Das Schuljahr hat begonnen, doch viele Fragen bleiben zum Thema Luftfilter
Eine Gemeinde beschränkt sich beim Lüften von Klassenzimmern auf den ganz klassischen Weg
HEIMENKIRCH - Der Heimenkircher Bürgermeister Markus Reichart spricht von einer „total illusorischen Vorgabe“: Ende Juni habe Ministerpräsident Markus Söder das Ziel ausgegeben, dass zum neuen Schuljahr alle Klassenzimmer und Räume von Kindertagesstätten mit Luftfiltern ausgestattet sein sollen, erinnert sich der Vorsitzende des schwäbischen Gemeindetags: „Die Kommunen wurden mit nicht erfüllbaren Erwartungen alleine gelassen.“Inzwischen ist klar, dass zum Schuljahresbeginn in vielen Klassenzimmern in Bayern immer noch keine Luftfilteranlagen stehen.
Im Zusammenhang mit den Geräten „gibt es noch viele offene Fragen“, sagt der Unterallgäuer Landrat Alex Eder (Freie Wähler). Das Ziel ist klar: Im neuen Schuljahr soll Digitalunterricht der Vergangenheit angehören. Die Luftfilter sollen ihren Beitrag dazu leisten, dass die Infektionsraten möglichst gering bleiben. Es entwickelte sich ein „wahnsinnig emotionales Thema“, sagt Eder. Und Grünen-Politiker Reichart hat festgestellt, „dass es sowohl bei Schülern und Eltern als auch bei Lehrkräften und Gemeinderäten unterschiedliche Meinungen gibt“.
Zum Schuljahresbeginn werden wohl nur etwa ein Drittel der bayerischen Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet sein.
Man wisse noch nicht, was die Geräte konkret bringen, sagt Eder: „Man muss ja weiterhin Masken tragen und lüften.“Sein Lindauer Kollege Elmar Stegmann (CSU) hat für sich eine Antwort gefunden. Er sagte gegenüber dieser Zeitung, dass er sogenannte dezentrale Belüftungsanlagen bevorzuge. Der große Vorteil gegenüber den Filtern sei, dass „Luft nicht nur im Zimmer umgewälzt wird, sondern ein Austausch mit der Außenluft stattfindet“. An den kreiseigenen Schulen in Lindau werde das Gros der Klassenzimmer mit diesen Anlagen ausgestattet, sagt Stegmann. Ein solches Gerät könne beispielsweise an der Zimmerdecke montiert werden.
Eder stellt auch die Frage, wie sich mit Luftfilter ausgestattete Klassenzimmer auf die Corona-Vorschriften auswirken: Besteht dann die Chance, dass Einschränkungen schneller wegfallen? Und Reichart fehlt eine „fachlich fundierte Festlegung durch den Freistaat, welche Geräte gut sind und welche nicht“. Das Unterallgäu hatte ein Fachbüro beauftragt, die Situation an den Landkreisschulen zu untersuchen. „Wir sind technisch bereits sehr, sehr gut ausgestattet“, sagt Eder. Alle weiterführenden Schulen habe man in den vergangenen Jahren generalsaniert: „Da gibt es die unterschiedlichsten Lüftungsmöglichkeiten.“Ein Gutachter empfehle fürs Unterallgäu den Kauf von etwa 25 Luftfiltern, sagt Eder: „Das sind Kosten in Höhe von 100 000 Euro. Vom Freistaat komme ein 50-prozentiger Zuschuss, sagt Eder, „maximal aber 1750 Euro pro Klassenzimmer“.
Andere Kommunen müssen viel tiefer in die Tasche greifen. Das Beispiel Kaufbeuren: Laut Finanzreferent Markus Pferner werden 450 Luftfilter-Geräte für Schulen und Kitas angeschafft. Kosten: 1,8 Millionen Euro. Zu Beginn des neuen Schuljahres am Dienstag konnten die Filter ihren Dienst aber noch nicht verrichten. Laut Ausschreibung sollen sie spätestens bis zum Ende der Herbstferien aufgestellt sein, sagt Pferner: „Es sieht aber so aus, dass es früher klappt.“Die Förderrichtlinien des Freistaats hatte die Stadt erst Mitte Juli bekommen. Wenige Tage später habe Kaufbeuren dann den Kauf der Geräte beschlossen. Die Stadt musste eine EU-weite Ausschreibung starten. Wenn die Verantwortung für den Kauf schon auf die Kommunen übertragen werde, sollte man wenigstens die Voraussetzungen für die Ausschreibung vereinfachen, sagt Reichart.
Das Westallgäuer Heimenkirch, wo er Rathauschef ist, entschied sich für einen anderen Weg: „Wir haben für die Grundschule keine Luftfilter angeschafft. Bei uns gibt es nur Klassenzimmer mit Fenstern, da sind wir mit dem Öffnen der Fenster zum Lüften gut gefahren. Das geht jetzt so weiter.“