Lindauer Zeitung

Das Schuljahr hat begonnen, doch viele Fragen bleiben zum Thema Luftfilter

Eine Gemeinde beschränkt sich beim Lüften von Klassenzim­mern auf den ganz klassische­n Weg

- Von Helmut Kustermann

HEIMENKIRC­H - Der Heimenkirc­her Bürgermeis­ter Markus Reichart spricht von einer „total illusorisc­hen Vorgabe“: Ende Juni habe Ministerpr­äsident Markus Söder das Ziel ausgegeben, dass zum neuen Schuljahr alle Klassenzim­mer und Räume von Kindertage­sstätten mit Luftfilter­n ausgestatt­et sein sollen, erinnert sich der Vorsitzend­e des schwäbisch­en Gemeindeta­gs: „Die Kommunen wurden mit nicht erfüllbare­n Erwartunge­n alleine gelassen.“Inzwischen ist klar, dass zum Schuljahre­sbeginn in vielen Klassenzim­mern in Bayern immer noch keine Luftfilter­anlagen stehen.

Im Zusammenha­ng mit den Geräten „gibt es noch viele offene Fragen“, sagt der Unterallgä­uer Landrat Alex Eder (Freie Wähler). Das Ziel ist klar: Im neuen Schuljahr soll Digitalunt­erricht der Vergangenh­eit angehören. Die Luftfilter sollen ihren Beitrag dazu leisten, dass die Infektions­raten möglichst gering bleiben. Es entwickelt­e sich ein „wahnsinnig emotionale­s Thema“, sagt Eder. Und Grünen-Politiker Reichart hat festgestel­lt, „dass es sowohl bei Schülern und Eltern als auch bei Lehrkräfte­n und Gemeinderä­ten unterschie­dliche Meinungen gibt“.

Zum Schuljahre­sbeginn werden wohl nur etwa ein Drittel der bayerische­n Klassenzim­mer mit Luftfilter­n ausgestatt­et sein.

Man wisse noch nicht, was die Geräte konkret bringen, sagt Eder: „Man muss ja weiterhin Masken tragen und lüften.“Sein Lindauer Kollege Elmar Stegmann (CSU) hat für sich eine Antwort gefunden. Er sagte gegenüber dieser Zeitung, dass er sogenannte dezentrale Belüftungs­anlagen bevorzuge. Der große Vorteil gegenüber den Filtern sei, dass „Luft nicht nur im Zimmer umgewälzt wird, sondern ein Austausch mit der Außenluft stattfinde­t“. An den kreiseigen­en Schulen in Lindau werde das Gros der Klassenzim­mer mit diesen Anlagen ausgestatt­et, sagt Stegmann. Ein solches Gerät könne beispielsw­eise an der Zimmerdeck­e montiert werden.

Eder stellt auch die Frage, wie sich mit Luftfilter ausgestatt­ete Klassenzim­mer auf die Corona-Vorschrift­en auswirken: Besteht dann die Chance, dass Einschränk­ungen schneller wegfallen? Und Reichart fehlt eine „fachlich fundierte Festlegung durch den Freistaat, welche Geräte gut sind und welche nicht“. Das Unterallgä­u hatte ein Fachbüro beauftragt, die Situation an den Landkreiss­chulen zu untersuche­n. „Wir sind technisch bereits sehr, sehr gut ausgestatt­et“, sagt Eder. Alle weiterführ­enden Schulen habe man in den vergangene­n Jahren generalsan­iert: „Da gibt es die unterschie­dlichsten Lüftungsmö­glichkeite­n.“Ein Gutachter empfehle fürs Unterallgä­u den Kauf von etwa 25 Luftfilter­n, sagt Eder: „Das sind Kosten in Höhe von 100 000 Euro. Vom Freistaat komme ein 50-prozentige­r Zuschuss, sagt Eder, „maximal aber 1750 Euro pro Klassenzim­mer“.

Andere Kommunen müssen viel tiefer in die Tasche greifen. Das Beispiel Kaufbeuren: Laut Finanzrefe­rent Markus Pferner werden 450 Luftfilter-Geräte für Schulen und Kitas angeschaff­t. Kosten: 1,8 Millionen Euro. Zu Beginn des neuen Schuljahre­s am Dienstag konnten die Filter ihren Dienst aber noch nicht verrichten. Laut Ausschreib­ung sollen sie spätestens bis zum Ende der Herbstferi­en aufgestell­t sein, sagt Pferner: „Es sieht aber so aus, dass es früher klappt.“Die Förderrich­tlinien des Freistaats hatte die Stadt erst Mitte Juli bekommen. Wenige Tage später habe Kaufbeuren dann den Kauf der Geräte beschlosse­n. Die Stadt musste eine EU-weite Ausschreib­ung starten. Wenn die Verantwort­ung für den Kauf schon auf die Kommunen übertragen werde, sollte man wenigstens die Voraussetz­ungen für die Ausschreib­ung vereinfach­en, sagt Reichart.

Das Westallgäu­er Heimenkirc­h, wo er Rathausche­f ist, entschied sich für einen anderen Weg: „Wir haben für die Grundschul­e keine Luftfilter angeschaff­t. Bei uns gibt es nur Klassenzim­mer mit Fenstern, da sind wir mit dem Öffnen der Fenster zum Lüften gut gefahren. Das geht jetzt so weiter.“

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Seit Monaten wird über Luftfilter diskutiert, jetzt ist klar: Zum Schuljahre­sbeginn werden diese Geräte noch in vielen Schulen fehlen.
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FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Schüler sitzen im Klassenzim­mer. Dort kann es im Winter durch die Lüftungsvo­rgaben wieder kühl werden.

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