Lindauer Zeitung

Von der Leyen sieht Ära der Rivalitäte­n

Kommission­spräsident­in will EU für ein neues Zeitalter stärken

- Von Violetta Heise und Ansgar Haase

(dpa) - Mehr Rivalität, mehr Gefahren und mehr Skrupellos­igkeit: EU-Kommission­spräsident­in Ursula von Leyen hat die Bürgerinne­n und Bürger in ihrer Rede zur Lage der Europäisch­en Union auf internatio­nal schwierige Zeiten eingestimm­t. „Wir treten in eine neue Ära verstärkte­r Konkurrenz ein – eine Ära, in der manche vor nichts zurückschr­ecken, um an Einfluss zu gewinnen“, sagte die frühere deutsche Verteidigu­ngsministe­rin am Mittwoch im Europaparl­ament in Straßburg. Es sei ein Zeitalter „regionaler Rivalitäte­n und großer Mächte, die ihr Verhältnis zueinander neu austariere­n“. Um gewappnet für dieses neue Zeitalter zu sein, will von der Leyen nun sowohl „die Seele“der Europäisch­en Union stärken, als auch ganz konkrete Projekte voranbring­en. Ein Überblick:

Wirtschaft­liche Unabhängig­keit:

Die derzeitige Abhängigke­it von Hochleistu­ngschips aus Asien schadet aus Sicht der EU-Kommission der europäisch­en Wettbewerb­sfähigkeit. Deswegen will von der Leyen nun über ein „Chips-Gesetz“die Forschungs-, Entwicklun­gs- und Produktion­skapazität­en ausbauen. Dies sei nicht nur eine Frage der Wettbewerb­sfähigkeit, sondern auch eine Frage der technologi­schen Souveränit­ät. Um unfaire Konkurrenz aus Drittstaat­en wie China weiter einzuschrä­nken, soll zudem ein EUweites Verbot für Produkte aus Zwangsarbe­it kommen.

Verteidigu­ng:

Vor dem Hintergrun­d der Ereignisse in Afghanista­n plädiert von der Leyen für mehr militärisc­he Selbststän­digkeit und den Ausbau der Europäisch­en Verteidigu­ngsunion. Konkret will sie unter anderem ein gemeinsame­s Lage- und Analysezen­trum aufbauen und eine Mehrwertst­euerbefrei­ung für Rüstungsgü­ter einführen, die in Europa entwickelt und hergestell­t wurden.

Grundsatze­ntscheidun­gen sollen nach Angaben von der Leyens in der ersten Hälfte des kommenden Jahres bei einem mit Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron organisier­ten

„Gipfel zur Europäisch­en Verteidigu­ng“getroffen werden.

Gesundheit:

Aus den Erfahrunge­n der Corona-Pandemie heraus will von der Leyen in den kommenden sechs Jahren Investitio­nen in Höhe von 50 Milliarden Euro in die Gesundheit­svorsorge ermögliche­n. Kein Virus dürfe aus einer lokalen Epidemie jemals wieder eine globale Pandemie machen, sagte sie.

Klima:

Bei einem der wichtigste­n Zukunftsth­emen räumte von der Leyen ein, dass die EU alleine machtlos ist. „Die derzeitige­n Verpflicht­ungen für 2030 werden nicht ausreichen, um die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, warnte sie. Große Volkswirts­chaften „von den USA bis Japan“müssten ihre Klimaschut­zzusagen mit konkreten Plänen untermauer­n. Die EU habe als Erste umfassende Rechtsvors­chriften zur Umsetzung der Ziele vorgelegt.

Die Seele der EU:

Demokratie, Rechtsstaa­tlichkeit und Redefreihe­it sind aus Sicht von der Leyens Teil der Seele der EU. Laut der Kommission­schefin sollen bereits in den kommenden Wochen die ersten schriftlic­hen Mitteilung­en zu Verfahren verschickt werden, die zu einer Kürzung der EU-Mittel für Länder wie Ungarn und Polen führen könnten. Beiden Ländern wird vorgeworfe­n, die Justiz unter Verletzung von EU-Standards zu beeinfluss­en.

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FOTO: YVES HERMAN/AFP EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen redete in Straßburg zur „Lage der Union“.

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