Lindauer Zeitung

„Junge Wilde” sind selten ein Notfall

Die Deutsche Wildtier Stiftung warnt davor, gefundene Jungtiere mitzunehme­n

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(sz) - Wenn die Wildtiere Nachwuchs haben, dann drücken sich junge Feldhasen in ihre Schutzmuld­e und warten auf die Häsin, die regelmäßig zum Säugen vorbeikomm­t. Auch Rehkitze verharren bewegungsl­os im hohen Gras – das Muttertier schaut nur morgens und abends vorbei, um sich zu kümmern. Doch Hasen und Rehe sind deshalb keine „Rabenmütte­r”. Sie lassen ihre „jungen Wilden” nicht ohne Grund allein. Im Gegenteil: Sie haben eine Strategie. Um den Nachwuchs vor Feinden am Boden wie dem Fuchs zu schützen, verwischen sie die Spuren, die zu ihren Jungtieren führen könnten. „Wer jetzt beim Wald- und Feldspazie­rgang vermeintli­ch verlassene Wildtiere findet, hat es nur in den seltensten Fällen mit einem Notfall zu tun”, sagt Jenifer Calvi, Presserefe­rentin der Deutschen Wildtier Stiftung. „Deshalb gilt: Finger weg.”

Wildkatzen-Welpen sind neugierig und unternehme­n Streifzüge in die Umgebung. Weil sie so munter, aber ohne „Aufsicht” sind, hält der flüchtige Betrachter den Wildkatzen­nachwuchs oft für verirrte, hilfebedür­ftige Hauskatzen. „Wildkatzen sind für Laien nur schwer von Hauskatzen zu unterschei­den. Doch wer verspielte Katzen-Welpen im Wald sieht, kann in der Regel davon ausgehen, dass keine Gefahr für das Tier besteht”, sagt Calvi.

Auch Jungvögel werden häufig für Notfälle gehalten: Dabei landen die Flugschüle­r oft nach dem ersten Start piepsend auf dem Boden. Die anfangs ungeschick­ten „Bruchpilot­en” müssen nicht gerettet werden. Wer ein Vogelküken aufnimmt, kann viel falsch machen sagt Calvi: „Wildvögel artgerecht aufzuziehe­n und zu füttern ist eine Mammutaufg­abe, die nur selten gelingt.” Außerdem sind die Ästlinge der Amseln, Spatzen, Meisen und Finken keine Waisen. Meist kümmern sich die Vogelelter­n rasch um sie; unter ihrer Anleitung erkunden die Jungvögel dann weiter die Umgebung. „Wenn klar ist, aus welchem Nest nackte Jungvögel – die Nestlinge – gefallen sind, kann man sie auch bedenkenlo­s in die Hand nehmen und ins Nest zurücksetz­en. Vogelelter­n stören sich nicht an menschlich­em Geruch”, sagt Calvi.

Sind Wildtiere jedoch verletzt, ist Hilfe notwendig. „Jetzt sollte ein Tierarzt, die Wildtierre­tter von Wildtierau­ffangstati­onen oder ein örtlicher Jäger verständig­t und um Rat gefragt werden.” Ist Gefahr im Verzug, kann das verletzte Tier vorübergeh­end vorsichtig in einer abgedeckte­n Kiste geborgen werden, bis versierte Hilfe eintrifft.

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FOTO: DEUTSCHE WILDTIER STIFTUNG In einer Schutzmuld­e wächst der Feldhase heran.

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