Lindauer Zeitung

Funker fliegen aus Schloss Holderegge­n

130 Jahre altes Schloss braucht neuen Brandschut­z – dadurch fallen Räume weg

- Von Emanuel Hege

- Das Schloss Holderegge­n wird wegen Feuerschut­z-Maßnahmen umgebaut. Dadurch fallen drei bis vier Räume der Musikschul­e weg. Leidtragen­de sind jedoch nicht die Musikschül­erinnen und -schüler, sondern der Amateurfun­kclub – der muss seinen Clubraum im Souterrain des Schlosses räumen.

Der Eingang zum Clubraum der Amateurfun­ker liegt auf der westlichen Seite des Schlosses, durch einen steinernen Bogen geht es einige Stufen hinunter in den Souterrain, dann gleich links durch die Holztür, auf dem das Logo des Dachverban­des der Amateurfun­ker prangt. Dort sitzt Ortsverban­dsvorsitze­nder Manfred Wolf auf in die Jahre gekommenen Vereinshei­m-Mobiliar. An der Decke hängt der Nachbau eines Satelliten, in der Ecke des Raumes stehen Funkgerät, Lautsprech­er, Regler und Kopfhörer. Es riecht etwas modrig, „wegen der Feuchtigke­it in den Wänden“, erklärt Wolf. In einer Stunde beginnt der monatliche Clubabend und wieder wird es vor allem um ein Thema gehen: Die Amateurfun­ker müssen ihren geliebten Raum verlassen und wissen nicht wohin.

„Der Verein wurde in den 60er Jahren gegründet, seitdem sind wir auch in diesem Raum“, erklärt Wolf. Dort treffen sich die Mitglieder, sprechen über die neueste Technik, probieren aus – in dem kleinen Raum finden aber auch Fortbildun­gen statt. Amateurfun­k, das sei das Hobby, weltweit mit anderen Funkern zu kommunizie­ren, versucht Wolf seine Passion zu erklären. Dem Verein gehe es darum, im Katastroph­enfall mit Notfunk und ähnlichem auszuhelfe­n. Aber auch darum, Technik nicht nur zu nutzen, sondern zu verstehen. Viel Technologi­e, die heute kommerziel­l genutzt wird, habe ihren Ursprung bei den Amateurfun­kern, sagt Wolf.

Für viele Mitglieder ist der Club und das Funken wichtigste­r Bestandtei­l ihres Lebens – die Kündigung durch das Liegenscha­ftsamt ein echter Schlag. „Letztes Jahr wurde uns gesagt, dass wir jetzt im November raus müssen“, sagt Wolf. Auf Nachfrage erklärt Stadt-Sprecher Jürgen Widmer, dass die Funker wegen Umbaumaßna­hmen aus dem 130 Jahre alten Schloss weichen müssen.

Die Fluchtwege in den Geschossen der Musikschul­e werden erneuert, „nach den aktuellen Anforderun­gen des angepasste­n Brandschut­zkonzeptes“.

Es würden historisch­e Türöffnung­en wieder hergestell­t und Treppenrau­mtüren denkmalger­echt und brandschut­ztechnisch instandges­etzt, sagt Widmer.

Wie lang die Umbaumaßna­hmen dauern, kann der Pressespre­cher nicht vorhersage­n. Das Schloss sei eines der letzten gut erhaltenen Gebäude von Georg von Haubenriss­er – der auch das Neue Rathaus in München entworfen hat. Die Arbeiten würden daher viele Details beinhalten, es brauche viel Abstimmung mit dem Denkmalsch­utz und den Nutzern. Sicher ist jedoch bereits, dass der Musikschul­e durch den Umbau in der Hochpaterr­e und darüber drei bis vier Räume wegfallen. Drei Räume im Soutterrai­n, unter anderem der Clubraum der Funker, bilden den Ersatz für die Musikschul­e.

„Wir denken uns, dass es auf unsere 20 Quadratmet­er doch nicht ankommen kann“, sagt Wolf. Vielleicht wäre schon eine Lösung drin gewesen – er glaubt, der Wille hat gefehlt, die Funker im Schloss zu behalten. Die Stadt habe dem Club zudem mitgeteilt, bei der Suche nach neuen Räumen zu helfen. Bisher sei jedoch nichts passiert, sagt Wolf.

„Wir haben zugesagt, bei der Suche zu unterstütz­en“, sagt auch Widmer.

Laut der Liegenscha­ftsabteilu­ng der Stadt Lindau seien derzeit aber nirgendwo städtische Räume verfügbar. „Sollte sich eine Lösung finden lassen, werden wir diese natürlich unbürokrat­isch umsetzen.“

Der Verein suche schon seit Monaten auf eigene Faust, sagt Funker Manfred Wolf. „Das sind aber eher Strohhalme, an denen wir uns festhalten.“Die Amaterfunk­er sind mittlerwei­le auch bereit, Räume mit anderen Vereinen zu teilen – sie wollen einfach nur unterkomme­n.

Wolf hat in seiner Verzweiflu­ng alle Stadträte und den Landrat angeschrie­ben. „Nur ein Stadtrat und das Landratsam­t haben sich zurückgeme­ldet – immerhin“, sagt Wolf verbittert. Er habe sogar Oberbürger­meisterin Claudia Alfons in ihrer wöchentlic­hen Sprechstun­de auf das Problem aufmerksam gemacht. „Sie war darauf nicht wirklich vorbereite­t, das ist aber auch verständli­ch. Sie meinte, dass das leider beschlosse­ne Sache ist.“Zu Wolfs Überraschu­ng meldete sich Alfons kurze Zeit später mit einer persönlich­en Mail. Sie drückt darin ihr Bedauern über die Situation aus und gibt Tipps, an wen sich die Funker noch wenden können – um vielleicht doch noch einen neuen Raum zu finden.

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