Viele Hindernisse für die Feuerwehr
Nicht nur Falschparker verhindern auf der Insel eine zügige Fahrt der Drehleiter
- Es ist eng auf der Insel. Vor allem für die Freiwillige Feuerwehr Lindau, die im Ernstfall fast jedes Haus in der Altstadt mit der Drehleiter erreichen müsste. Probleme machen den Einsatzkräften vor allem Falschparker, aber nicht nur die stehen in den Feuerwehrzufahrten.
Mehrmals im Jahr macht die Feuerwehr eine Rundfahrt über die Insel, um zu prüfen, ob sie überall gut durchkommt. Die Lindauer Zeitung begleitet Walter Stempfle, Andreas Dahlhaus und Kommandant Max Witzigmann, als sie sich mit der Drehleiter auf den Weg durch die Altstadt machen. Zumindest wollen sie das. Denn sie kommen zuerst gar nicht in die Fußgängerzone.
Als sie von der Zwanzigerstraße auf den Paradiesplatz abbiegen wollen, um von unten in die Grub zu fahren, blockiert der Lastwagen einer Entsorgungsfirma die Einfahrt. Der Fahrer ist nicht in Sicht. Eine Minute vergeht, zwei Minuten vergehen. Dann hupt der Feuerwehrmann ein paar Mal. Aber es rührt sich immer noch nichts. Ein Anruf bei der Entsorgungsfirma: „Uns wurde versichert, dass sie den Lastwagenfahrer kontaktieren“, sagt Max Witzigmann. Aber er sagt auch: „Wären wir im Einsatz, wäre der Zeitverlust jetzt schon zu groß.“
Dann müsste die Drehleiter rangieren, zurück auf die Zwanzigerstraße und über den Alten Schulplatz in die Grub fahren. „Das ist aber nicht so einfach“, sagt er. Der Kurvenradius sei dort für die Drehleiter nicht optimal. Sie komme zwar durch, müsse aber ein paar Mal hin und her fahren, bis sie es um die Kurve schaffe. „Dadurch verlieren wir Zeit in einer Situation, in der Sekunden über Leben und Tod entscheiden können“, sagt Witzigmann.
Gerade als die Feuerwehr den Rückwärtsgang einlegen will, nähern sich zwei Männer, die einen Container schieben. Einer der beiden ist der Fahrer des Lastwagens. Zuerst fällt ihm gar nicht auf, dass die Feuerwehr ungeduldig hinter seinem Fahrzeug steht. Schier endlose Minuten vergehen, bis er mit seinem Lastwagen den Weg frei macht. „Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, dass sie in einer Feuerwehrzufahrt stehen“, sagt der Kommandant.
Immerhin, jetzt muss die Feuerwehr doch nicht rangieren. In einem Zug kommt Andreas Dahlhaus um die Kurve – haarscharf. In der Grub kommt er mit der Drehleiter zunächst gut voran. Ein Auto muss wegfahren, ein Kellner rückt schnell die Tische seines Lokals näher ans Haus. Max Witzigmann zeigt nach oben. „Die Häuser sind hoch hier“, sagt er. „Mit der Steckleiter kommen wir nur bis zum zweiten Stockwerk. Deshalb brauchen wir für den zweiten Rettungsweg eigentlich in der ganzen Altstadt die Drehleiter.“Außerdem werde oft unterschätzt, wie viel Platz solch ein Fahrzeug braucht. Denn es hat noch seitliche Stützen zum Ausfahren, damit es stabil steht.
Auch bei der Zufahrt in die Maximilianstraße hat Andreas Dahlhaus nicht viel Platz für das große Fahrzeug. Es reicht gerade so. An der Einfahrt ist die Lindauer Einkaufsstraße noch recht breit, doch gerade vormittags sind dort jede Menge Transporter und Laster unterwegs. Der Fahrer eines Geldtransporters hat die Ruhe
Kommandant Max Witzigmann weg. Er hält auf der Maximilianstraße, neben ihm bleibt ein Streifen frei, der knapp eineinhalb Meter breit ist. Für die Feuerwehr, die auf eine Breite von drei Metern angewiesen ist, heißt es wieder warten. Das Drehleiterfahrzeug stört den Fahrer nicht. Fußgänger und Radfahrer schlängeln sich an den Fahrzeugen vorbei, bis der gelbe Transporter startet. Noch zwei Engstellen muss Andreas Dahlhaus mit der Drehleiter passieren: In der Cramergasse und am Bauzaun des Cavazzen ist von dem Feuerwehrmann Millimeterarbeit gefragt.
In der Ludwigstraße, in der es auch schnell zu eng wird, wenn Händler ihre Auslagen vor ihre Läden stellen, läuft es an diesem Vormittag problemlos. Nur ein Händler holt seinen Aufsteller noch geschwind rein, als er die Feuerwehr sieht. „So reibungslos wie heute läuft es in der Ludwigstraße nicht immer. Hier haben wir auch schon ganz andere Sachen erlebt“, sagt Witzigmann. Egal ob in der Grub, in der Maximilianoder der Ludwigstraße: Hindernisse gibt es überall. Für die Feuerwehr spielt es keine Rolle, ob ihr Falschparker im Weg stehen, Sonnenschirme, Tische und Stühle, Aufsteller oder Auslagen von Händlern. Die Retter wollen nur eins: möglichst schnell zum Einsatzort.
„Dadurch verlieren wir Zeit in einer Situation, in der Sekunden über
Leben und Tod entscheiden können.“