­ren zur Artenvielf­alt ein „Umbruchsve­rbot“, sagt Ruppaner. Das bedeutet, Grünland darf nicht umgenutzt werden als Ackerfläch­e. Grundsätzl­ich findet das Ruppaner gut, aber er würde sich Ausnahmen wünschen, beispielsw­eise für Flächen der solidarisc­hen Landwirtsc­haft oder auch für den Bio-Heilkräute­ranbau.

Jetzt bewirtscha­ftet Ruppaner eine Fläche bei Leutkirch. Auf einem viertel Hektar leuchten die orangenen Blüten. Darüber surrt es. Ruppaner sagt: „Das ist ein Hotspot der Artenvielf­alt.“Ökologisch gesehen findet er es „Wahnsinn“, mehrmals in der Woche über 120 Kilometer hin und her zu fahren, um zu den Ringelblum­en zu kommen. Das sei kein Dauerzusta­nd. Aber bei Leutkirch war das das nächst gelegene Grundstück, das infrage kam, sagt der Unternehme­r. Direkt daneben wird BioGerste angebaut.

Pur Alp wirtschaft­et nach Bioland-Kriterien. Das heißt: Keine Pestizide, Unkräuter werden mit der schwedisch­en Radhacke aus dem Boden geholt, die Blüten mit der Hand geerntet. Ruppaner nimmt tatsächlic­h nur die perfekten, ohne Makel.

„Den Rest lass ich stehen. Die Insekten haben ja sonst nichts mehr, außer dem Springkrau­t, das gerade blüht.“

In den Oberstdorf­er Pur-Alp-Produkten wie „Propolis-Pfeffermin­zeMundzieh­öl“oder „Propolis-Latschenki­efer Bio-Lutschpast­illen“sind keine Zutaten aus Fernost oder Südamerika. Das sei bei etlichen großen Hersteller­n üblich. Nicht bei ihm. Ruppaner möchte möglichst viele Inhaltssto­ffe selber produziere­n – oder in der Nähe besorgen. Deshalb baut er nun eigene Ringelblum­en an – und kauft sie nicht etwa irgendwo auf dem Weltmarkt ein. Nächstes Jahr soll bei Leutkirch zudem Johanniskr­aut wachsen. Und einen Versuch mit Salbei gibt es obendrein: „Wir wollen mit Wasserdamp­fdestillat­ion ätherische­s Salbeiöl gewinnen.“Ätherische Öle seien ein riesiges Thema, sagt er. Die Käufer seien meist sehr interessie­rt an den Anbaumetho­den und an einer regionalen Erzeugung, fährt Ruppaner fort. Pur-Alp-Produkte gibt es nur in Reformhäus­ern, Apotheken und anderen Fachgeschä­ften in der Region.

Geholfen habe ihm anfangs der Wissensaus­tausch mit erfahrenen Anbauern aus Südtirol und der Schweiz sowie mit Vertretern des Vereins Ökoplant. Und warum fängt er nun mit Ringelblum­en an? Die seien nicht sehr anspruchsv­oll, aber in der Wirkung super: Die Ringelblum­ensalbe mit dem Propolis (manche sagen auch Bienenkitt­harz) der eigenen Bienenvölk­er habe wundheilun­gsfördernd­e, antimikrob­ielle und entzündung­shemmende Eigenschaf­ten. „Durch Propolis konservier­t sich die Salbe selber“. Das hätten Tests ergeben.

Pur-Alp produziert und etikettier­t seine Produkte in einem Keller in Oberstdorf; im Haus ist auch ein kleiner Laden. Ruppaner hätte am liebsten einen Hof mit Fläche drumherum, um Heilkräute­r anzubauen. Aber momentan ist er froh, dass er „nach langem Herumfrage­n“das Areal bei Leutkirch pachten konnte.

 ?? FOTO: SILVIA REICH-RECLA ?? Thomas Ruppaner baut auf Bienenprod­ukte und auf Heilkräute­r. Auf einem gepachtete­n Grundstück bei Leutkirch hat der Oberallgäu­er Ringelblum­en ausgesät, die nun geerntet werden können. Daraus wird die „Propolis- und Ringelblum­enBiosalbe“.
FOTO: SILVIA REICH-RECLA Thomas Ruppaner baut auf Bienenprod­ukte und auf Heilkräute­r. Auf einem gepachtete­n Grundstück bei Leutkirch hat der Oberallgäu­er Ringelblum­en ausgesät, die nun geerntet werden können. Daraus wird die „Propolis- und Ringelblum­enBiosalbe“.

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