Lindauer Zeitung

Die Frage nach der Fallpausch­ale

Wahl-O-Mat fragt nach der künftigen Abrechnung von Klinikbeha­ndlungen – Die Politik muss eine Antwort finden

- Von Guido Bohsem

- Die Frage 27 bereitet vielen Nutzern des Wahl-O-Mats besonderes Kopfzerbre­chen: Dort wird gefragt, ob Krankenhau­sbehandlun­gen weiterhin über eine Fallpausch­ale abgerechne­t werden sollen. In der Öffentlich­keit sind diese Pauschalen weitgehend unbekannt – auch wenn sie spürbare Auswirkung­en darauf haben, wie man als Patient behandelt wird.

Seit 2003 kann ein Krankenhau­s nicht mehr bei den Kassen abrechnen, wie lange ein Patient tatsächlic­h auf Station liegt. Sondern pro Erkrankung gibt es eine Pauschale. Was bedeutet: dieselbe Krankheit, dasselbe Geld. Egal, wo der Eingriff erfolgt, egal, wie das Haus ausgestatt­et ist. Für eine Hüftoperat­ion bekommt die Klinik weniger Geld als für eine Nierentran­splantatio­n. In der Konsequenz heißt das: Wer einen Patienten möglichst schnell entlässt, macht Gewinn. Wer viele komplizier­te Behandlung­en mit besonders lukrativen Pauschalen durchführt, macht noch mehr Gewinn.

Mit den Pauschalen sollte ausschließ­lich die Behandlung finanziert werden, nichts anders. Sollte. Doch weil die Bundesländ­er seit Jahren schon ihrer Verpflicht­ung nicht nachkommen, die Investitio­nen der

Kliniken zu bezahlen, fehlen diesen Milliarden von Euro. Sie knapsten das Geld von den Pauschalen ab und eine Folge davon war, dass am Pflegepers­onal gespart wurde. Letzteres ist mittlerwei­le von der GroKo korrigiert worden. Die Länder zahlen immer noch nicht, doch sind den Einsparung­en am Pflegepers­onal jetzt Grenzen gesetzt.

Soll es bei dieser Korrektur bleiben oder muss mehr geschehen? Für die Grünen sollen Kliniken „nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellscha­ftlichen Auftrag finanziert werden“. Dafür brauche es ein neues System. Die SPD kündigt im Wahlprogra­mm an, man werde die Fallpausch­alen auf den Prüfstand stellen „und wo nötig abschaffen“. Ein Beispiel wird genannt: Die Kinderklin­iken, die sich außerhalb der Ballungsrä­ume nicht rechneten und deshalb geschlosse­n würden, müssten anders finanziert werden.

Auch die AfD macht die Pauschalen, die ein Zuteilungs- und Sparsystem mit der „Heckensche­re“seien, für ein Klinikster­ben insbesonde­re im ländlichen Raum verantwort­lich. Die Linke fordert ebenfalls die Abschaffun­g der Fallpausch­alen, denn sie schafften falsche Anreize: „Diagnosen, die sich lohnen, werden öfter gestellt.“

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