Funker fliegen aus Schloss Holdereggen
130 Jahre altes Schloss braucht neuen Brandschutz – dadurch fallen Räume weg
- Das Schloss Holdereggen wird wegen Feuerschutz-Maßnahmen umgebaut. Dadurch fallen drei bis vier Räume der Musikschule weg. Leidtragende sind jedoch nicht die Musikschülerinnen und -schüler, sondern der Amateurfunkclub – der muss seinen Clubraum im Souterrain des Schlosses räumen.
Der Eingang zum Clubraum der Amateurfunker liegt auf der westlichen Seite des Schlosses, durch einen steinernen Bogen geht es einige Stufen hinunter in den Souterrain, dann gleich links durch die Holztür, auf dem das Logo des Dachverbandes der Amateurfunker prangt. Dort sitzt Ortsverbandsvorsitzender Manfred Wolf auf in die Jahre gekommenen Vereinsheim-Mobiliar. An der Decke hängt der Nachbau eines Satelliten, in der Ecke des Raumes stehen Funkgerät, Lautsprecher, Regler und Kopfhörer. Es riecht etwas modrig, „wegen der Feuchtigkeit in den Wänden“, erklärt Wolf. In einer Stunde beginnt der monatliche Clubabend und wieder wird es vor allem um ein Thema gehen: Die Amateurfunker müssen ihren geliebten Raum verlassen und wissen nicht wohin.
„Der Verein wurde in den 60er Jahren gegründet, seitdem sind wir auch in diesem Raum“, erklärt Wolf. Dort treffen sich die Mitglieder, sprechen über die neueste Technik, probieren aus – in dem kleinen Raum finden aber auch Fortbildungen statt. Amateurfunk, das sei das Hobby, weltweit mit anderen Funkern zu kommunizieren, versucht Wolf seine Passion zu erklären. Dem Verein gehe es darum, im Katastrophenfall mit Notfunk und ähnlichem auszuhelfen. Aber auch darum, Technik nicht nur zu nutzen, sondern zu verstehen. Viel Technologie, die heute kommerziell genutzt wird, habe ihren Ursprung bei den Amateurfunkern, sagt Wolf.
Für viele Mitglieder ist der Club und das Funken wichtigster Bestandteil ihres Lebens – die Kündigung durch das Liegenschaftsamt ein echter Schlag. „Letztes Jahr wurde uns gesagt, dass wir jetzt im November raus müssen“, sagt Wolf. Auf Nachfrage erklärt Stadt-Sprecher Jürgen Widmer, dass die Funker wegen Umbaumaßnahmen aus dem 130 Jahre alten Schloss weichen müssen.
Die Fluchtwege in den Geschossen der Musikschule werden erneuert, „nach den aktuellen Anforderungen des angepassten Brandschutzkonzeptes“.
Es würden historische Türöffnungen wieder hergestellt und Treppenraumtüren denkmalgerecht und brandschutztechnisch instandgesetzt, sagt Widmer.
Wie lang die Umbaumaßnahmen dauern, kann der Pressesprecher nicht vorhersagen. Das Schloss sei eines der letzten gut erhaltenen Gebäude von Georg von Haubenrisser – der auch das Neue Rathaus in München entworfen hat. Die Arbeiten würden daher viele Details beinhalten, es brauche viel Abstimmung mit dem Denkmalschutz und den Nutzern. Sicher ist jedoch bereits, dass der Musikschule durch den Umbau in der Hochpaterre und darüber drei bis vier Räume wegfallen. Drei Räume im Soutterrain, unter anderem der Clubraum der Funker, bilden den Ersatz für die Musikschule.
„Wir denken uns, dass es auf unsere 20 Quadratmeter doch nicht ankommen kann“, sagt Wolf. Vielleicht wäre schon eine Lösung drin gewesen – er glaubt, der Wille hat gefehlt, die Funker im Schloss zu behalten. Die Stadt habe dem Club zudem mitgeteilt, bei der Suche nach neuen Räumen zu helfen. Bisher sei jedoch nichts passiert, sagt Wolf.
„Wir haben zugesagt, bei der Suche zu unterstützen“, sagt auch Widmer.
Laut der Liegenschaftsabteilung der Stadt Lindau seien derzeit aber nirgendwo städtische Räume verfügbar. „Sollte sich eine Lösung finden lassen, werden wir diese natürlich unbürokratisch umsetzen.“
Der Verein suche schon seit Monaten auf eigene Faust, sagt Funker Manfred Wolf. „Das sind aber eher Strohhalme, an denen wir uns festhalten.“Die Amaterfunker sind mittlerweile auch bereit, Räume mit anderen Vereinen zu teilen – sie wollen einfach nur unterkommen.
Wolf hat in seiner Verzweiflung alle Stadträte und den Landrat angeschrieben. „Nur ein Stadtrat und das Landratsamt haben sich zurückgemeldet – immerhin“, sagt Wolf verbittert. Er habe sogar Oberbürgermeisterin Claudia Alfons in ihrer wöchentlichen Sprechstunde auf das Problem aufmerksam gemacht. „Sie war darauf nicht wirklich vorbereitet, das ist aber auch verständlich. Sie meinte, dass das leider beschlossene Sache ist.“Zu Wolfs Überraschung meldete sich Alfons kurze Zeit später mit einer persönlichen Mail. Sie drückt darin ihr Bedauern über die Situation aus und gibt Tipps, an wen sich die Funker noch wenden können – um vielleicht doch noch einen neuen Raum zu finden.