Tausende sind schon E-Scooter gefahren
Zwischenfazit nach einem Monat: So kommen die neuen Roller in Friedrichshafen an
- Irgendwie gehören sie fast schon zum Stadtbild, die türkis-schwarzen Roller, die in Friedrichshafen seit einigen Wochen an fast jeder Ecke stehen. Seit dem 12. August gibt es rund 200 Scooter des Anbieters Tier in der Stadt an verschiedenen Stellen zum Ausleihen. Für die Einen sind sie ein willkommenes Angebot zur alternativen Fortbewegung, für die Anderen ein Ärgernis, das für vollgestellte Gehwege und Kollisionsgefahr sorgt. Rund einen Monat nach Einführung der TierScooter zieht die „Schwäbische Zeitung“eine erste Zwischenbilanz und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie genau funktioniert das Ausleihen und Fahren?
Wer die Roller nutzen will, muss 18 Jahre alt sein und ein Smartphone besitzen. Denn Ausleihen kann man die E-Scooter nur über die Tier-App. Ist das Programm auf dem Handy, füllen die Fahrerin oder der Fahrer einige Daten aus und wählen eine Bezahlart – entweder Kreditkarte oder den Online-Bezahldienst Paypal – aus. Jede Minute Fahrt kostet 25 Cent, die Aktivierung des Rollers kostet 1 Euro.
Über die App findet der Nutzer zudem Scooter in der Nähe, sie werden per GPS geortet und auf einer Karte angezeigt. Auch der AkkuStand der einzelnen Fahrzeuge ist dort hinterlegt. Hat man den Roller seiner Wahl gefunden, muss nur noch auf „Fahrt beginnen“geklickt und der QR-Code auf dem Lenker gescannt werden – dann kann’s losgehen. Per Druck auf den Hebel am Lenker gibt der Rollerfahrer Gas – die Höchstgeschwindigkeit beträgt etwa 20 Kilometer pro Stunde.
Wo darf man die Scooter abstellen?
Ist die Fahrt beendet, muss das Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt werden. Die in der Smartphone-App hinterlegte Karte zeigt nicht nur einzelne Roller an, sondern auch die Zonen, in denen die Zweiräder wieder abgestellt werden dürfen. Rot markiert sind Bereiche, in denen das Abstellen untersagt ist.
Außerdem gibt es in Friedrichshafen eine lokale Besonderheit, die Anbieter wie Tier nicht in jeder Stadt umsetzen: Teil der Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Friedrichshafen sind die Parkzonen, die extra für die E-Scooter ausgewiesen wurden. Die Stationen sind ebenfalls in der Tier-App verzeichnet.
Wer nutzt das Angebot?
Das E-Scooter-Angebot richtet sich eher an eine jüngere Zielgruppe. Allerdings dürfen die Roller zum Ausleihen nur Personen über 18 Jahren fahren. „Die E-Scooter werden sehr rege genutzt“, sagt eine Sprecherin der Stadt Friedrichshafen auf Nachfrage. So seien bereits rund 7000 Fahrten verzeichnet. „An den Wochenenden gibt es einige Neukunden, unter der Woche sind aktuell knapp die Hälfte ,Bestandskunden’“, erklärt sie.
Was passiert mit „Falschparkern“?
Ein oft geäußertes Ärgernis ist das falsche Abstellen der Roller. In den sozialen Medien und auf dem OnlinePortal „Sag’s doch“beschweren sich Häflerinnen und Häfler darüber und auch die „Schwäbische Zeitung“erreichten schon einige Zuschriften zu diesem Thema.
Bei der Polizei macht man ähnliche Erfahrungen: Oft würden Nutzer die Scooter auf Gehwegen und Radwegen parken, erklärt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg. Laut Stadtverwaltung hat sich die Situation über die Zeit aber verbessert:
„In der ersten Woche kamen vermehrt Beschwerden. Aktuell gibt es nur vereinzelt Beschwerden und Kritik und das Feedback generell ist sehr ausgeglichen“, sagt die Sprecherin.
Ähnlich äußert sich der Anbieter Tier: „Uns erreichen nur sehr selten Beschwerden über falsch abgestellte Roller in Friedrichshafen, wir gehen diesen aber immer sofort nach. Grundsätzlich gehen die Nutzerinnen und Nutzer in Friedrichshafen sorgfältig mit den E-Scootern um und parken diese ordnungsgemäß“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. „Wenn wir aber informiert werden, dass E-Scooter behindernd abgestellt wurden, sorgt unser Team vor Ort dafür, dass das Fahrzeug zeitnah umgeparkt wird.“
Welche Probleme treten auf ?
Die Polizei beobachtet noch weitere Probleme durch Elektroroller: „Auch auf das Befahren von nicht zulässigen Verkehrsflächen, wie zum Beispiel der Uferpromenade, oder auf das Fahren zu zweit wurde die Polizei schon aufmerksam“, sagt der Sprecher. Allerdings wurden laut Stadt diesbezüglich noch keine Bußgelder verhängt. „Unserem Rechtsamt liegen darüber hinaus nur sehr wenige Anzeigen wegen falsch abgestellter Scooter vor. Wir sind regelmäßig im Austausch mit den beteiligten Ordnungsbehörden“, heißt es von der Stadtverwaltung.
Laut Polizei außerdem noch nicht bei allen Scooterfahrern präsent ist das Thema Alkohol: „Da es sich bei den Elektro-Kleinstfahrzeugen um Kraftfahrzeuge handelt, gelten die Promille-Grenzwerte wie zum Beispiel bei einem Pkw: Für Fahranfänger gilt die 0,0-, ansonsten die 0,5Promille-Grenze“, erklärt der Sprecher der Polizei. Bei Ausfallerscheinungen, der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder einem Unfall könnten zudem schon 0,3-Promille zu viel sein. Es drohten dann strafrechtliche Konsequenzen und gegebenenfalls auch der Führerscheinentzug.
Wie die Stadtverwaltung erklärt, würde es zusammen mit der Firma Tier und der Polizeiprävention Verkehr immer wieder Informationsstände geben, um über die richtige Nutzung der Roller zu informieren. „Abschließend appellieren wir an den gesunden Menschenverstand der Nutzer, welcher bei der Nutzung auch anderer Verkehrsmitteln wichtig ist“, sagt die Sprecherin.
Wie zufrieden sind Stadt und Anbieter?
Die Stadt will mit den E-Scootern das bestehende Mobilitätsangebot ergänzen – und ist bislang zufrieden. Während die Roller rege genutzt würden, gingen Beschwerden nur noch sehr vereinzelt ein. Auch die gefühlte Anzahl der nicht ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeuge sei rückläufig. Bei Tier freut man sich ebenfalls über die mehrere Tausend Fahrten seit dem Start des Angebots. „Von Anfang an ist das Interesse und die Nachfrage für klimaneutrale Mikromobilität in Friedrichshafen sehr groß“, so der Sprecher des Unternehmens.
Wie geht es nach der Testphase weiter?
Tier und die Stadt Friedrichshafen testen zunächst drei Monate lang, wie das Angebot ankommt. Danach werden die Scooter wieder eingesammelt. Wie es dann weitergeht, ist noch offen. Das Unternehmen hoffe, dass sich die Roller als „Teil des Friedrichshafener Mobilitätsmixes“dauerhaft etablieren können, erklärt der Sprecher. „Für eine erste Bilanz ist es allerdings noch etwas zu früh und ein Termin für die Evaluation des Testzeitraums steht noch nicht fest.“