Forscher trainieren Kühen Toilettengang an
Erfolgreiches Experiment dient dem Klima- und Umweltschutz
(AFP/dpa) - Im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Verringerung von Treibhausgasemissionen haben Wissenschaftler Kühen beigebracht, in einem dafür vorgesehenen Bereich zu urinieren. Die Möglichkeit, den Urin aufzufangen, könnte die Umweltbelastung durch Rinderhaltung erheblich reduzieren, erklärte ein Team neuseeländischer und deutscher Wissenschaftler in einem Artikel in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Current Biology“.
Die Wissenschaftler trainierten demnach 16 Kälber mit Hilfe von Futterbelohnungen darauf, in einen Latrinenstall zu urinieren. Die Ergebnisse seien vergleichbar mit dem, was von einem dreijährigen Kind zu erwarten sei, erklärten die Forscher.
Der Bauernhof, auf dem das Training stattfand, wird vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Deutschland betrieben. Wenn die
Kälber an der falschen Stelle urinierten, ließen die Wissenschaftler die Halsbänder der Tiere vibrieren, hieß es weiter. Wenn sie dann aber tatsächlich in den Latrinenstall urinierten, wurden sie mit Futter belohnt. Der Stall unterschied sich von den anderen auch durch seine leuchtend grüne Farbe. In kürzester Zeit habe sich gezeigt, dass die Kälber den Zusammenhang zwischen dem gewünschten Verhalten und der Belohnung verstanden hätten. Am Ende des 15-tägigen Trainings hätten drei Viertel der Tiere drei Viertel ihres Urins auf der Toilette abgesetzt.
Die Idee, Kühe zu trainieren, um ihren Urin aufzufangen, sei ursprünglich durch einen Witz entstanden, sagt der Tierverhaltensforscher Lindsay Matthews. „Die Reaktion der Leute ist natürlich ,verrückte Wissenschaftler‘“, aber das mache durchaus Sinn.
Denn die Urinausscheidungen von Kühen sind in zweierlei Hinsicht problematisch: Sie setzen das Treibhausgas Distickstoffmonoxid, allgemein bekannt als Lachgas, frei, und sie enthalten große Mengen Nitrat, das sich im Boden und in Gewässern ablagert. „Wenn wir zehn oder 20 Prozent der Urinausscheidungen auffangen, könnten wir den Ausstoß von Treibhausgasen und die Nitratauswaschung erheblich reduzieren“, sagt Douglas Elliffe von der
Tierverhaltensforscher
Lindsay Matthews
Universität Auckland. Der aufgefangene Urin soll danach behandelt werden.
Elliffe zufolge zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Toilettentraining von Kühen grundsätzlich möglich ist. Die Herausforderung bestehe nun darin, das Konzept zu erweitern, um große Herden zu trainieren und es an Umgebungen wie Neuseeland anzupassen, wo die Tiere die meiste Zeit im Freien und nicht im Stall verbringen.
In Neuseeland verursacht die Landwirtschaft etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen, hauptsächlich in Form von Methan und Lachgas. Seit Jahren wird deshalb intensiv nach möglichen Lösungen geforscht. Andere Projekte sind die Zucht von Nutztieren mit geringem Methanausstoß, die Verwendung alternativer Futtermittel oder gar Impfungen von Tieren, damit sie weniger schädliche Gase produzieren.
„Die Reaktion der Leute ist natürlich
,verrückte Wissenschaftler‘.“