Lindauer Zeitung

Scholz-Vertrauter in der Schusslini­e

Ermittlung­en gegen Staatssekr­etär aus dem SPD-geführten Finanzmini­sterium

- Von Dieter Keller

- Hat sich der Staatssekr­etär von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz strafbar gemacht, weil er Dokumente der Staatsanwa­ltschaft veröffentl­icht hat? Sein Vorwurf der Parteilich­keit gegen die Strafverfo­lger ist hoch riskant.

Sein Staatssekr­etär twittere viel, reagierte Olaf Scholz kurz angebunden auf die neueste Entwicklun­g bei der Razzia in seinem Ministeriu­m. „Das kann ich kaum noch nachvollzi­ehen, was er da im Einzelnen macht.“Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwa­ltschaft Osnabrück gegen Finanz-Staatssekr­etär Wolfgang Schmidt ermittelt, weil er bei Twitter wesentlich­e Teile des Durchsuchu­ngsbeschlu­sses veröffentl­icht hatte. Das ist nach dem Strafgeset­zbuch vor einer Gerichtsve­rhandlung verboten.

Der Vorgang ist besonders pikant, weil Schmidt als engster Vertrauter von Scholz gilt. Der 50-jährige Jurist arbeitete schon von 2011 bis 2018 für ihn, im Amt eines Staatsrate­s in der Hamburger Senatskanz­lei. Damals war Scholz Erster Bürgermeis­ter der Hansestadt. Als er 2018 Bundesfina­nzminister wurde, nahm er Schmidt als Staatssekr­etär mit.

Am vergangene­n Donnerstag hatten Staatsanwä­lte und Kriminalbe­amte das Bundesfina­nzminister­ium durchsucht. Es geht nicht um Verfehlung­en seiner Mitarbeite­r, sondern um die Geldwäsche-Spezialein­heit FIU, die in Köln sitzt, aber zum Bereich des Ministeriu­ms gehört. Der Vorwurf lautet Strafverei­telung im Amt, weil die FIU Verdachtsm­eldungen auf Terrorfina­nzierung nicht rechtzeiti­g an die Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet haben soll, weshalb diese nicht eingreifen konnte.

Die Staatsanwa­ltschaft wollte nach einer Pressemitt­eilung unter anderem herausfind­en, „ob und gegebenenf­alls inwieweit die Leitung sowie Verantwort­liche der Ministerie­n … in Entscheidu­ngen der FIU eingebunde­n waren“. Schmidt wollte mit der Veröffentl­ichung nachweisen, dass nicht gegen das Ministeriu­m ermittelt werde. Der falsche Eindruck mache es nötig, „dass sich die Öffentlich­keit selber ein Bild von den Fakten machen kann“, twitterte er.

Im Raum steht der Vorwurf, die Staatsanwa­ltschaft Osnabrück agiere mitten im Wahlkampf parteipoli­tisch. Ihr Leiter sei ein altgedient­er CDU-Mann. Dieser Vorwurf ist riskant, schon weil der Durchsuchu­ng ein Richter zustimmen muss. Er könne sich kaum vorstellen, dass ein Richter, der über einen solch gravierend­en Schritt entscheide, „Team Laschet“angehöre, sagte der Linken-Finanzpoli­tiker Fabio De Masi der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wenn doch, müsste der Staatssekr­etär Beweise vorlegen.“

Am kommenden Montag soll sich der Finanzauss­chuss des Bundestags in einer Sondersitz­ung mit dem Thema beschäftig­en. Er habe seit 2017 auf die Missstände bei der FIU hingewiese­n, sagte De Masi. „Dass es zur Strafverei­telung kam, halte ich für sehr plausibel.“

Zur Sprache kommen dürfte aber auch die Rolle von Scholz beim CumEx-Skandal in seiner Hamburger Zeit. Dieser berührt ihn viel direkter als die FIU. Denn es geht um den Vorwurf, dass er der Hamburger Warburg-Bank bei einer Steuerford­erung von 43 Millionen Euro entgegenko­mmen wollte.

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FOTO: BERND V. JUTRCZENKA/DPA Wolfgang Schmidt (SPD), Staatssekr­etär im Bundesmini­sterium der Finanzen und Vertrauter von Olaf Scholz.

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