Eine neue Heimat in Friedrichshafen für die Do 24
Flugboot steht jetzt im Dornier Museum – Berührende Begegnungen beim Festakt
- 50 lange Jahre hat er sie nicht gesehen. Ist trotzdem nicht von ihr losgekommen. Hat immer wieder an sie gedacht, im Kopf die Stationen der mehrtägigen Reise abgerufen, als er die alte Dame, mit der er für die spanische Luftwaffe Seenot-Rettungseinsätze hatte, im August 1971 nach Hause an den Bodensee geflogen hat: Mallorca, Marseille, Lausanne, Friedrichshafen. Jetzt steht José Luis Ferragut Aguilar vor der letzten Do 24 ATT auf dem Bodensee-Airport, dem legendären Flugboot, das mit den anderen rund 200 Maschinen dieses Typs und ihren Crews tausende Schiffsbrüchige und Flüchtlinge gerettet hat. In ein paar Stunden soll die Maschine ins Dornier Museum rollen.
Der mittlerweile 80-jährige Pilot will etwas sagen, doch er kann nicht. Ein Kloß im Hals. Der Spanier legt seine Hand auf die Do 24, streichelt sie, küsst sie, hält inne. Dann hat er sich wieder im Griff. Der Pilot beginnt, von der Do 24 ATT als „Juwel“zu schwärmen, von einem „wundervollen
Fluggerät“. Und fügt an: „Es ist das beste Wasserflugzeug, das je gebaut wurde.“
Noch bevor am Freitag die Feierstunde „Dornier Do 24 – Rückkehr einer Legende“im Dornier Museum mit 180 geladenen Gästen beginnt, das Flugboot dort eine neue Heimat findet, gibt es gleich mehrere berührende Begegnungen. Nein, José Luis Ferragut Aguilar hätte Iren Dornier, den jetzigen Eigner der Do 24 ATT, nicht mehr erkannt – auch sie haben sich vor 50 Jahren zum letzten Mal gesehen. Der spanische Pilot herzt seinen Kollegen, beide freuen sich über das Wiedersehen, fachsimpeln im Cockpit.
Im Jahr 1969 war die Maschine vom spanischen Militär ausgemustert worden. Der Spanier bekam zwei Jahre später den Auftrag, das Flugboot in seine alte Heimat zu fliegen – zwei Jahre, in denen die Do 24 nicht gewartet wurde. Hatte er Angst?
José Luis Ferragut Aguilar (23 000 Flugstunden) und Iren Dornier (12 500 Flugstunden) sagen wie aus der Pistole geschossen: „Wir Piloten haben keine Angst.“Und der 80-Jährige fügt schmunzelnd an: „Und wenn wir Angst haben, sagen wir es nicht.“
Weitere Begegnungen: Der AltDornianer Rolf Breitinger aus Friedrichshafen, der die Do 24 im Maßstab 1:10 detailgetreu nachgebaut und im Museum ausgestellt hat und als Letzter der damaligen Dornier-Mannschaft lebt, die für die Wartung zuständig war, findet kaum Worte, als ihn José Luis Ferragut Aguilar in die Arme nimmt – die beiden sind vor 50 Jahren gemeinsam in der Do 24 geflogen. Hans Rieger aus Daisendorf, damals Abteilungsleiter Mechanik bei Dornier, überrascht den Spanier mit einem Film, den er seinerzeit bei der Ankunft der Do 24 gedreht hat.
Es ist ein großer Empfang für die alte Dame – kein ein Requiem, sondern ein Aufbruch zu neuen Ufern. Angehörige der Familie Dornier sind gekommen, viele Freunde des Flugbootes. Conrado Dornier, Enkel Claude Dorniers, hat seine „Seastar“mitgebracht, ein Flugboot, das auf seinen Vater Claudius zurückgeht. Er baut es mit Chinesen. Es zeigt seinen Worten zufolge, dass der DornierFlugbootbau
Zukunft hat. Iren Dornier, ebenfalls ein Enkel von Claude Dornier, versichert, dass die Do 24 ATT „kein verstaubtes Museums-Exponat“werden soll. Er wolle das Flugboot fliegen, sobald es wieder eine Zulassung bekommt. „So lange ich auf den Beinen bin, soll sie sich in die Lüfte erheben können.“Er nimmt Bezug auf die Luftfahrtgeschichte Friedrichshafens, verbeugt sich vor den alten Pionieren, deren Traum weiterleben müsse und schwärmt von Friedrichshafen als „absolut innovative Technologiestadt in Süddeutschland, der einzigen in der Art“.
Stellvertretend für Oberbürgermeister Andreas Brand würdigt Bürgermeister Dieter Stauber die Geschichte Claude Dorniers als „Erfolgsgeschichte – trotz mancher Höhen und Tiefen“, spricht im Zusammenhang mit der Rückkehr der Do 24 von einem „historischen Augenblick“.
Bernd Sträter (Stiftungsrat der Dornier-Stiftung) dankt Iren Dornier und Museumsdirektor Hans-Peter Rien für die „Heimführung“der fluguntauglichen Do 24. Wolfgang Wagner, seinerzeit Dornier-Chef-Ingenieur für das Projekt, schwärmt von der Do 24 als „einzigartig“in Bezug auf die Rumpfstruktur.
Es gebe keine Rechenmethode, die es ermögliche, solch einen Rumpfboden nachzubauen, der ein derart hervorragendes Verhalten im schweren Wasser ermögliche.
Die Do 24 ATT sei ein „Top-Flugzeug“, Ingenieure und Techniker hofften, dass die Zulassung bald komme. Wolfgang Wagner: „Wir haben nicht nur ein museales Stück, sondern ein Flugzeug, das uns weiterhin mit Flügen erfreut.“
Am Ende des Festakts in Friedrichshafen werden die Gäste nach draußen gebeten. Dort rollt Iren Dornier mit seiner Do 24 ATT und laufenden Motoren aufs Museumsgelände.
Von jetzt an gehört die Bleibe der Do 24 ATT in einem dunklen Hangar der Vergangenheit an.